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DITIB
Die Abkürzung DITIB steht für Diyanet İşleri Türk İslam Birliği (Deutsch: "Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion e. V.") und ist ein bundesweiter Dachverband für die Koordinierung der religiösen, sozialen und kulturellen Tätigkeiten der angeschlossenen türkisch-islamischen Moscheegemeinden. Der Verband mit Sitz in Köln-Ehrenfeld ist ein seit dem 5. Juli 1984 beim Amtsgericht Köln eingetragener Verein. Er untersteht der dauerhaften Leitung, Kontrolle und Aufsicht des staatlichen Präsidiums für Religiöse Angelegenheiten[wp] der Türkei, welches dem türkischen Ministerpräsidentenamt angegliedert ist. Er ist Gründungsmitglied des Koordinierungsrats der Muslime[wp]. Der Vorsitzende der DİTİB ist in Personalunion auch türkischer Botschaftsrat für religiöse und soziale Angelegenheiten. Zudem werden die an staatlichen theologischen Hochschulen in der Türkei ausgebildeten Imame[wp] der DİTİB für fünf Jahre nach Deutschland geschickt und sind de facto Beamte des türkischen Staates, von dem sie auch bezahlt werden.[1]
Die in Deutschland als formal unabhängiger Verein organisierte DITIB ist de facto eine informelle Auslandsorganisation der türkischen Religionsbehörde Diyanet[wp] und agiert in dieser Eigenschaft als Sachwalter türkischer Staatsinteressen in Deutschland.
Hintergrund
Türkischer Laizismus und Diyanet
Nach der Niederlage des Osmanischen Reiches[wp] im Ersten Weltkrieg[wp] sollte die heutige Türkei unter mehreren Besatzungsmächten in mehrere Einflusszonen aufgeteilt werden. Das wurde durch den türkischen Befreiungskrieg[wp] verhindert, den Mustafa Kemal anführte. Nach dem Sieg wurde am 29. Oktober 1923 die türkische Republik[wp] ausgerufen.
Nach dem Willen und der Vision von Mustafa Kemal[wp] (später Atatürk genannt) sollte sich die Türkei am Westen orientieren und so zu einem modernen Nationalstaat entwickeln. Im Laufe seiner Amtszeit führte Atatürk tiefgreifende Reformen im politischen und gesellschaftlichen System durch, um diese Vision zu erreichen. Unter anderem wurde im Jahre 1922, noch vor der Ausrufung der Republik, das Sultanat[wp] abgeschafft und am 29. Oktober 1923 das Kalifat[wp]. 1924 beseitigte die Türkei mit der Abschaffung des Amtes des Scheichülislam[wp] auch die religiösen Gerichte, und 1925 wurde im Zuge einer umfassenden "Kleiderreform"[wp] der Fes[wp] und der Schleier verboten und die Koedukation[wp] eingeführt. Im selben Jahr wurde die islamische Zeitrechnung[wp] durch den Gregorianischen Kalender[wp] ersetzt sowie das metrische System[wp] eingeführt.
In den folgenden Jahren wurden ganze Rechtssysteme[wp] aus europäischen Ländern übernommen und den türkischen Verhältnissen angepasst. 1928 wurde die auf dem arabischen Alphabet basierende osmanische Schrift durch das lateinische Alphabet ersetzt. 1930 wurde das aktive Frauenwahlrecht eingeführt - seit 1934 dürfen sich Frauen auch selbst zur Wahl stellen (passives Frauenwahlrecht). Nur wenige der Reformen, etwa Atatürks Idee, dass in den Moscheen statt auf Arabisch nur noch auf Türkisch gebetet werden sollte, erwiesen sich als undurchführbar und wurden zurückgenommen.
Trotz aller Versuche, die Bedeutung der Religionen in der Türkei für die Gesellschaft auf der Laienebene zu schwächen, blieb der Glaube ein wichtiger Bestandteil der türkischen Gesellschaft. Die Gefahr stieg sogar, dass die Religion durch Kreise instrumentalisiert werden könnte, auf die der Staat keinen Einfluss hatte. Daher wurde 1924 das Amt für Religiöse Angelegenheiten[wp] gegründet mit dem Ziel, die Religion unter die Kontrolle des Staates zu bringen. Daher ist die türkische Konzeption des Laizismus[wp] keine Trennung zwischen Religion und Staat[wp], sondern vielmehr eine Unterordnung der Religion unter den Staat.
