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Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung

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Die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (kurz EBWE oder EBRD, englische Amtsbezeichnung European Bank for Reconstruction and Development) ist eine 1991 gegründete Entwicklungsbank[wp], deren Aufgabe seit dem Zusammenbruch des Ostblocks[wp] im Jahre 1989 vorrangig darin besteht, den Transformations­prozess in den Ländern Ostmittel- und Südost­europas sowie in der Gemeinschaft unabhängiger Staaten[wp] von der Plan- zur Marktwirtschaft[wp] sowie bei der staatlichen Förderung von privat­unternehmerischen Aktivitäten finanziell zu unterstützen.

Hintergrund

Die Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) wurde 1991 gegründet, um die Länder des ehemaligen Ostblocks und der GUS beim Übergang hin zu Marktwirtschaft und privatem und unternehmerischem Handeln finanziell zu unterstützen. Das klingt gut und edel, war es aber nicht. Tatsächlich war eine der wichtigsten Aufgaben der EBRD, den Staaten des ehemaligen Ostblocks und den Nachfolge­staaten der Sowjetunion[wp] bei der Privatisierung staatlicher Betriebe zu helfen. Und wer die dann im Zuge der Privatisierung übernehmen sollte, nämlich westliche Konzerne, ist auch klar.

Die EBRD war also nie eine selbstlos helfende Bank, sondern sie sollte den westlichen Konzernen die Filetstücke der ehemals sozialistischen Länder zuspielen und diese Länder durch Kredit­verpflichtungen politisch und wirtschaftlich an den Westen binden.

Die EBRD und Frankreichs Kampf um Einfluss in Afrika

Die Bank finanziert bis heute Projekte in den genannten Ländern mit Krediten und da beginnt der interessante Teil, denn Frankreich wollte schon 2020, dass die EBRD ihren Tätigkeits­bereich auf Westafrika, also die ehemaligen französischen Kolonien, ausdehnt. Mit EBRD-Programmen sollten Projekte gefördert werden, die die Bindung der afrikanischen Länder an die EU, konkret an Frankreich, weiter verfestigen. Frankreich wollte seinen Einfluss in Afrika also mit Geld sichern, das alle Mitglied­staaten der EBRD zur Verfügung stellen sollten.

Die Pläne der EBRD für Afrika wurden 2020 von denjenigen Geberländern Westeuropas und Nordamerikas formuliert, die die EBRD traditionell als geopolitisches Instrument der geopolitischen Konfrontation nutzen. Die französische Handschrift der Pläne wird daran erkennbar, dass Odile Renaud-Basso[wp] 2020 Präsidentin der EBRD wurde. Odile Renaud-Basso in Französin und war im Zuge ihrer Karriere unter anderem Generalsekretärin des Pariser Clubs, einer informellen Organisation von Gläubiger­ländern, die unter der Schirmherrschaft des französischen Finanz­ministeriums gegründet wurde und sich für die Umschuldung afrikanischer Länder einsetzt, und sie hatte viele Positionen im französischen Finanz­ministerium inne, von denen viele mit Afrika zu tun hatten.

Die Ernennung von Renaud-Basso war also ein klares Signal, dass die EBRD ihre Aktivitäten gemäß den französischen Wünschen auf Afrika ausdehnen sollte, denn Präsident Macron fordert regelmäßig mehr europäische Investitionen in Afrika, um die Stabilität (also den französischen Einfluss) in den ehemaligen französischen Kolonien zu gewährleisten.

Im Juli 2021 verabschiedete der Rat der Gouverneure der EBRD daher wenig überraschend die Entschließung Nummer 240 "Vorbereitende Arbeiten zu einem aktualisierten Papier über die mögliche begrenzte und schrittweise Ausweitung der Tätigkeit der Bank auf die afrikanischen Länder südlich der Sahara und den Irak". Dass Frankreich damit aber noch nicht gewonnen hatte, zeigten die Grundsätze des Programms, denn die Unterstützung der ehemaligen französischen Kolonien sollte nicht die Unterstützung der bisherigen Projekte einschränken, das Rating der EBRD sollte dadurch nicht sinken und es sollte keine zusätzlichen Kapitalspritzen der Geberländer erfordern.

Damit stand das Programm bereits in Frage, denn wie soll die EBRD ohne zusätzliches Geld und ohne eine Reduzierung der bisherigen Programme in großem Stil in Afrika aktiv werden?

Also wurde bei der Bank munter gerechnet und die neue Strategie sollte im Mai 2022 auf der Jahres­tagung der EBRD in Marokko verabschiedet werden.

