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80 StGB

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Hauptseite » Recht » Strafgesetzbuch » 80 StGB

Der Paragraph 80 StGB - ab September 1969 mit der Überschrift Vorbereitung eines Angriffs­krieges versehen - wollte sowohl die Vorbereitung als auch das Führen eines Angriffskriegs unter Strafe stellen.

Wortlaut

80 StGB 80 StGB - Vorbereitung eines Angriffskrieges
Fassung von 1. Januar 1872 2. Mai 1934 20. September 1945 4. Februar 1946 1. September 1951 1. August 1968 1. September 1969 1. Januar 1975 1. Januar 2017
Der Mord und der Versuch des Mordes, welche an dem Kaiser, an dem eigenen Landes­herrn, oder während des Auf­enthalts in einem Bundes­staate an dem Landes­herrn dieses Staats verübt worden sind, werden als Hochverrath mit dem Tode bestraft.[1] (1) Wer es unternimmt, mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt das Reichs­gebiet ganz oder teilweise einem fremden Staat ein­zu­verleiben oder ein zum Reiche gehöriges Gebiet vom Reiche los­zu­reißen, wird mit dem Tode bestraft. Der Mord und der Versuch des Mordes, welche an dem Kaiser, an dem eigenen Landes­herrn, oder während des Auf­enthalts in einem Bundes­staate an dem Landes­herrn dieses Staats verübt worden sind, werden als Hochverrath mit dem Tode bestraft. (weggefallen) (1) Wer es unternimmt, mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt
  1. die auf dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland oder der Verfassung eines ihrer Länder beruhende verfassungs­mäßige Ordnung zu ändern,
  2. das Bundesgebiet einem fremden Staate einzuverleiben oder einen Teil des Bundes­gebietes loszureißen,
  3. das Gebiet eines Landes ganz oder teilweise einem anderen Lande der Bundes­republik einzuverleiben oder einen Teil eines Landes von diesem loszureißen,

wird wegen Hochverrats,

  • wenn sich das Unternehmen gegen die verfassungs­mäßige Ordnung oder gegen das Bundesgebiet (Nr. 1, 2) richtet, mit lebens­langem Zuchthaus oder mit Zuchthaus nicht unter zehn Jahren,
  • wenn sich das Unternehmen gegen das Gebiet eines Landes (Nr. 3) richtet, mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren

bestraft.

Wer einen Angriffskrieg (Artikel 26 Abs. 1 des Grundgesetzes) beteiligt sein soll, vorbereitet und dadurch die Gefahr eines Krieges für die Bundes­republik Deutschland herbeiführt, wird mit lebens­langem Zuchthaus oder mit Zuchthaus nicht unter zehn Jahren bestraft. Wer einen Angriffskrieg (Artikel 26 Abs. 1 des Grundgesetzes), an dem die Bundes­republik Deutschland, an dem die Bundes­republik Deutschland beteiligt sein soll, vorbereitet und dadurch die Gefahr eines Krieges für die Bundes­republik Deutschland herbeiführt, wird mit lebens­langer Freiheitsstrafe oder mit Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren bestraft. Wer einen Angriffskrieg (Artikel 26 Abs. 1 des Grundgesetzes), an dem die Bundes­republik Deutschland beteiligt sein soll, vorbereitet und dadurch die Gefahr eines Krieges für die Bundes­republik Deutschland herbeiführt, wird mit lebens­langer Freiheitsstrafe oder mit Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren bestraft. (weggefallen) [2]
(2) Ebenso wird bestraft, wer es unternimmt, mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt die Verfassung des Reichs zu ändern. (2) Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann bei Taten nach Absatz 1 Nr. 1 oder 2 auf Zuchthaus, bei Taten nach Absatz 1 Nr. 3 auf Gefängnis nicht unter sechs Monaten erkannt werden.

Kommentar

Nach Artikel 26 Absatz 1 Grundgesetz ist schon die Vorbereitung eines Angriffskrieges verfassungs­widrig. Die entsprechende Strafbestimmung, der Paragraph 80 des Strafgesetz­buches, wurde gestrichen. Der neu eingefügte § 80a StGB stellt keinen Ersatz dar.

Nahezu unbemerkt von der Öffentlichkeit wurde aus dem deutschen Strafgesetzbuch zum 1. Januar 2017 der § 80 entfernt, wonach die Vorbereitung eines Angriffskrieges unter schwerste Strafe gestellt war. § 80 StGB lautete:

"Wer einen Angriffskrieg (Artikel 26 Abs. 1 des Grundgesetzes), an dem die Bundesrepublik Deutschland beteiligt sein soll, vorbereitet und dadurch die Gefahr eines Krieges für die Bundesrepublik Deutschland herbeiführt, wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe oder mit Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren bestraft."

Allerdings fand der Artikel 26 Absatz 1 des Grundgesetzes nie Berücksichtigung. Er lautet nach wie vor: "Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammen­leben der Völker zu stören, insbesondere die Führung eines Angriffs­krieges vorzubereiten, sind verfassungs­widrig. Sie sind unter Strafe zu stellen." Dass die Väter und Mütter des Grundgesetzes damit erst recht die Führung eines Angriffskrieges unter Strafe stellen wollten, ergibt sich von selbst. Dennoch wurde der unmissverständliche Verfassungs­auftrag wie auch die Strafbestimmung des Paragrafen 80 StGB aufgrund der politischen Interessen­lage von "staats­tragenden" Juristen einfach außer Kraft gesetzt.