Als Nachfolgeinstitution des Schaich-al-Islam-Amtes des Osmanischen Reiches ist die Behörde Diyanet[wp] seit 1924 die höchste religiöse Instanz des Landes. Der Behördenleiter, zugleich Präsident des Diyanet, hat hierdurch den Rang des höchsten islamischen Gelehrten der Türkei inne und stellt somit, aus staatlicher Sicht, die oberste islamische Autorität des Landes dar.[2]
Koordinationsrat der Muslime
Der Koordinationsrat der Muslime (KRM) (inoffiziell auch Koordinierungsrat der Muslime) ist eine Arbeitsplattform der vier größten islamischen Organisationen in Deutschland, die im März 2007 im Rahmen der Deutschen Islamkonferenz gegründet wurde. Ob und auf wie viele Muslime der KRM einen religiösen Vertretungsanspruch erheben kann, ist umstritten.
Der KRM ist kein eingetragener Verein, sondern beruht lediglich auf einer gemeinsamen Geschäftsordnung, die von den vier ihn tragenden Verbänden am 28. März 2007 unterzeichnet wurde.[3][4] Damit hat der KRM hat keine eigene Rechtspersönlichkeit.
Eineinhalb Jahre nach der Gründung bemängelte die Islamische Zeitung[wp], dass der KRM keine Angestellten, kein Budget, kein Lobby-Büro in Berlin, keine eigene Webseite und kaum eine klar ausgearbeitete Programmatik habe.[5]
Volker Beck äußerte im April 2007 die Meinung, dass der KRM noch nicht die Voraussetzungen einer Religionsgemeinschaft gemäß Art. 140 GG[wp] erfülle: "...ein reiner Dachverband ist nach unserem Recht noch keine Religionsgemeinschaft[wp] und erfüllt noch lange nicht die Voraussetzungen einer Körperschaft[wp]." Er riet auch zur Vorsicht im Umgang mit den überwiegend konservativen und fundamentalistischen Kräften innerhalb des KRM, obwohl er für eine Perspektive der Gleichberechtigung plädierte.[6][7]
Einordnung
Das Osmanische Reich[wp] galt vor seinem Zusammenbruch lange Zeit als Kranker Mann am Bosporus[wp]. Der Bedarf an Reformen wurde zwar erkannt und Reformen wurden auch durchgeführt, was den Niedergang allerdings nicht aufhalten konnte. Der Streit zwischen Reformbefürwortern und Reformgegnern war für die osmanischen Gesellschaft eine fortwährende Belastung. Nach dem türkischen Befreiungskrieg[wp] setzte der Republikgründer Mustafa Kemal[wp], teilweise unter Einsatz brutaler Gewalt, seine Reformen durch. Auch wenn er als Atatürk ("Vater der Türken") uneingeschränkt als Nationalheld gilt, so bewirkten seine Reformen doch eine tiefe Spaltung des Landes, die bis heute nachwirkt.
Die Tatsache, dass eine staatliche Behörde die oberste islamische Autorität des Landes darstellt, wird vor allem von Kemalisten[wp] bzw. Laizisten[wp] verteidigt, aber von einem großen Teil der Bevölkerung abgelehnt. Neben der Spannung zwischen türkischstämmiger und kurdischstämmiger Bevölkerung stellt die Spaltung bezüglicher der Frage nach der Stellung der Religion im Staat die größte Belastung für die innenpolitische Situation des Landes dar. Jeder Konflikt in diesen Fragen berührt deshalb auch immer auch die politische Stabilität des türkischen Staates und führt auch regelmäßig zu nervösen Überreaktionen seitens der Staatsgewalt.
Ein Beispiel für die politischen Kämpfe und Argumentationen ist der Versuch der AKP[wp], ein Ende des Kopftuchverbots an Universitäten durchzusetzen, das ihres Erachtens wichtige Individualrechte wie die Religionsfreiheit[wp] unterminiere und vielen gläubigen Frauen einen beruflichen Aufstieg verwehre. Dies wurde von der Opposition als Angriff auf den laizistischen Wesensgehalt der türkischen Verfassung abgelehnt. Auf der einen Seite steht der Vorwurf der Islamisierung, dem auf der anderen Seite der Vorwurf der Unterdrückung der Religion entgegengehalten wird. Die politische Auseinandersetzung wird in der Türkei sehr unnachgiebig geführt. Beide Seiten stehen sich ziemlich unversöhnlich gegenüber und Kräfte, die vermitteln könnten, sind zu schwach.
