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Lettland

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Lettland (lettisch Latvija, amtlich Republik Lettland, lettisch Latvijas Republika) ist ein baltischer Staat und Mitglied der EU und des Kriegsbündnisses NATO. Die Hauptstadt und größte Stadt Lettlands ist Riga[wp].

Erste Unabhängigkeit nach dem Ersten Weltkrieg

Lettland erklärte nach dem Ersten Weltkrieg[wp] am 18. November 1918 die Unabhängigkeit und konnte diese im Lettischen Unabhängigkeits­krieg[wp] durchsetzen. In den 1920er Jahren erlebte Lettland eine wirtschaftliche und kulturelle Blüte. Allein im Jahre 1922 wurden 300 kommunale Bibliotheken eröffnet. Bei der Anzahl der veröffentlichten Bücher (bezogen auf die Einwohnerzahl) stand Lettland - nach Island - in Europa an zweiter Stelle. Am 7. November 1922 trat die noch heute gültige Verfassung der Republik Lettland[wp] in Kraft. Lettland trat auch dem Völkerbund bei. Die Minderheits­gesetzgebung war für die damalige Zeit sehr tolerant; der Staat unterhielt Schulen, in denen in sieben Minderheiten­sprachen unterrichtet wurde.

Nichtbürgerstatus

Alle jene, die keine lettische, aber auch keine andere Staatsbürgerschaft besitzen, gelten in Lettland - anders als in anderen Ländern - nicht als Staatenlose[wp], sondern als "Nichtbürger".

Nach der Wiederherstellung der Unabhängigkeit 1991 erhielten nur diejenigen Einwohner die lettische Staatsbürgerschaft[wp], die entweder 1940 (vor der sowjetischen Besetzung Lettlands) schon lettische Staatsbürger gewesen waren oder direkte Nachkommen solcher Personen sind, sowie diejenigen, die die lettische Staatsbürgerschaft beantragten und die Voraussetzungen dafür erfüllten. Fast allen, die in der Zeit zwischen der sowjetischen Besetzung Lettlands 1940 und 1991 zugewandert waren (1995 etwa 30 % der Bevölkerung), wurde 1995 der Nichtbürgerstatus zuerkannt. Am 1. Juli 2023 lag der Anteil der Nichtbürger bei 9,3 % der Bevölkerung.

Der lettische Staat garantiert seinen Nichtbürgern weitaus umfangreichere Rechte als Staatenlosen nach dem Staatenlosen­übereinkommen vom 28. September 1954. Somit sind die Nichtbürger Lettlands de facto keine Staatenlosen. Bis auf einige Einschränkungen genießen die Nichtbürger die gleichen Rechte wie die Staatsbürger. So dürfen die Nichtbürger beispielsweise einige für die Staatssicherheit relevante Berufe nicht ausüben, können nicht Staatsbeamte werden und sind vom aktiven und passiven Wahlrecht ausgeschlossen.

Das für die Nichtbürger seit dem 1. Februar 1995 gültige Einbürgerungs­verfahren ("Naturalisierung") besteht aus einem Sprachtest sowie einer Prüfung in lettischer Geschichte und Verfassungskunde. Somit müssen diejenigen, die die Einbürgerung beantragen, die Landessprache beherrschen, sowie über Grundkenntnisse der Kultur und Geschichte des Landes verfügen.

Teils aus Desinteresse (35 %), teils wegen des fortgeschrittenen Alters (24,9 %) oder der als zu anspruchsvoll empfundenen Prüfungen (11,4 %), teils aus Widerwillen und Opposition gegen den Inhalt des Examens (4,5 %) haben sich einige Angehörige der russisch­sprachigen Bevölkerungs­gruppen (neben Russen auch Belarussen und Ukrainer) nicht einbürgern lassen.

Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Zweiten Weltkrieg

In der Endphase des Zweiten Weltkrieges[wp] wurde das Gebiet von Lettland von der Roten Armee[wp] erobert und erneut als Lettische SSR[wp] der Sowjetunion[wp] angegliedert. Während der deutschen Besatzungszeit im Zweiten Weltkrieg kam es auch in Lettland zu zahlreichen Massenverbrechen. Etwa 80.000 Letten gehörten der lettischen SS-Legion[wp] an, weitere 30.000 wurden in der lettischen Polizei eingesetzt. Beide Gruppen waren an den zahlreichen Verbrechen gegen die Menschlichkeit beteiligt. Eine Hauptrolle bei der "Endlösung der Judenfrage" spielte das von Viktor Arajs[wp] geführte 400-köpfige Mord-Kommando, dem etwa 30.000 jüdische Letten zum Opfer fielen.

