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Weltregierung

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"Gala Global[ext] [ist] kein Theater, sondern eine als Theater getarnte Propaganda­veranstaltung für das Weltbürgertum, gemeint ist die Abschaffung der Staaten und die Schaffung einer von allen Menschen demokratisch gewählten Weltregierung.

Hintergrund war, dass sie angeblich über Berlin verteilt verschiedene (überwiegend migrantische) Leute interviewt haben, anscheinend um die 80, und hatten nun einige mehr oder weniger amateur­hafte Schauspieler, die deren Aussagen zu rezitieren hatten. Natürlich hatte man nur politisch korrekte Meinungen ausgewählt.

Zuerst kamen sie mit einer komischen inhaltslosen Show, die wohl überbrücken sollte, dass sie die Zeit nicht füllen konnten. Sie hatten sich einen neuen schwarzen Mercedes gemietet, der immer wieder einmal um den Platz fuhr und hinter der Tribüne die nächsten Schauspieler einlud, um sie dann am roten Teppich vor dem Publikum abzuladen und aussteigen zu lassen wie Hollywood-Stars vor den Kameras.

Dann kam der interaktive Teil. Jeder dieser Weltbürger stellte sich auf dem Platz irgendwo hin und rezitierte dabei das Interview der Person, für die er stand. Aber nur plattes Rezitieren, keine Inter­aktivität. Erinnerte mich an ein Museum, in dem ich mal war, mich aber nicht mehr sicher erinnern kann, wo das war. Da standen solche Säulen mit Displays auf den Ober­seiten, die das Gesicht einer schlafenden Person zeigten. Näherte man sich, machten die die Augen auf und fingen an zu erzählen.

Ich habe mich unbeliebt gemacht. Einem Schauspieler, der einen Berliner darstellte und sich begeistert über den wunderbaren Planeten zeigte, und dabei nach oben in den Himmel guckte, sagte ich, dass der Planet im wesentlichen unter uns wäre und man deshalb nach unten schauen müsste. Einer Frau, die mir auf englisch darlegte, sie sei ein Syrer, der es so wunderbar fände, dass er hier frei wäre, tun und lassen könnte, was er will, Studieren und so. Ich sagte ihr/ihm, dass ich mich dann auch gerne vorstellen würde. Ich sei der Steuerzahler, der das alles bezahlen müsste und deshalb nicht tun und lassen kann, was er will, sondern arbeiten muss. Ein andere beklagte, dass wir mit dem deutschen Pass überall hinkönnten und sie mit ihrem Pass aus X nur nach Deutschland könnte. Wieder eine andere wollte mir die Weltregierung schmackhaft machen. Wir bekämen es ja schon bei Europa nicht hin, war meine Antwort. Und so weiter.

Danach seltsamer Gesang.

Dann gab es noch einen Sekt-/Orangen­saft­empfang, bei dem die Schauspieler versuchten, dann noch ins Gespräch mit den Leuten zu kommen. Einer empfahl mir, den Weltbürger­ausweis zu beantragen. Gab auch ein Formular und einen Link auf www.worldserviceauthorities.com, der aber nicht funktioniert. Vermutlich ist www.worldgovernment.org gemeint, denn auch die beziehen sich auf den Weltbürger Nr. 1 Garry Davis[wp], dessen Verdienst es ist, sich selbst zum Weltbürger Nr. 1 ernannt zu haben.

Sie haben Ausweise, die wie ein Reisepass[wp] aussehen und teurer als ein echter Reisepass sind, weil man damit die Organisation unterstützt.

Jemand fragte, wo die gelten, und er sagte, die gälten überall, man kann damit reisen.

Dem habe ich widersprochen. Ich würde in diversen Ländern, vor allem den USA, dringendst davon abraten mit selbst­gebastelten Phantasie­pässen an der Grenze aufzutauchen, da würde man relativ schnell eingebuchtet oder rausgeworfen. Ob zu Recht oder zu Unrecht sei einerlei, weil man in Problemen landet. (In den USA haben sie mal einen Deutschen eingebuchtet, weil er - völlig korrekt und deutschem Recht entsprechend - einen europäischen und einen inter­nationalen Führer­schein dabei hatte. Der Polizist war der Meinung, man könne keine zwei Führer­scheine haben, also müsste einer gefälscht sein.) Mir fallen da auch andere Länder ein, die da wenig Spaß verstehen. Er räumte ein, dass USA problematisch sein könnte, dass sie das bisher eher mit Staaten probiert haben, die das locker und entspannt sehen und ihren Stempel überall reindrücken. Aber man müsse sich einfach auf die [hab ich vergessen, die UN-Rechte­charta oder irgendsowas] berufen. Mein Einwand war, dass es nach meiner Überzeugung ziemlich nutzlos ist, sich in irgendeinem der Knäste dieser Welt auf irgendsowas internationales berufen zu wollen. Drin ist drin. Wie sie die Angaben überprüfen, konnte er auch nicht sagen. Ich käme nicht auf die Idee, mit so einem Pseudo­reise­pass irgendein Land zu betreten und den an der Grenze vorzulegen. Das würde sicherlich als Pass­fälschung angesehen, weil das Ding echten Pässen zum Verwechseln ähnlich sieht.

