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Zirkumzision

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Mit dem Begriff Zirkumzision (auch Beschneidung oder Circumcision) wird die komplette oder teilweise Entfernung der Vorhaut des Penis bezeichnet.

Gründe

Bei der Frage, warum eine Zirkumzision durchgeführt wird, kommen die Argumente zumeist aus den folgenden Themenkreisen

  • Religion
  • Kultur
  • Medizinische Indikation
  • Ästhetik
  • Erwartung sexueller Vorteile

Religiöse Motivation

Außer zahlreichen archaischen Natur­religionen, in denen die Jungen mit Eintritt in die Pubertät[wp] beschnitten werden, gibt es zwei der großen Weltreligionen, der Islam und das Judentum, in denen die Zirkumzision ein mehr oder weniger zentraler Bestandteil der Religions­zu­gehörig­keit ist. Dabei handelt es sich entweder um einen allgemeinen Grundsatz der Religions­kultur (im Islam gehört die Zirkumzision zu den Reinheits­geboten), oder um eine verpflichtende Vor­aus­setzung für die Religions­zugehörigkeit (Judentum). Auch der Zeitpunkt der Beschneidung ist unterschiedlich; jüdische Jungen werden am achten Tag nach der Geburt beschnitten, bei muslimischen Jungen geschieht das häufig erst einige Jahre vor der Pubertät.

Kulturelle Motivation

In vielen Ländern oder Kulturkreisen gehört die Zirkumzision zu den kulturellen Gepflogenheiten; hier sind vor allem die USA zu nennen. Der dortige Ursprung dieser Praxis liegt in der ehemaligen Kolonialmacht Großbritannien, wo religiös-konservative Puritaner im 19. Jahrhundert über Mittel zur Eindämmung der Masturbation nachdachten (allerdings wohl kaum mit nachhaltigem Erfolg!). Von dort kam der Brauch in zahlreiche englisch­sprachige Länder, vor allem in diejenigen des Commonwealth und in die USA, wo in den 1970er Jahren bis zu 80 % der Jungen und Männer zumeist seit dem Säuglings­alter beschnitten waren; seither nimmt dort die Zahl der einer Vorhautamputation unterzogenen männlichen Personen geringfügig ab. In Europa ist eine kulturelle Motivation inzwischen nur noch in Einzel­fällen gegeben, jedoch nicht mehr gesamt­gesell­schaftlich; in Großbritannien werden aktuell weniger als 10 % der Jungen und Männer beschnitten; in Skandinavien gibt es teilweise sogar schon Gesetze gegen die Säuglings­beschneidung. In Spanien und Portugal gehört es für viele traditionelle und reiche Familien zum gesell­schaft­lichen Status, dass die Jungen beschnitten werden; ebenso in manchen Ländern Afrikas, Süd- und Mittel­amerikas, Ozeaniens und in Ländern mit hauptsächlich muslimischer Bevölkerung oder einem relativ hohen muslimischen Bevölkerungsanteil, wo auch Angehörige religiöser Minderheiten der einen Mainstream darstellende Praxis der Beschneidung folgen, beispielsweise auf den Philippinen. Durch den Einfluss der USA sind in Südkorea mehr als 80 % der Jungen und Männer beschnitten; es ist das Land mit der aktuell höchsten Rate an Beschnittenen.

Medizinische Indikation

Die Zirkumzision ist weltweit der häufigste chirurgische Eingriff überhaupt; sie ist die am häufigsten durchgeführte Therapieform bei einer Phimose, für die es in vielen Fällen durchaus alternative Therapien gibt.

Ästhetische Motivation

Es gibt Männer, die sich aus ästhetischen Gründen einer Vorhautamputation unterziehen, weil sie glauben, dass ihr Genital dadurch besser aussieht.

Viele Pornodarsteller, die nicht aus den USA stammen, lassen sich u.a. deshalb beschneiden, weil die US-amerikanischen Konsumenten an Pornofilme mit beschnittenen männlichen Darstellern, gewöhnt sind. In Europa erlangt die Beschneidung ebenfalls, u.a. bei schwulen Männern, aber auch bei heterosexuellen Frauen, die Pornografie konsumieren, Popularität, was sich u.a. in einer eindeutigen Präferenz für beschnittene männliche Darsteller ausdrückt.

