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Artikel 38 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland
Der Artikel 38 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland gehört zu dem III. Abschnitt - "Der Bundestag" - des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (Artikel 38-49 GG).
Der Absatz 1 erklärt den praktizierten Fraktionszwang[wp] für grundgesetzwidrig.
Wortlaut
Artikel 46 | Artikel 45 | Artikel 38 | |
Entwurf vom August 1948[1] | Urfassung vom Mai 1949[2] | Fassung vom 21. Juli 2010[3] | |
(1) Die Abgeordneten sind Vertreter des ganzen Volkes. Sie sind nur ihrem Gewissen unterworfen und an Aufträge nicht gebunden. | (1) Der Bundestag besteht aus Abgeordneten, die vom Volk in allgemeiner, gleicher, unmittelbarer und geheimer Wahl gewählt werden. Das Nähere bestimmt das Bundeswahlgesetz. | (1) Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen. | (1) Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen. |
Wahlberechtigt ist, wer das 21., wählbar, wer das 25. Lebensjahr vollendet hat. | (2) Wahlberechtigt ist, wer das einundzwanzigste, wählbar, wer das fünfundzwanzigste Lebensjahr vollendet hat. | (2) Wahlberechtigt ist, wer das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat; wählbar ist, wer das Alter erreicht hat, mit dem die Volljährigkeit eintritt. | |
[...] | (3) Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz. | (3) Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz.[4] |
Kommentar
Artikel 38 Grundgesetz lautet:
Obgleich der im Grundgesetz normierten Unabhängigkeit der Abgeordneten sind die Parteispitzen unserer Systemparteien entschlossen, Abstimmungsniederlagen im Bundestag - wie zum Beispiel bei der Mazedonien-Entscheidung oder bei der Abstimmung über Hartz IV - durch Druck auf die Parlamentarier zu verhindern. Solange jedoch Abgeordneten, die gegen den Fraktionszwang[wp] in wichtigen Entscheidungen verstoßen wollen, mit harten Konsequenzen gedroht wird, sie öffentlich und parteiintern diskreditiert oder gar 'zerrissen' werden und sich bei der nächsten Wahl bestimmt nicht mehr auf den vordersten Plätzen in den Listen oder als Direktkandidaten ihrer Partei wiederfinden, ist der in Art. 28 Absatz 1 Satz 2 GG[ext] normierte Grundsatz des freien Mandates des Abgeordneten eine Mär. Ein schwerwiegender Lapsus, wenn man bedenkt, daß es sich bei diesem Grundsatz um die wichtigste Verankerung des Prinzips der Repräsentativdemokratie im Grundgesetz handelt. Ohne das freie Mandat des Abgeordneten ist somit überhaupt keine repräsentative Demokratie denkbar. Hinzu kommt, daß die Parteien von ihren Mandatsträgern Sonderbeiträge ("Parteisteuer") einfordern. Wer diese "Parteisteuer" nicht bezahlt, hat bei der nächsten Wahl kaum eine Chance, wieder nominiert zu werden. Die "Parteisteuer" erreicht dabei nicht selten einen Betrag von mehr als 500,00 EUR im Monat, was verfassungsrechtlich höchst bedenklich ist, da diese "Steuer" die Unabhängigkeit der Abgeordneten in einem weiteren nicht zu vertretenden Maße untergräbt. Auch erhöht dieses System die ohnehin üppigen staatlichen Zuwendungen an die Parteien, die durch diese "Steuer" - selbstverständlich als Spende an die Partei deklariert - noch einen kräftigen Zuschlag erhalten. Da diese Spenden darüber hinaus auch noch steuermindernd geltend gemacht werden können, schädigt diese Vorgehensweise nicht nur das freie Mandat des Abgeordneten, sondern auch unseren Haushalt. Bedenken sollte man auch, daß viele öffentlich-rechtliche Ämter als "Sozialeinrichtungen" für Politiker herhalten müssen. In Bayern zum Beispiel werden Kommunalpolitiker der blau-weißen Volkspartei in Behörden - allen voran in den Versorgungsämtern oder Schiffahrtsverwaltungen - geparkt und vom Steuerzahler kräftig entlohnt, damit sie sich - freilich ohne finanzielle Not - ganz den Befehlen ihrer Parteiobrigkeit hingeben können. Die Folgen sind für Deutschland verheerend, denn keiner der erfolgreich nach Ämtern und Macht gierenden, stramm stehenden Parteisoldaten hat das Zeug dazu, unser Land aus der Starre zu führen. Die kleine Schar derer, die dies tatsächlich vermocht hätten, wurde parteiintern von den Futtertrögen weggebissen und als ungeliebte Kinder ins Abseits gestellt. Übrig blieb eine Schar von Politfunktionären, die fürwahr nicht im Interesse der Bürger handeln - wozu sie eigentlich verpflichtet wären. So gab Angela Merkel[a 1] am 30. August 2003 wenigstens unumwunden zu, wer ihr Klientel ist: "Ob Pharmaindustrie[a 2], Genforschung[a 3] oder Kernenergie[a 4], viele Zukunftsbranchen werden aus Deutschland vergrault." Die Unternehmensinteressen dieser Branchen haben jedoch überhaupt nichts mit der Wohlfahrt des deutschen Bürgers zu tun (auch nichts mit der Schaffung von Arbeitsplätzen, weil diese überwiegend vom Mittelstand bereitgestellt werden), sondern ausschließlich mit Unternehmensgewinnen. Dank unserer Politiker haben daher heute Großkonzerne die Macht und zwar nicht nur in ihren jeweiligen Sparten, sondern auch in den meisten anderen Bereichen unseres sozialen und gesellschaftlichen Lebens. Freie, durch Angebot und Nachfrage im Gleichgewicht befindliche Märkte gibt es schon lange nicht mehr; sie existieren nur noch in den Lehrbüchern unserer Wirtschaftswissenschaftler. In dem Bestreben der Politiker, die Gewinne ihres Klientel zu maximieren, versuchen sie zudem alle sozialen und umweltbedingten Kosten "nach außen" zu verlagern und damit dem Steuerzahler und den künftigen Generationen aufzubürden.