Unabhängig davon, wie man zum Verhältnis von Religion und Staat in der Türkei steht, ist in Bezug auf Deutschland festzustellen, dass Diyanet[wp] eine staatliche Behörde der Türkei ist und DITIB zwar formal ein beim Amtsgericht Köln eingetragener Verein nach deutschem Recht ist, de facto aber ist DITIB eine Auslandsfiliale der Diyanet.[8] In Deutschland tritt DITIB aber als von der türkischen Regierung unabhängige Organisation auf und stellt sich als religiöse Vertretung vor. Realiter ist DITIB ein politisches Instrument, mit dem die türkische Regierung unter dem Deckmantel der Religion auf die deutsche Innenpolitik zu nehmen.
Ähnlich wie der Feminismus sich anmaßt, für alle Frauen sprechen zu wollen, so maßt sich DITIB an, für alle türkischen Staatsbürger in Deutschland zu sprechen. Nach offiziellen Statistiken der Türkei sind etwa 99 % der türkischen Bevölkerung Muslime, tatsächlich aber ist die genaue Anzahl der Muslime und der konfessionslosen Einwohner nicht bekannt.[9] Darüber hinaus ist auch die ethnische Zusammensetzung der Bevölkerung in der Türkei nicht genau bekannt.[10] Angesichts der Tatsache, dass die Anwerbung von türkischen Gastarbeitern schwerpunktmäßig in Ostanatolien erfolgte und dort auch die Landflucht größer ist, kann von einem höheren Kurdenanteil unter Einwanderern mit türkischem Pass in Deutschland erwartet werden als in der Türkei selbst. Auch soll der Anteil der Aleviten[wp] unter türkischen Zuwanderern in Deutschland größer sein als in der Türkei. Wenn man den Anteil von Kurden bei 30 % ansetzt und die Gruppe von Aleviten und religiöse Indifferenten bei 40 %, dann verbleiben nur rund 30 % sunnitische Türken unter den Zuwanderern aus der Türkei. Auch wenn es sich hierbei um sehr grobe Schätzungen handelt, so relativiert es doch die reale Bedeutung der DITIB.
Hetze gegen Andersgläubige
Das TV-Magazin "defacto" des Hessischen Rundfunks berichtete am 29. Januar 2017 über "Hetze in DITIB-Gemeinden gegen Andersgläubige". In türkischer, nicht in deutscher Sprache seien in Facebook-Beiträgen Sätze wie folgende zu finden: "Der kannibalische Jude kotzt den Tod in Palästina" oder "Um die Barbarei der Juden zu beschreiben, werdet ihr nicht die richtigen Worte finden können".[11][12] Das Problem ist hier die von Rainer Mausfeld als Empörungs- und Meinungsmanagement bezeichnete Manipulation der öffentlichen Wahrnehmung, die dadurch erreicht wird, indem die Darstellung eigentlich zusammenhängender Fakten dergestalt fragmentiert wird, dass der Sinnzusammenhang (z. B. geschichtliche Kontinuität) verlorengeht, dazu werden Fakten dekontextualisiert, also aus dem Zusammenhang gerissen, der allein ihr Verständnis erlaubt und schließlich werden durch Rekontextualisierung Fakten in einen fremden Sinnzusammenhang eingebettet, der sie als etwas anderes erscheinen lässt, als das, was sie tatsächlich sind.[13] Die in diesem Artikel vermittelten Informationen sind in aller Regel bei den Empfängern von Nachrichten der Meinungswirtschaft nicht vorhanden.
Für die differenzierte Bewertung der Titelzeile "Hetze in Ditib-Gemeinden gegen Andersgläubige" ist zu berücksichtigen, dass wie vorstehend ausgeführt die DITIB eine staatliche Organisation und keine religiöse Vereinigung (von Muslimen) ist, wenngleich nicht übersehen werden darf, dass die DITIB wie eine Vertretung von Muslimen auftritt. Klar ist auf jeden Fall, dass die Verantwortung der getätigten Äußerungen der türkischen(!) Regierung(!!) zugerechnet werden müssen, und nicht etwa einem (weltweiten) Kollektiv der Muslime(!!!). Auch ist zu überdenken, inwieweit türkischen Kurden und Aleviten diese Äußerungen zugerechnet werden können. Bemerkenswert ist auch, dass die Äußerungen in türkischer, nicht in deutscher Sprache getätigt wurden. Die kann als ein weiteres Indiz dafür gewertet werden, dass die DITIB zwar rechtlich ein deutscher Verein ist, dessen Zielrichtung aber nicht die deutsche Gesellschaft ist. De facto ist die DITIB ein Teil des türkischen Staatsapparats mit Zielrichtung auf türkische Staatsbürger im Ausland.