Kooperation mit dem nationalsozialistischen Deutschland

Während des Zweiten Weltkrieges wurden nach der deutschen Besetzung Lettlands 1941 lettische Freiwillige[1] aufgerufen, sich dem deutschen Krieg gegen die Sowjetunion[wp] anzuschließen. Später unterlagen alle lettischen Männer der Wehrpflicht und dienten in deutschen oder lettischen Verbänden. Insgesamt standen etwa 160.000 Letten während des Krieges in deutschen Diensten, wobei die Mehrheit von ihnen zur Waffen-SS gehörte, in die sie freiwillig eintraten oder aber zwangseinberufen wurden.[2]

Hauptartikel in Wikipedia: Lettische SS-Verbände

Das Erweiterte Polizeigefängnis und Arbeitserziehungslager Salaspils wurde Ende 1941 18 Kilometer südöstlich von Riga errichtet. Es wurde auch als Lager Kurtenhof nach einem Gutshof nördlich von Salaspils geführt. Es war Teil des deutschen Konzentrations­lager[wp]-Komplexes, in dem die Gefangenen unter unmenschlichen Bedingungen Zwangsarbeit zu verrichten hatten. Obwohl formal gesehen nicht der Inspektion der Konzentrationslager unterstehend, findet sich häufig auch die Bezeichnung KZ Salaspils.

Neueren Forschungen zufolge haben etwa 23.000 Häftlinge in der Zeit seines Bestehens das Lager durchlaufen. Wobei etwa die Hälfte der Zahl auf kurzfristige "Transit­gefangene" aus Anti-Partisanen­operationen (insbesondere Operation Winterzauber[wp] in Weißrussland und Operation Sommerreise in Latgale) entfällt. Neben den deutsch-jüdischen Opfern während der Aufbauphase kamen weitere 2.000 bis 3.000 Menschen hier um, wobei der Anteil von Kindern und Jugendlichen aus den "Bandengebieten" besonders hoch sein soll. Als Teil des deutschen Konzentrations­lager-Komplexes folgte für viele dem Aufenthalt in Salaspils die Überstellung in andere Lager, wo sie dann den Tod fanden.[3]

Hauptartikel in Wikipedia: KZ Salaspil

Während des Massakers von Rumbula wurden im Wald von Rumbula Ende 1941 an nur zwei Tagen über 26.000 lettische sowie 1053 Berliner Juden ermordet.[4]

Hauptartikel in Wikipedia: Massaker von Rumbula

Das Ghetto von Riga war ein kleiner, abgesperrter Bereich in der Maskavas forštate[wp] (Moskauer Vorstadt) der lettischen Hauptstadt Riga, in dem deutsche Besatzer während des Zweiten Weltkriegs ab 1941 Juden internierten. Fast alle wurden - innerhalb des provisorischen Konzentrations- oder Sammel­lagers bzw. in den angrenzenden Wäldern oder benachbarten Konzentrations­lagern - im Rahmen des Holocausts (der Schoah) ermordet. Im sogenannten Ghetto Riga waren auf engstem Raum zunächst lettische Juden zwangsuntergebracht. Ab Ende 1941 wurden auch Juden in Zügen aus dem Deutschen Reich dorthin deportiert.

Hauptartikel in Wikipedia: Ghetto Riga

Umgang mit der Geschichte

Seit der Restitution der Unabhängigkeit Lettlands[wp] wurden die "Legionäre" von Teilen der lettischen Bevölkerung als Freiheits­kämpfer angesehen und geehrt, da sie einem populären Narrativ nach sich nicht primär als Kollaborateure des national­sozialistischen Deutschlands betätigt, sondern ausschließlich aus einem antikommunistischen und national­patriotischen Motiv gegen die UdSSR in deren Eigenschaft als repressive Okkupationsmacht gekämpft hätten. Bis in die unmittelbare Gegenwart führen die Veteranen und Sympathisanten der ehemaligen "Lettischen Legion" jedes Jahr organisiert von der Veteranen­vereinigung Daugavas Vanagi[wp] (Düna-Falken) am 16. März durch die Innenstadt von Riga einen Gedenkmarsch durch. Im Jahr 2012 beteiligten sich rund 1500 Menschen, meist aus der Generation der Kinder und Enkel, an dem Aufmarsch, der von der Veteranen­vereinigung, von einem nationalistischen Jugendverband und der Partei Alles für Lettland[wp] organisiert wird. Der damalige Staatspräsident Andris Bērziņš[wp] äußerte 2012 in einer öffentlichen Rede, dass Angehörige der Titularnation[wp] sich vor den Legionären verneigen müssten, weil dieselben "für ihr Vaterland" gekämpft hätten.[5]