[a 5] Der Einfluß der Interessenverbände (Lobbys) auf die Politik ist nicht nur eine Folge ihres hohen Organisationsgrades, sondern vor allem eine Folge ihrer Verflechtung mit der uferlosen und mächtigen Ministerialbürokratie unseres Landes und natürlich mit unseren Abgeordneten in den Parlamenten. Herr Conrad Schuhler hat dies in seinem Artikel "Business as Usual", erschienen in dem Magazin der Süddeutschen Zeitung am 20.09.2002, S. 24 ff., am Beispiel der 14. Legislaturperiode des Deutschen Bundestages treffend wie kein anderer zusammengefaßt: "Ausschließlich im Namen des Volkes betätigen sich nur 167 der momentan 666 Bundestagsabgeordneten. Das Gros der Parlamentarier geht Nebenbeschäftigungen nach: 206 Abgeordnete arbeiten für öffentliche Anstalten oder Körperschaften wie Sparkasse, Rundfunk- oder Fernsehanstalten. Oder sie engagieren sich - oft gegen Bezahlung - in Vereinen, Verbänden und Stiftungen. 293 Abgeordnete finden sich darüber hinaus auf den Gehaltslisten von Privatfirmen als Aufsichtsrat, Berater oder Angestellter. Manche sind selbst Unternehmer. Mindestens 405 solcher Beziehungen existieren zwischen dem Bundestag und der privaten Wirtschaft. So stehen 83 Abgeordnete in den Diensten von Banken und Versicherungen, 37 im Dienste der Landwirtschaft. 101 Abgeordnete werden von Mischunternehmen bezahlt, darunter Beteiligungsgesellschaften oder Unternehmensberater. Zahlreiche Abgeordnete arbeiten sogar für mehrere Unternehmen. (...) Der Vorsitzende[a 6] des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie, Heinz Riesenhuber[wp] (CDU), ist Geschäftsführer einer eigenen Unternehmensberatung, Aufsichtsrat des Chemie- und Pharmaherstellers Altana, der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, der Frankfurter Versicherungs-AG, der HBM Bio Ventures AG, der Heidelberg Innovation BioSciennce Venture II GmbH & Co KG, der Henkel KgaA, der Karlstadt Quelle New Media AG, der Mannesmann AG, der Osram GmbH sowie der Portum AG und der Evotec BioSystems AG. Nebenbei ist er Kopräsident des Deutsch-Japanischen Kooperationsrates für Hochtechnologie und Umwelttechnik sowie Vorsitzender des Kuratoriums des Deutschen Museums." Fazit: War "Lobby" ursprünglich ein Begriff für die Einflußnahme von Interessengruppen außerhalb der Parlamente (in der Lobby eben), haben diese in der Zwischenzeit die Parlamente selbst vereinnahmt. Sehen Sie daher bitte unsere Politiker nicht als unabhängige Abgeordnete, sondern als Funktionäre des Allgemeinwohls übergeordneter, viel mächtigerer Interessen an - was wiederum sehr ungerecht ist, weil die Bürger in ihrer Gesamtheit den Politikern mehr Geld in den Rachen werfen, als dies die Interessengruppen tun. Wichtig: Nach meinem "alternativen Demokratie- und Rechtskonzept" werden die Sonderinteressen in ihren Kompetenzen beschnitten, indem die Bürgerschaften in ihren örtlichen Angelegenheiten ausschließlich selbst für die Verwaltung und Gesetzgebung zuständig sind. In überörtlichen Angelegenheiten liegt es im Ermessen der Bürgerschaften, Delegierte in Regional-, Länder- oder Bundesgremien zu entsenden (Delegationsprinzip!). Diese Vertreter müssen sich strikt an den Mehrheitswillen des Organs halten, dem sie entsprungen sind (Prinzip der Delegatiokratie) - was die plebiszitären Elemente einer lebendigen Demokratie ausreichend absichert. Denn bei Mißachtung des Mehrheitswillens des untergeordneten Gremiums (Bürgerschaft, Regional- oder Landesgremium) liefe der Delegierte Gefahr, auf der Stelle abberufen und ersetzt zu werden. Der Delegierte ist folglich in seiner politischen Arbeit nicht mehr den machtpolitischen Zwängen einer Partei oder Lobby ausgesetzt, sondern ausschließlich dem Mehrheitswillen des untergeordneten Gremiums verpflichtet. Hinzu kommt, daß diese Gremien sich nicht dauerhaft zusammenfinden, sondern nur bei Bedarf aktiviert werden. Dem Breitmachen von Politfunktionären als Vertreter von Sonderinteressen in den Parlamenten wäre damit ein für allemal ein wirksamer Riegel vorgeschoben.
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– Dominik Storr[ew][5] |
Einzelnachweise
- ↑ "Chiemseer Entwurf" - Grundgesetz für einen Bund deutscher Länder (III. Bund und Länder)
- ↑ Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - Urfassung vom 23. Mai 1949
- ↑ Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949 (BGBl. S. 1), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 13. Juli 2017 (BGBl. I S. 2347) geändert worden ist.
- ↑ Bundestag: Grundgesetz: Der Bundestag, abgerufen am 26. August 2011
- ↑ Dominik Storr[ew]: Die Mär von den unabhängigen Abgeordneten - Art. 38 Absatzz 1 Grundgesetz