Beim Aussehen des Penis geht es zumeist darum, ob einem selbst, dem Partner bzw. der Partnerin oder der Allgemeinbevölkerung die Vorhaut als Teil des Penis gefällt oder eben nicht. Der schlaffe Penis mit Vorhaut sieht nach dem Dafürhalten vieler Befürworter der Zirkumzision teils eher konturlos aus; gelegentlich sieht man dann kaum mehr als eben nur die Vorhaut mit einem etwas dickeren, unkonturierten Inhalt. Im Gegensatz dazu ist der beschnittene Penis "streamlined"; er hat, auch im schlaffen Zustand, wenige oder gar keine Hautfalten und die Eichelfurche liegt ständig frei, was den Eichelkranz deutlich hervortreten lässt - ein Effekt, der durch die Unterwäsche oder sogar durch die Hose sichtbar sein kann. Außerdem ist die Eichel am unbeschnittenen Penis eher feucht, tendenziell empfindlich, manchmal leicht klebrig und oft rötlich; am beschnittenen Penis ist sie, zumindest nach einiger Zeit, eher samtig, auch trockener und ähnelt damit eher der übrigen, derberen Haut.

Auch hat ein beschnittener Penis häufig ein angenehmeres "Aroma" - aber auch hier sind die Geschmäcker sehr unterschiedlich. Was Geruch und Geschmack angeht, ist Smegma[wp], die weißliche Ablagerung unter der Vorhaut bei mangelhafter Hygiene, für den einen eine aufreizende Angelegenheit; für den anderen ist es Anlass für Ekel. An beschnittenen Phalli gibt es jedenfalls keinerlei Smegma.

Erwartung sexueller Vorteile

Innerhalb vieler Naturvölker, bei denen die Beschneidung ausgeübt wird, steht ein tatsächlicher oder angenommener Vorteil des beschnittenen Penis beim Sex im Vordergrund. Zahlreiche Männer, die sich heute ohne medizinischen Grund freiwillig beschneiden lassen, fühlen, vermuten oder argumentieren genauso. Dabei geht es vor allem um die tatsächliche Erfahrung vieler Beschnittener, dass sie länger wegen der fehlenden Sensibilität des Genitals bei der Ausübung des Koitus den Orgasmus leichter hinauszögern können - vorzeitiger Samen­erguss ist bei Beschnittenen seltener. Die freiliegende Eichel verliert ihre Sensibilität. Außerdem berichten Männer, die als Erwachsene beschnitten wurden, dass sie im Vergleich den unmittelbaren Kontakt der Eichel mit der Hand, dem Partner oder der Kleidung als sehr viel erregender empfinden, als dies vorher mit Vorhaut der Fall war. Aber schon die genannten ästhetischen Gründe können unmittelbar mit erwarteten sexuellen Vorteilen zusammen­hängen: Viele freiwillig Beschnittene berichten, dass sie vor der eigenen Beschneidung schon von dem Geruch ihres Phallus (siehe "Smegma", weiter oben), aber auch vom Anblick ihrer Vorhaut selbst nicht angetan waren. Allein der Gedanke, beschnitten zu sein und dazu eventuell auch noch mit einem ebenfalls beschnittenen Mann Sex zu haben, würde sie so erregen, dass sich ihr Sex dadurch massiv verbessert hat. Dabei sorgt schon das Denken an die Berührung der nackten Eichel oder das Gefühl, ständig, also auch im Alltag und unter der Kleidung, einen beschnittenen Penis zu haben, für ein stark gesteigertes Lustempfinden. Gelegentlich führt der daraus entstehende "Stolz" auf die eigene Vorhaut­losigkeit auch zu einem gewissen Maß an Exhibitionismus[wp], beispielsweise in der Sauna, unter der Schwimmbad- oder Sportdusche oder beim FKK.

Zirkumzision aus schwuler Sicht

Gibt es eigentlich eine besondere, schwule Sichtweise zum Thema Zirkumzision? Sicherlich nicht nur eine; aber alle unter­schiedlichen Ansichten, die von den jeweiligen Vorlieben abhängen, zeigen, dass der Penis, um dessen Veränderung es bei der Zirkumzision geht, von Schwulen natürlich mit besonderer Aufmerksamkeit bedacht wird. Dabei gibt es der Sache entsprechend drei grund­sätzliche Haltungen: die engagierten Befürworter der Zirkumzision; ihre Gegner, die dies unter allen Umständen mit Entschiedenheit ablehnen; diejenigen denen es gleichgültig ist, ob ihr Partner eine Vorhaut hat oder nicht, oder die sogar für sich selbst nicht wissen, was sie am eigenen Penis besser finden. Eine solche Un­ent­schiedenheit ist aber unter Schwulen ziemlich selten.