So schrieb der Generalbundesanwalt an das Netzwerk Friedens­kooperative auf dessen Strafanzeige gegen Mitglieder der rot-grünen Bundesregierung wegen Beihilfe zum Angriffskrieg gegen den Irak[wp] am 7. Februar 2006: "Nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift ist nur die Vorbereitung an einem Angriffskrieg und nicht der Angriffskrieg selbst strafbar ...".(1) Man denkt, dies hätte eine Protestwelle ausgelöst, denn immerhin geht es um Krieg und Frieden. Doch es gab weder in der Wissenschaft noch in den Medien nennenswerte Diskussionen, weder 2006 noch 2017. Die Medien in Deutschland haben sich bekanntlich als "Vierte Gewalt" im Staat schon vor Jahren verabschiedet.

Angeblich stellt nun der ab 1. Januar 2017 neu ins Strafgesetzbuch eingefügte § 80a "Aufstacheln zum Verbrechen der Aggression", der auf § 13 des deutschen Völker­straf­gesetz­buches verweist, einen Ersatz dar. § 80a lautet:

"Wer im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3) zum Verbrechen der Aggression (§ 13 des Völker­straf­gesetz­buches) aufstachelt, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft."

In § 13 des Völkerstrafgesetzbuches "Verbrechen der Aggression", der sich wiederum auf die Charta der Vereinten Nationen[wp] beruft, heißt es:

(1) Wer einen Angriffskrieg führt oder eine sonstige Angriffs­handlung begeht, die ihrer Art, ihrer Schwere und ihrem Umfang nach eine offen­kundige Verletzung der Charta der Vereinten Nationen darstellt, wird mit lebens­langer Freiheits­strafe bestraft.
(2) Wer einen Angriffskrieg oder eine sonstige Angriffs­handlung im Sinne des Absatzes 1 plant, vorbereitet oder einleitet, wird mit lebens­langer Freiheits­strafe oder mit Freiheits­strafe nicht unter zehn Jahren bestraft. Die Tat nach Satz 1 ist nur dann strafbar, wenn
  1. der Angriffskrieg geführt oder die sonstige Angriffs­handlung begangen worden ist oder
  2. durch sie die Gefahr eines Angriffs­krieges oder einer sonstigen Angriffs­handlung für die Bundes­republik Deutschland herbei­geführt wird.
(3) Eine Angriffshandlung ist die gegen die Souveränität, die territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit eines Staates gerichtete oder sonst mit der Charta der Vereinten Nationen unvereinbare Anwendung von Waffengewalt durch einen Staat."

Diese Gesetzesbestimmung bietet - im Gegensatz zu Artikel 26 Absatz 1 Grundgesetz und dem bisherigen Paragraphen 80 Strafgesetzbuch - einen weiten Spielraum für Inter­pretationen,(2) zumal die Charta der Vereinten Nationen völker­rechts­widrige "humanitäre Interventionen", "präventive Selbst­verteidigung" oder "Nothilfe" (wie zum Beispiel im Kosovo-Krieg) in der Vergangenheit nicht verhindert hat. Damit ist der Willkür - wie bisher - Tür und Tor geöffnet.

80a StGB stellt also keinen Ersatz für den gestrichenen § 80 StGB dar, wie von verschiedener Seite behauptet wird.(3) Der Gesetzgeber hat vielmehr die bisherige rechtswidrige Praxis der Kriegs­führung durch die deutsche Regierung und deutsches Militär für die Zukunft legalisiert - eines von zahlreichen Beispielen für die fortschreitende Entdemokratisierung in Deutschland.

Dazu passt, dass Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier kürzlich eine "Ausweitung des deutschen Bundeswehr-Engagements" gefordert hat. Er sagte: "Gerade, weil wir zu den wenigen politisch, demokratisch stabilen Staaten weltweit gehören, wird von uns erwartet, dass wir uns bei der Beilegung von Konflikten stärker beteiligen als vor zehn oder zwanzig Jahren."(4) Ein Haupt­betätigungs­feld für die Bundeswehr sieht Steinmeier offensichtlich im Osten Europas, wenn er daran erinnert, "dass seit der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim durch Russland die Frage von Krieg und Frieden, die wir auf europäischem Boden für beantwortet hielten, zurückgekehrt ist".(5)

Nicht nur die USA haben ihre Bellizisten, die ständig hetzen, Aufrüstung propagieren und selbst vor einem Krieg mit Russland nicht zurückschrecken. All das ist jetzt auch in Deutschland legal und allerhöchst abgesegnet.

Wolfgang Bittner[wp][3]

Einzelnachweise

  1. lexetius.com: § 80 StGB
  2. Juristischer Informationsdienst: § 80 StGB
  3. Wolfgang Bittner: Die Strafbestimmung des § 80 StGB wurde gestrichen: Verbot der Vorbereitung eines Angriffskrieges, Hintergrund am 4. Juli 2017