Wiedererlangung der Unabhängigkeit nach dem Zerfall der Sowjetunion

Am 4. Mai 1990 beschloss der Oberste Rat der LSSR die "Wiederherstellung der Unabhängigkeit". Der Parlaments­beschluss konnte jedoch erst nach dem Scheitern des Putsches gegen Gorbatschow[wp] am 21. August 1991 de facto wirksam werden, der nun auch staatsrechtlich den Zerfall der Sowjetunion[wp] einleitete. 2004 wurde die Republik Lettland Mitglied der Europäischen Union und trat dem NATO-Angriffsbündnis bei.

Kultur

Lettland wird kulturell vor allem nordeuropäisch beeinflusst. Die Altstädte weisen die typischen im Raum der Hanse[wp] verbreiteten architektonischen Stilelemente auf. Auch die aktuelle lettische Kultur besitzt vielfältige Bezüge zu Schweden und Finnland, vor allem aber zum norddeutschen[wp] Kulturraum.

Geographie

Lettland befindet sich im Zentrum des Baltikums[wp], dessen Zuordnung umstritten ist, weil hierbei neben geographischen Kriterien auch historisch-kulturelle und politische Aspekte zu berücksichtigen sind. So wird das Baltikum sowohl Nordeuropa als auch Mitteleuropa, Osteuropa und Nordosteuropa zugeordnet. Die Republik Lettland hat eine Fläche von 64.589 km² und ist flächenmäßig etwas etwas kleiner als Bayern[wp].

Bevölkerung

Demographie

Graphik mit drei Kurven, die von der niedrigsten Anzahl der Letten zu den Russen und anderen Nationen aufsteigen. Auf der x-Achse gehen die Jahreszahlen von 1920 bis 2015.
Lettische Bevölkerung seit 1920

Lettland hatte 2020 1,9 Millionen Einwohner. Durch die massive Massenmigration aus anderen Republiken der Sowjetunion während der Zeit der Okkupation von 1944 bis 1990 stieg die Einwohnerzahl Lettlands von 1,9 Millionen auf fast 2,7 Millionen an. Seitdem ist die Bevölkerung Lettlands erst aufgrund des Abzugs der sowjetischen Armee­angehörigen und deren Familien­angehörigen nach Russland und andere Nachfolge­staaten der UdSSR, dann auch wegen niedriger Geburtenraten und einer hohen Auswanderungs­quote massiv gesunken. Sie nahm von 1989 bis 2011 um fast 600.000 Menschen ab. 2014 sank die Einwohnerzahl erstmals unter zwei Millionen, womit sie sich auf dem Stand der 1930er Jahre befindet.

Bevölkerungsstruktur

Nach dem Sachstand von 2023 gibt es neben der lettischen Mehrheit (62,4 % der Bevölkerung) eine bedeutende russische Minderheit (23,7 %). Deutlich kleinere ethnische Minderheiten in Lettland sind Belarussen (3 %) und Ukrainer (3 %), die meist ebenfalls Russisch sprechen, sowie Polen (2 %) und Litauer (1 %). Hinzu kommen kleinere Minderheiten von Esten, Deutschen, Roma und Tataren[wp].

Literatur

Einzelnachweise

Netzverweise

  • Wikipedia führt einen Artikel über Lettland
  • Thomas Röper: Der Spiegel verteidigt das lettische Rassengesetz, Anti-Spiegel am 2. Februar 2024
    Anreißer: In Lettland werden ethnische Russen (Anmerkung: Jeweils ein Drittel der so genannten Nichtbürger sowohl in Lettland als auch Estland sind russisch­sprachige Weißrussen, Ukrainer, Juden und Tataren), die ihr Leben lang dort leben, die vollen Bürgerrechte verweigert. Nun sollen sie sogar zwangsweise aus dem Land vertrieben werden. Der Spiegel findet das in Ordnung und die angeblich auf Menschenrechte bedachte EU hat nichts zu kritisieren.