Die Sexpol-Bewegung war ein Teil der antiautoritären Bewegung, die Wilhelm Reich[wp] in den 1930iger Jahren für die Arbeiterjugend ins Leben gerufen hatte. Diese war ein kommunistisches Anliegen zur Befreiung der Jugend von den Zwängen der repressiven Sexualmoral[wp] jener Zeit, die ganz offen als Mittel der Disziplinierung zur strebsamen Anpassung an Ausbeutungsverhältnisse eingesetzt wurde. Diese Moral wirkte in der Nachkriegszeit immer noch auch in den bürgerlichen Schichten fort. Die Studentenbewegung griff daher Wilhelm Reichs Texte als emanzipatorische Theorie auf, besonders jenen des Titels "Funktion des Orgasmus".
Reichs wissenschaftliche Grundlagen, die er in der Auseinandersetzung mit Freud[wp] entwickelt hatte, sind äußerst dürftig, dafür aber um so anschaulicher. Sie bauen auf einem naturwissenschaftlich radikalisierten Triebmodell, das ihn zu der Behauptung brachte, den Stoff, aus dem Orgasmus ist, gefunden zu haben: das Orgon. Da Liebe hierdurch auf einen Naturstoff des Lebens reduziert war, der auf der anderen Seite einzig Arbeit zur Gewinnung von Lebensmittel nötig hatte, war ihm die Beziehung von Sexualität und Arbeit die wesentlich menschliche Beziehung, und alle andere Wirklichkeit Formen ihrer Beherrschung. Gesellschaft war jenseits dieser Beziehung nicht nur Sublimierung, sondern auch Beherrschung des natürlichen Menschen. Das Heidelberger "Sozialistische Patientenkollektiv" entwickelte hieraus seinen Krankheitsbegriff: Psychische Krankheit sei eine Einheit von Protest gegen die Gesellschaft und Hemmung des Protestes in einem.