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Virginia Woolf

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Virgina Woolf
Virginia Woolf, Fotographie von George Charles Beresford, 1902
Gelebt 25. Januar 1882–28. März 1941
Beruf Autor

Virginia Woolf [vəˈdʒɪnjə wʊlf] (geboren Adeline Virginia Stephen, 1882-1941) war eine britische Schriftstellerin und Verlegerin. Sie entstammte einer wohlhabenden Intellektuellen-Familie, die zahlreiche Kontakte zu Literaten hatte. Als Jugendliche erlebte sie die geellschaftlichen Beschränkungen für Mädchen und Frauen der Viktorianischen Zeit[wp]. Sie war früh als Literatur­kritikerin und Essayistin tätig und begann ihre Karriere als Romanautorin im Jahr 1915 mit der Veröffentlichung des Romans The Voyage Out[wp] ("Die Fahrt hinaus"). Ende der 1920er Jahre war sie eine kommerziell erfolgreiche und international bekannte Schriftstellerin. Woolf wurde in den 1970er Jahren wiederentdeckt, als ihr Essay A Room of One's Own ("Ein Zimmer für sich allein"[wp]) aus dem Jahr 1929 zu einem der meistzitierten Texte der neuen Frauenbewegung wurde.[1] Mit ihrem avantgardistischen[wp] Werk zählt sie neben Gertrude Stein[wp] zu den bedeutendsten Autorinnen der klassischen Moderne[wp].

Leben

Familie und Umfeld

Virginia Woolf war die Tochter des Schriftstellers, Historikers, Essayisten, Biographen und Bergsteigers Leslie Stephen (1832-1904) und dessen zweiter Ehefrau Julia Stephen (1846-1895). Sie hatte drei Geschwister: Vanessa Stephen (1879-1961), Thoby Stephen (1880-1906) und Adrian Stephen (1883-1948). Hinzu kamen die Halbschwester Laura Makepeace Stephen (1870-1945) aus der ersten Ehe ihres Vaters mit Harriet Marion Thackeray (1840-1875) sowie die Halbgeschwister George Herbert Duckworth (1868-1934), Stella Duckworth (1869-1897) und Gerald Duckworth (1870-1937) aus der ersten Ehe ihrer Mutter mit Herbert Duckworth (1833-1870). Die intellektuelle und künstlerische Elite der Zeit, wie beispielsweise Alfred Tennyson[wp], Thomas Hardy[wp], Henry James[wp] und Edward Burne-Jones[wp], besuchte Leslie Stephens Salon.

Gesundheit

Psychoanalytiker und Biographen beschreiben, dass ihre Halbgeschwister Gerald und George Duckworth Virginia missbraucht oder zumindest öfter unsittlich berührt hätten und damit einen der Auslöser ihrer manisch-depressiven Erkrankung gesetzt haben könnten, die heute unter Bipolare Störung[wp] firmiert. Virginia selbst hat entsprechende Erlebnisse in ihrem autobiographischen Text A Sketch of the Past ("Skizzierte Erinnerungen") der rigiden viktorianischen Zeit gemäß nur angedeutet. Hermione Lee schreibt in ihrer Biographie über Virginia Woolf: "Das Beweismaterial ist stark genug, aber auch vieldeutig genug, um widersprüchlichen psycho­biographischen Deutungen den Weg zu ebnen, die ganz unterschiedliche Darstellungen von Virginia Woolfs Innenleben zeichnen." Andere, eher unter einem psychiatrischen Blickwinkel arbeitende Wissenschaftler, weisen auf die genetische Prädisposition[wp] ihrer Familie hin. So war von Virginias Vater bekannt, dass er vor allem nach dem Tod seiner Ehefrau unter Anfällen von Selbstzweifeln und Überlastungs­symptomen litt, die sich in hartnäckigen Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit, Reizbarkeit und Angstzuständen äußerten; über ähnliche Beschwerden klagte später auch die Tochter.

Am 22. Februar 1904 starb der Vater an Krebs. Damit ging für Virginia ein Zeitabschnitt zu Ende, der geprägt war vom kräftezehrenden Umgang mit der schwierigen Persönlichkeit Leslies. Begonnen hatten die Strapazen für Virginia und Vanessa bereits 1897 mit dem Tod von Virginias Halbschwester Stella, die für Leslie gewissermaßen die Rolle der umsorgenden Ehefrau angenommen hatte. Zehn Wochen nach dem Tod des Vaters erlitt Virginia ihre zweite psychische Krankheitsepisode, von der sie sich erst Ende des Jahres erholen konnte.