Einzelnachweise
- ↑ Wikipedia: Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion, Version vom 5. Januar 2017
- ↑ Wikipedia: Diyanet İşleri Başkanlığı, Version vom 3. Januar 2017
- ↑ Geschäftsordnung des Koordinationsrates der Muslime in Deutschland, religion-recht.de im August 2010
- ↑ Geschäftsordnung mit den Unterschriften der Unterzeichner[ext]
- ↑ Einheit durch den KRM - Illusion oder Chance? Wer koordiniert die Position der Muslime wirklich, will Khalil Breuer wissen, Islamische Zeitung am 8. Oktober 2008
- ↑ Volker Beck: Fahrplan zur Integration, Die Tageszeitung am 16. April 2007
- ↑ Wikipedia: Koordinationsrat der Muslime in Deutschland, Version vom 16. Oktober 2016
- ↑ Stefan Muckel[wp], Professor für Öffentliches Recht und Kirchenrecht, ein bekannter Gutachter über islamische Organisationen, auch über die DITIB, sagt zur Satzung: Die Abhängigkeit vom türkischen Religionspräsidium Diyanet ist eindeutig. - Nach Deutschlandfunk am 11. Januar 2017
- ↑ "Nach offiziellen Statistiken sind etwa 99 % der türkischen Bevölkerung Muslime, davon sind ca. 82 % Sunniten, 16 % Aleviten und 1-2 % Alawiten. Außerdem leben in der Türkei 0,2 % Christen (125.000) und 0,04 % Juden (23.000). Die Zahlen sind nur bedingt aussagekräftig, weil jeder Einwohner der Türkei, wenn er nicht explizit als einer anderen Religion zugehörig eingestuft, automatisch als Muslim erfasst wird. Ein Gegenstück zum Kirchenaustritt gibt es nicht, sodass auch Atheisten, Agnostiker sowie andere keiner Religionsgemeinschaft angehörende Bürger in der amtlichen Statistik als Muslime erfasst werden. Die genaue Anzahl der Muslime und der konfessionslosen Einwohner ist daher nicht bekannt." - Nach Wikipedia: Türkei - Abschnitt "Religionen", Version vom 16. Juni 2016
- ↑ "Die ethnische Zusammensetzung der Bevölkerung in der Türkei ist nicht exakt feststellbar. Bei offiziellen Volkszählungen wird die ethnische Zugehörigkeit nicht erfasst. Hinzu kommt, dass sich seit Jahrhunderten die verschiedensten Volksgruppen mischen, sodass die Zurechnung zu einer Volksgruppe vielfach schwerfällt. Die Angaben zu den Ethnien differieren stark, je nachdem, welche Quellen herangezogen werden. Demnach leben in der Türkei folgende Ethnien: 70 bis 77 % Türken, 14 bis 18 % Kurden, 4 % Zaza, 2 % Tscherkessen, 2 % Bosniaken, 1,5 % Araber, 1 % Albaner, 1 % Lasen, 0,1 % Georgier sowie diverse andere ethnische Gruppen und Nationalitäten wie Armenier/Hemşinli, Bulgaren/Pomaken, Aramäer, Tschetschenen, Griechen/Pontier, Juden und Roma." - Nach Wikipedia: Türkei - Abschnitt "Ethnien", Version vom 16. Juni 2016
- ↑ Hetze in Ditib-Gemeinden gegen Andersgläubige, "defacto" (HR) am 29. Januar 2017
- ↑ Neue schwere Vorwürfe gegen Ditib: Schürt Moscheeverein Hass auf Juden und Christen?, Focus am 30. Januar 2017
- ↑ "Warum schweigen die Lämmer? Psychologie, Demokratie und Empörungsmanagement" - Techniken des Meinungs- und Empörungsmanagements (Vortrag an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel am 22. Juni 2015) (Länge: 22:30-23:45 Min.) - (leicht gekürztes) Transskript
Querverweise