In Deutschland, aber auch in anderen Ländern, gibt es in der schwulen Subkultur inzwischen viele auch entsprechend organisierte Männer, die sich selbst als "Beschneidungs­gegner" oder als "Beschneidungs­befürworter" oder treffender: als "Fans beschnittener Phalli" sehen und entsprechend werben und ihre Vorliebe ausleben; nämlich selbst mit oder ohne Vorhaut zu sein und/oder ausschließlich entsprechende Partner zu suchen und zu haben. Unter dem international agierenden Kürzel "NOCIRC"[wp] treten auch viele Schwule offen gegen Beschneidungen auf. Die größte deutsche Organisation, die für die Beschneidung wirbt und Männer entsprechend berät, ist "EUROCIRC"[ext]. Dahinter steht der nur für Beschnittene offene "CUTTING CLUB"[ext], der ebenfalls vorwiegend schwule Männer mit der Vorliebe für vorhautlose Phalli vereinigt. Alle drei Organisationen unterhalten umfangreiche Internet­seiten mit Foren, Chatrooms und stellen Links zu entsprechenden Webseiten bereit, so dass neben der großen Informations­menge hier auch der Austausch unter schwulen Männern zum Thema Beschneidung stattfindet. Noch mehr Information, vor allem auch Bildmaterial, bietet die ebenfalls international auftretende Internet­seite "CIRCLIST", von der auch eine deutsch­sprachige Ausgabe existiert.

Einige wichtige Aspekte sollte jeder, der eine Zirkumzision erwägt, aber keinesfalls außer Acht lassen:

  • Eine Zirkumzision ist irreversibel - lässt sich also nicht rückgängig machen (entgegen anders­lautenden Äußerungen sind "Vorhaut­rekonstruktionen" nur sehr selten zufrieden­stellend)
  • Eine Beschneidung der Vorhaut sollte nur nach gründlicher Überlegung und Information und immer nur freiwillig, niemals unter Zwang oder Druck von außen geschehen; Druck, der eventuell vom Partner, aber durchaus auch von Ärzten kommen kann. Wenn man auf seine Vorhaut unter keinen Umständen verzichten will, kann man in den meisten Fällen auch mit einer Phimose ein weitgehend beschwerdefreies Leben führen - auch wenn das zum Teil mit massiven Einschränkungen und gesund­heit­lichen Problemen einher gehen kann; denn beispielsweise kann der Sex je nach Ausprägung der Vorhaut­verengung auf Dauer schmerzhaft sein oder zu wiederholten Verletzungen führen; ganz zu schweigen davon, wenn Eichel und Vorhaut­innen­seite bei der Körperpflege nicht erreicht werden können, was schwere Krankheiten begünstigen kann.
  • Eine Beschneidung ist ein medizinischer Eingriff und kann allein deshalb mit Risiken verbunden sein, über die man sich vorher aufklären lassen muss. Risiken bestehen nicht generell in allen Fällen und in gleichem Umfang; deshalb ist eine individuelle Beratung nötig. Diese Beratung sollte nicht unmittelbar vor der Beschneidung selbst erfolgen, sondern mindestens einige Tage vorher, damit man die Vor- und Nachteile in Ruhe abwägen kann.
  • Ein beschnittener Penis sieht nicht nur anders aus, er fühlt sich auch anders an, und zwar für den Beschnittenen selbst und für seinen Partner ebenso. Zwar ist oben in diesem Text und auf zahlreichen anderen einschlägigen Informations­webseiten und in Internetforen diese Anders­artigkeit des beschnittenen Penis beschrieben, und zwar auch von "Betroffenen", die beide Zustände, "vorher" und "nachher", bewusst kennen­gelernt haben. Die eigene Erfahrung ist mit solchen Berichten von anderen aber niemals vor­weg­zunehmen; sie kann eventuell auch anders ausfallen, als man es sich vorher vorgestellt hat. Um sich das eigene Beschnitten­sein dennoch schon ein wenig vorstellen zu können, solange man noch seine Vorhaut hat, kann man die Vorhaut zur Simulation des beschnittenen Zustandes mit Hilfe von kleinen Klebe-Tapes in zurück­gestreifter Stellung fixieren. Anleitungen dazu werden in den oben genannten Internet-Foren gegeben. Wenn der Eichelkranz stark ausgeprägt ist, kann die zurück­gestreifte Vorhaut vielleicht auch ohne solche Hilfsmittel, sogar bei vollständig "geschrumpftem" Penis, hinter der Eichel bleiben, um so den Zustand ohne Vorhaut zu simulieren. Solche Tests, die man andauernd und über mehrere Wochen ausführen (und aushalten!) sollte, können helfen, den Penis auch schon vor der Beschneidung an den künftigen Zustand zu gewöhnen. Leider stehen diese Möglichkeiten zur Simulation nur demjenigen zur Verfügung, der keine Vorhaut­verengung hat.

Literatur

Querverweise

Netzverweise

Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Zirkumzision (20. März 2014) aus dem schwul-lesbischen Lexikon HomoWiki. Der HomoWiki-Artikel steht unter der Lizenz Namensnennung 2.0 Generic (CC BY 2.0). In der HomoWiki ist eine Liste der Autoren verfügbar, die vor Übernahme in WikiMANNia am Text mitgearbeitet haben.