Virginia Woolf hatte seit ihren Kindertagen und ab 1915 systematisch Tagebuch geführt. Aus den Tagebüchern und Briefen geht hervor, dass Virginia beim Schreiben ihrer Texte unter Depressionen litt, beispielsweise während der Arbeit an Mrs Dalloway: "[...] Und dann habe ich wieder, je weiter das Manuskript anwächst, die alte Angst davor. Ich werde es lesen & blaß finden. [...] Doch wenn dieses Buch etwas beweist, dann dass ich nur auf diese Art schreiben kann & und immer dabei bleiben werde, jedoch immer weiter erkunde & mich Gottlob keinen Augenblick langweilen werde. Aber diese leichte Depression - woher kommt sie?" Ein ähnlich schwaches Selbstvertrauen zeigte sie anlässlich des Erscheinens ihrer Bücher. Oft löste die Furcht vor negativer Kritik und Unsicherheit über ihr eigenes Werk Krankheitsschübe aus.

Bloomsbury Group

Die Stephen-Geschwister zogen im Jahr 1905 von Kensington in den Stadtteil Bloomsbury in das Haus am Gordon Square 46. Hier begann Thoby, den Donnerstag als Jour fixe[wp] für eine Zusammenkunft mit seinen Freunden zu etablieren. Mit diesem Brauch war der Grundstein der Bloomsbury Group gelegt, der zum Teil aus Mitgliedern der Cambridge Apostles bestand. Zu diesem Zirkel gehörten neben Virginia Literaten wie Saxon Sydney-Turner, David Herbert Lawrence, Lytton Strachey, Leonard Woolf, Maler wie Mark Gertler, Duncan Grant, Roger Fry und Virginias Schwester Vanessa, Kritiker wie Clive Bell und Desmond MacCarthy sowie Wissenschaftler wie John Maynard Keynes und Bertrand Russell.

Virginia war dankbar, in diesem intellektuellen Kreis - Vanessa und sie waren neben Mary MacCarthy die einzigen Frauen - in Diskussionen mitwirken und sich aus den moralischen Fesseln ihrer Erziehung befreien zu können.

Vanessa heiratete Clive Bell 7. Februar 1907. Sie blieben im Haus am Gordon Square, während Virginia und Adrian Stephen in das Haus am Fitzroy Square 29 umzogen, das ebenfalls im Stadtteil Bloomsbury gelegen war. Der Jour fixe der "Bloomsberries" hatte dadurch zwei Stützpunkte; Vanessa Bells Salon war anfangs der progressivere. Das englische Spießertum war der Gegner, den sie gemeinsam bekämpfen wollten, in der Literatur, der Kunst und in der Sexualität.

Im Sommer 1909 machte Virginia die Bekanntschaft von Lady Ottoline Morrell, einer Aristokratin und Kunstmäzenin. Diese schloss sich dem Bloomsbury-Kreis an und faszinierte durch ihre extravagante Erscheinung. Ihr exotischer Lebensstil beeinflusste die Gruppe, sodass die Mitglieder gerne der Einladung folgten, donnerstags um zehn Uhr in ihr Haus am Bedford Square zu kommen, wo sich Besucher wie D. H. Lawrence und Winston Churchill im Salon einfanden. 1915 wurde auch ihr Haus Garsington Manor bei Oxford zum Treffpunkt der "Bloomsberries". Virginia setzte Ottoline Morrell in ihrem Roman Mrs Dalloway, den sie als "Garsington novel" bezeichnete, ein literarisches Denkmal.

Heirat

Im Januar 1912 machte Leonard Woolf auf Anraten Lytton Stracheys Virginia einen Heiratsantrag. Er hatte sich vom Kolonialdienst beurlauben lassen und war im Juni 1911 nach England zurückgekehrt. Sie zögerte und erlitt erneut einen depressiven Krankheitsschub, der die Aufnahme in das Krankenhaus von Twickenham erforderlich machte. Leonard durfte sie nicht besuchen. Vier Monate später willigte sie ein, obgleich, wie sie an Leonard schrieb, er auf sie keine körperliche Anziehungskraft ausübe. Sie liebe ihn nach bestem Vermögen. Seine Liebe zu ihr gab den Ausschlag für ihre Einwilligung.

Leonard schied aus dem Kolonialdienst aus und ging verschiedenen Gelegenheitsarbeiten nach; beispielsweise war er Sekretär seines Bloomsbury-Freundes, des Malers Roger Fry, und organisierte für ihn die zweite Post-Impressionisten-Ausstellung in den "Grafton Galleries". Anschließend fand er eine Tätigkeit bei der "Charity Organisation Society" und arbeitete als Rezensent politischer Bücher beim "New Statesman". 1913 veröffentlichte er seinen ersten Roman, The Village and the Jungle, in dem er seine Erfahrungen im Kolonialdienst verarbeitete.