Dann sprach mich eine Frau an. Ob es nicht toll wäre, wenn es keine Grenzen mehr gäbe, und jeder einfach hinkönnte, wohin er will. Ich sagte nein. Der Grund, warum man mit einem deutschen Pass nahezu überall hinkäme, läge daran, dass Deutschland seine Kriminellen auch wieder zurück­nehme und die Staatsangehörigkeit da zu klären wäre. Es gäbe da das Problem nicht, dass man einen kriminellen Deutschen nicht wieder loswerden und nach Deutschland zurück­schicken könne. Außerdem sei es in Deutschland meines Wissens auch nicht üblich, Leute zu Terroristen auszubilden und als Terroristen in andere Länder zu schicken. Deshalb sei es für Länder relativ risikoarm, Deutsche reinzulassen. Bei anderen sei das aber problematisch. Deshalb müssten Länder das Recht haben, selbst zu entscheiden, wen sie reinlassen und wen nicht. Wenn ein Land niemanden reinlassen will, dann dürfen sie das, dann kommt eben keiner rein. Da war sie beleidigt und zog ab.

Die nächste kam. Sie wollte mich provozieren und brachte eine kritische Meinung, aber ins politisch unkorrekte und leicht zu verachtende gezogen. Weltbürgertum bedeute, dass es im Ergebnis gar keine besonderen Rechte mehr gäbe, das also wertlos sei. Es würden sich dann eben Ersatz­unter­schiede bilden. "Ja. Stimmt." meinte ich, auch sie zog ab.

Zurück auf die Tribüne. Man sollte aufstehen und sich hinstellen. Dicht beisammen. So dicht, dass die innen nicht mehr leicht rauskamen. Ich stand außen. Dann kamen sie mit der Kamera, um ein Gruppenfoto des Publikums zu machen. Nichts mit Datenschutz, Einwilligung und so, auch nicht klar, wofür das dann verwendet wird. Da ich mit solchen Veranstaltungen schon zuviel schlechte Erfahrungen gemacht habe, ging ich einfach weg und stellte mich an die Seite außerhalb des Fotos. Böse Blicke.

Ich frage mich, was das soll.

Kein einziges ordentliches Argument, alles auf so einer Blabla- und Ich-würde-mir-wünschen- und Es-wär-so-schön-Ebene.

Erstens würde ich sowas nicht wollen, weil damit eine ghettoisierte Mehrheit das Sagen hätte und es nur auf ein Plündern hinausliefe.

Zweitens würde es nicht funktionieren, weil es gar nicht möglich wäre, die Leute einheitlich zu informieren und auf das Niveau einer demokratischen Entscheidung zu bringen. Viele Menschen können nicht lesen, wollen auch nicht lesen. Will man ernstlich mit Slum-Bewohnern in Indien oder süd­amerikanischen Müll­halden­bewohnern demokratischen Wahlkampf führen und Wahlen abhalten? Wie soll das gehen? Viele Menschen sind strikte Nationalisten oder ähnliches, einer demokratischen Wahl nicht zugänglich. Viele sind dafür aber manipulierbar.

Drittens bin ich, wie schon früher ausgeführt, der Vermutung, dass man man Staaten, Demokratien, Regierungen nicht beliebig ausdehnen kann, weder räumlich noch quantitativ. Es gibt Effekte, die mit der Größe besser und welche die schlechter werden. Deshalb gibt es irgendwo ein Optimum, einen Bereich, in dem es funktioniert. Die USA funktionieren gerade so, weil die ziemlich homogen sind, ein Sprach- und Kultur­raum. In Europa geht es schon nicht, obwohl von der Größe mit den USA vergleichbar. Möglicherweise sind Russland und China einfach deshalb keine funktionierenden Demokratien, weil es einfach nicht funktioniert. Womöglich sind Länder­grenzen nicht zufällig oder nur historisch entstanden, sondern haben sich als Optimierung selbst entwickelt. Länder, die zu klein sind, wachsen zusammen. Solche, die zu groß sind, brechen auseinander.

Ich halte die Utopie von der Weltregierung und dem Weltstaat mit Weltbürgern für eine Schnapsidee.

Am schlimmsten finde ich daran, dass man wieder in einem sozialistischen Gefängnis eingemauert ist, aus dem man nicht herauskommt. Nicht, weil es Mauern gäbe. Sondern weil es nichts sonst mehr gibt, keine Ort, wohin man noch ausreisen oder fliehen könnte. Man könnte dem Diktat der mehrheitlichen Unterschicht nicht mehr entkommen und damit keine Ausreise mehr unternehmen, kein politisches Asyl mehr in Anspruch nehmen.

Es wäre ein großer, homogener Horror ohne Ausweg.


Nachtrag: Wieso glauben die eigentlich immer alle, dass durch eine Weltregierung plötzlich der Wohlstand ausbrechen würde, wie er in den relativ kleinen und wenigen modernen Industrie­staaten herrscht, und nicht die Armut und schlechten Lebens­verhältnisse, wie sie ein paar Milliarden Menschen haben? Wäre nicht genau das das Muster, das sich durchsetzt?

Es ist doch absurd: Einerseits setzen sie sich dafür ein, dass Flüchtlinge oder generell alle Menschen beliebig reisen können, wie sie wollen, und es dann alle so gut haben wie in Deutschland. Woher kommt die Zuversicht, dass es dann nicht umgekehrt alle so schlecht haben wie in den Ländern, aus denen sie fliehen wollen, und deshalb dann eine Flucht etwa von Syrien nach Deutschland nicht mehr gibt, weil dann der ganze Planet wie Syrien ist?

Die Frage ist also: Widersprechen sich der Fluchtgedanke und die Vorstellung einer Weltregierung nicht gegenseitig?

Hadmut Danisch[1]

Einzelnachweise

  1. Hadmut Danisch: Gala Global, Ansichten eines Informatikers am 29. Mai 2018

Netzverweise