Die Nehmerländer achten eifersüchtig auf ihr Geld

Aber dann kam die Eskalation in der Ukraine, die Frankreichs Plänen einen Strich durch die Rechnung machte. Die Verhandlungen im EBRD Direktorium waren ohnehin von Anfang an äußerst polemisch, weil die osteuropäischen Länder eifersüchtig auf das Geld der EBRD schauten, das sie auch weiterhin bekommen und nicht mit Afrika teilen wollten. Mit dem Beginn der russischen Militäroperation eskalierten die Diskussionen in der Bank, weil nun die Ukraine und ihre Finanzierung nach dem Ende der Kampfhandlungen in den Fokus rückte.

Die Staaten, die die EBRD gegründet haben und sie heute leiten, haben logischerweise unterschiedliche Interessen. Einerseits sind da die Geberländer, die mit ihrem Geld Rendite für ihre Konzerne und politischen Einfluss erreichen wollen, und dann sind das die Nehmerländer, die um die Geldtöpfe buhlen.

Und es gibt einen Player, der gar nicht Mitglied der EBRD ist, aber trotzdem Einfluss ausüben kann. Das ist China, das die Politik der EBRD über seine Partner Kasachstan, Usbekistan und Kirgisistan beeinflussen kann, die es davon überzeugt, dass sie im Falle einer Neu­ausrichtung der Bank auf Subsahara-Afrika sinkende Investitionen befürchten müssen. China hat in Afrika eigene strategische Interessen und ist nicht am wirtschaftlichen Erfolg westlicher Länder oder an einem in Afrika einflussreichen Frankreich interessiert

Und so ignorierte Kasachstan auf der Tagung in Marokko im Jahr 2022 trotzig den Vorstoß der EBRD nach Afrika. Usbekistan erklärte, dass man sicherstellen müsse, dass die Nothilfe für die Ukraine und die Ausweitung auf Afrika nicht die Fähigkeit der Bank zur Unterstützung der bisher unterstützten Länder einschränkt oder ihre finanzielle Stabilität untergräbt.

Dass China dabei hinter den Kulissen durchaus eine Rolle gespielt haben dürfte, muss allen klar gewesen sein. Aber obwohl sich die EU heute offen gegen China wendet, hat das nicht zu Solidarität mit Frankreich geführt. Stattdessen haben die europäischen Gegner einer Expansion der EBRD nach Afrika eine eigene Gruppe gebildet. Die baltischen Staaten, Polen und Rumänien befürchten, dass die EBRD durch die Ausrichtung auf Afrika die politischen und wirtschaftlichen Interessen Frankreichs zum Nachteil der Interessen der vom Konflikt in der Ukraine betroffenen EU-Länder unterstützt.

So erklärte der EU-Gouverneur (die EU ist der größte Geldgeber der Bank), der Litauer Valdis Dombrovskis, dass der Bedarf in der Ukraine enorm sei und dass die Unterstützung der EBRD von entscheidender Bedeutung sein werde, weshalb die EU die Afrika-Entscheidung zwar im Grundsatz unterstütze, es aber wichtig sei, die strategischen Interessen der Bank nicht aus den Augen zu verlieren. Eine Entscheidung über Afrika solle den Gouverneuren erst dann vorgeschlagen werden, wenn der Verwaltungsrat der EBRD unter Berücksichtigung der Auswirkungen des Krieges in der Ukraine bestätigt hat, dass eine Expansion nach Afrika die Fähigkeit der Bank zur Unterstützung der derzeit unterstützten Länder nicht beeinträchtigt, sie das Kreditrating der Bank nicht gefährdet und sie auch nicht zu einem Bedarf von zusätzlichen Kapital­spritzen führt.

Kurz und gut: Die Bank solle alle ihre Ressourcen vorrangig zur Unterstützung der Ukraine und anderer von der russischen Aggression betroffener Länder einsetzen. Frankreichs Hoffnung, seine Stellung in Afrika zu retten, wurde von der EU zerstört. Wer solche Freunde hat, braucht keine Feinde mehr.

Ähnlich äußerten sich auch andere Länder. Lettland unterstützte zwar grundsätzlich die Expansion nach Afrika, aber weil dafür zusätzliches Geld nötig sein dürfte, solle das verschoben werden. Die EBRD solle sich jetzt voll und ganz darauf konzentrieren, der Ukraine bei der Bewältigung eines möglichen wirtschaftlichen Zusammenbruchs zu helfen und sich mit der wachsenden Anfälligkeit der baltischen Staaten befassen.

Litauen war der Ansicht, dass jetzt nicht der beste Zeitpunkt sei, um eine konkrete Entscheidung über die Ausweitung der Tätigkeit der Bank zu treffen. Polen erklärte, dass die Auswirkungen der Kampfhandlungen in der Ukraine schwer zu kalkulieren seien und die EBRD daher weiterhin vorrangig in den Ländern tätig sein sollte, in denen sie traditionell tätig ist.