Ein Arzt riet den jungen Eheleuten von Kindern ab - die Gesundheit Virginias sei zu schwach. Ihre Depressionen wurden stärker, und am 9. September 1913 unternahm Virginia ihren ersten Suizidversuch mit Schlaftabletten. Dennoch bezeichnete sie ihre Ehe als glücklich - in Leonard hatte sie einen verständnisvollen und gebildeten Ehemann gefunden, der ihre zärtlichen Beziehungen zu anderen Frauen mit Gelassenheit sah und ihre Frigidität ihm gegenüber ertragen konnte.

Krieg

Der Ausbruch des Ersten Weltkriegs im August 1914 brachte außer einer Verknappung der Lebensmittel keine Belastung für das junge Ehepaar, das Leben ging weiter, als wäre nichts geschehen.

Monk's House

Virginia und Leonard Woolf, erwarben Monk's House[wp] - ein Cottage aus dem 18. Jahrhundert - im Jahr 1919. Sie empfingen dort viele Mitglieder der Bloomsbury Group wie T. S. Eliot, E. M. Forster, Roger Fry und Lytton Strachey. Virginia Woolfs Schwester, die Malerin Vanessa Bell, wohnte mit Duncan Grant im nahe gelegenen Charleston Farmhouse in Firle ab 1916. Beide Häuser wurden auf unterschiedliche Weise Außenposten der Bloomsbury Group.

1922 erschien ihr Roman Jacob's Room ("Jacobs Zimmer") in dem sie mit der Technik des inneren Monologs arbeitete und mit diesem Konzept die konventionelle Erzähltechnik brach. Der Protagonist Jacob ähnelt stark ihrem verstorbenen Bruder Thoby. Das Buch wurde ein Verkaufserfolg, brachte der Autorin Anerkennung in der literarischen Avantgarde­szene und Einladungen von bedeutenden Persönlichkeiten. Leonard Woolf wurde Feuilleton­redakteur bei der Wochenzeitschrift Nation und konnte auf diese Weise zum gemeinsamen Einkommen beitragen.

Mrs Dalloway, Zum Leuchtturm

1924 zog das Ehepaar Woolf wieder nach Bloomsbury zurück und mietete Verlagshaus und Wohnung am Tavistock Square 52. Im selben Jahr veröffentlichte Virginia ihren vielbeachteten Essay Mr Bennett and Mrs Brown, der zur kritischen Abrechnung mit der tradierten Erzählkunst geriet und konzeptionell ihren wohl bedeutendsten Roman Mrs Dalloway einleitete, der 1925 herauskam. Ursprünglich sollte der Roman The Hours heißen wie der spätere Film von Stephen Daldry. Innovativ war daran die Erzähltechnik des Stream-of-consciousness ("Bewusstseinsstrom"), mit der sie das Geschehen durch die Gedankenwelt, die Stimmungen und Eindrücke der verschiedenen Romanfiguren darstellte. Diese Methode hatte sie im Ansatz bereits in Jacob's Room erprobt, hier jedoch perfektioniert. Ebenfalls 1925 erschien ihre Essaysammlung The Common Reader, in der bereits publizierte Essays und Rezensionen gemeinsam mit neuen Arbeiten veröffentlicht wurden, wie beispielsweise der Essay über den zeitgenössischen amerikanischen Roman.

Nach dem Erscheinen von Mrs Dalloway begann Virginia am 6. August 1925 mit der Niederschrift des Romans To the Lighthouse ("Zum Leuchtturm"), den sie, unterbrochen von depressiven Schüben, im Januar 1927 vollenden konnte. Sie wollte das Werk ursprünglich als "Elegie" und nicht als "Roman" bezeichnen. Leonard nannte ihn ein Meisterwerk, und auch sie war mit ihrer Arbeit zufrieden: "Du liebe Zeit, wie schön manche Stellen von The Lighthouse sind! Weich & geschmeidig, & tief, meine ich, & kein einziges falsches Wort, seitenlang manchmal."[26] Zum Leuchtturm ist ein autobiographischer Roman, der sich mit der Geschichte der Stephen-Familie befasst. Die Niederschrift kam einer Psychoanalyse nahe, die Therapie bestand im Erzählen und bannte die Herrschaft der Eltern über sie. Es ist eine Art Geistergeschichte, die Geschichte eines verwunschenen Hauses, des Talland House in St Ives, obwohl der Roman auf der Isle of Skye angesiedelt ist. Die dunklen Gefühle der Protagonistin Mrs Ramsay über Einsamkeit und Tod waren auch Virginias Gefühle.