Die bisherigen Nehmerländer formulierten also höflich grundsätzliche Zustimmung zu den Plänen Frankreichs, aber mehr auch nicht. Für das Projekt Afrika sei leider kein Geld da, sie bräuchten das Geld schließlich selbst.

Kein Interesse bei den Geberländern

Eine weitere Gruppe von Ländern sind der Teil der Geberländer der EBRD, die Projekte der EBRD aus Sorge um ihr Geld in erster Linie nach ihrer wirtschaftlichen Tragfähigkeit und nicht nach politischem Einfluss beurteilen. Zu diesen Ländern gehören die Schweiz, Japan, Luxemburg und Norwegen. Diese Länder lehnen die Ausdehnung der Tätigkeit der EBRD auf die afrikanischen Länder südlich der Sahara entschieden ab und fordern die Unterstützung für die Region, in der die Bank derzeitig tätig ist, also Osteuropa.

Ihnen ist nämlich vollkommen klar, dass das vorhandene Kapital der EBRD nicht ausreicht, um Projekte in den alten osteuropäischen und den neuen afrikanischen Gebieten zu unterstützen, so dass zusätzliche Kapital­spritzen nötig würden, was angesichts des weltweiten Wirtschafts­abschwungs kein wünschenswertes Szenario ist. Und wenn man es offen sagt, dann stand sicher auch die Frage im Raum, warum die Schweiz, Japan, Luxemburg, Norwegen und andere Geberländer mit ihrem Geld Frankreich helfen sollen, seinen Einfluss in Afrika zu behalten.

Eine weitere Gruppe sind die neokolonialistischen Länder (Frankreich, Großbritannien, USA), die als Lohn für zusätzliche Finanzspritzen für die EBRD politische Dividenden in Afrika erwarten können, während die Schweiz, Japan, Luxemburg, Norwegen und andere Geberländer keine solchen Boni erhalten.

Insbesondere Luxemburg meinte, dass die Probleme des afrikanischen Kontinents ein Maß an Aufmerksamkeit und Investitionen erfordern, das die Bank nicht leisten könne, solange sich die Lage in der Ukraine nicht stabilisiert habe. Und die Schweiz war überzeugt, dass die Relevanz der Bank größer wäre, wenn sie ihre begrenzten Ressourcen vorrangig zur Unterstützung ihrer derzeit unterstützten Region und nicht in Afrika einsetzen würde.

Wegen der Ungewissheit über die Dauer und das Ausmaß der Folgen des Krieges in der Ukraine und wegen der politischen Risiken und der Korruption in Afrika sei eine Analyse der finanziellen Rentabilität unmöglich. Daher wird Afrika als potenzielle Region für Maßnahmen der EBRD als langfristige Perspektive anerkannt, und es wurde beschlossen, zusätzliche Analysen durchzuführen.

Im Ergebnis verabschiedete die Bank in Marokko die Entschließung Nr. 248, in der die EBRD nur eine grundsätzliche Zustimmung erhielt, in Afrika tätig zu werden, aber nichts Konkretes. Die "Verbündeten" haben Frankreichs strategische Interessen nicht unterstützt.

Odile Renaud-Basso, die französische Chefin der EBRD, war gescheitert, denn sie sollte 2023 den Weg für die afrikanischen Projekte ebnen. Hinzu kommt trotz aller schönen Worte, dass das Kapital der Bank bis 2030 nicht aufgestockt wird, also kein Geld für die afrikanischen Projekte da ist. Und da die Unterstützung der Ukraine und der traditionell unterstützten Länder Osteuropas weiterhin Priorität hat, ist an afrikanische Projekte bis auf weiteres nicht zu denken.

Frankreichs geopolitische Pläne, mit Hilfe der EBRD in die afrikanischen Länder südlich der Sahara zu expandieren, sind damit gescheitert. Wie schon der U-Boot-Deal mit Australien und der Putsch in Niger gezeigt haben, kann Frankreich nicht auf Hilfe seiner "Verbündeten" zählen, die offensichtlich an einer Schwächung Frankreichs interessiert sind.

Und Deutschland?

Deutschland gehört auch zu den Ländern, die höflich mitgeteilt haben, wie toll eine Ausdehnung der Aktivitäten der EBRD auf Afrika sei, dass das aber nicht zum Nachteil der bestehenden Projekte geschehen dürfe. Die deutsche Erklärung in dem Bericht umfasst 16 Absätze auf zweieinhalb Seiten, von denen nur ein Absatz dem afrikanischen Thema gewidmet ist.

In der deutschen Erklärung geht es fast ausschließlich um die Ukraine. Das zweite Thema, das in der deutschen Erklärung viel Platz einnimmt, ist, dass die Bank mehr Projekte im Bereich der Grünen Energiewende finanzieren müsse.

Auch Deutschland hat Frankreich also nicht unterstützt.

– Anti-Spiegel[1]

Einzelnachweise

Querverweise

Netzverweise