Orlando

Im Frühjahr und Sommer 1928 unternahmen Virginia und Vita eine längere Reise durch Frankreich. Im Oktober desselben Jahres erschien Orlando[wp].[2] Die Hauptfigur Orlando lebt vom 16. bis ins 20. Jahrhundert, wechselt im Erwachsenenalter ihr Geschlecht vom Mann zur Frau und ist am Ende der Zeitreise eine Dichterin. Dieser humorvolle Roman gilt als Virginias Liebeserklärung an Vita Sackville-West[wp], deren Persönlichkeit sich in Orlando spiegelt. Historische Details entnahm Virginia aus Vitas 1922 veröffentlichtem Buch Knole and the Sackvilles, in dem Vitas Geburtshaus, das Knole House in Kent und die Geschichte der Sackvilles geschildert wird. Virginia selbst beschreibt das Buch als heiter und schnell lesbar; es zu verfassen war Urlaub für sie als Schriftstellerin und bereitete ihr nicht die Mühen anderer Werke. In Nigel Nicolsons Biographie seiner Eltern umschreibt er Orlando als "den längsten und charmantesten Liebesbrief in der Literatur".

Ein Zimmer für sich allein

Der Essay A Room of One's Own ("Ein Zimmer für sich allein" bzw. "Ein eigenes Zimmer") wurde 1928 geschrieben und im Oktober 1929 veröffentlicht. Die gescheite und witzige Abhandlung über die bedrückenden Bedingungen, unter denen Frauen in der Vergangenheit Literatur produzieren mussten, und in der Woolf William Shakespeares[wp] fiktive dichtende Schwester Judith Shakespeare beschreibt, wurde zu einem der meistzitierten Texte der Frauenbewegung:

"[...] Und wenn jede von uns fünfhundert [Pfund] im Jahr hat und ein Zimmer für sich allein; wenn wir an die Freiheit gewöhnt sind und an den Mut, genau das zu schreiben, was wir denken; [...] dann wird diese Gelegenheit kommen und die tote Dichterin, die Shakespeares Schwester war, wird den Körper annehmen, den sie so oft abgelegt hat."

Das seien die materiellen Grundvoraussetzungen, unter denen Frauen genau so erfolgreich Literatur produzieren könnten wie Männer.[3] Außerdem formulierte sie darin einige Ansichten über künstlerische Kreativität, die ihr eigenes Schreiben leiteten. Das Buch wurde ein Erfolg; innerhalb eines halben Jahres wurden in England und Amerika 22.000 Exemplare verkauft.

Die Komponistin und Suffragette Ethel Smyth bat im Januar 1930 anlässlich der Veröffentlichung von A Room of One's Own um Virginias Mitwirkung bei einer BBC-Sendung mit dem Titel Point of Views und erklärte ihre Bewunderung für den Essay als wichtigen Beitrag zur Emanzipations­bewegung. Es kam zu einer persönlichen Beziehung und ausgedehntem Briefwechsel mit der um 24 Jahre älteren Ethel Smyth. Zu diesem Zeitpunkt zog Vita Sackville-West nach Sissinghurst und widmete sich mit ihrem Mann Harold Nicolson der Ausgestaltung ihres später weltberühmten Gartens.

Die Wellen und Flush

1931 erschien The Waves (Die Wellen), das nach Mrs Dalloway und To the Lighthouse den dritten und letzten ihrer so genannten experimentellen Romane bildet. Virginia hatte Die Wellen gleichzeitig mit dem Roman Zum Leuchtturm konzipiert und parallel daran geschrieben, unterbrochen durch die Niederschrift von Orlando. Die Arbeit daran geriet zu einer fast unerträglichen Anstrengung, die sie gesundheitlich sehr belastete. Das Buch spannt in einer Montagetechnik den Bogen über sechs Menschenleben, von der Kindheit bis zum Alter, eingefügt in den Ablauf eines schönen Sommertages. Das Lesepublikum akzeptierte im Gegensatz zu den Kritikern Die Wellen vorbehaltlos, und nach einem Monat konnte bereits die zweite Auflage gedruckt werden.

Die Romanbiographie Flush aus dem Jahr 1932, die von den Abenteuern des Cockerspaniels der Schriftstellerin Elizabeth Barrett Browning in London und Florenz berichtet, ist eine Mischung aus einigen Fakten und viel Phantasie. Flush hatte die höchste Erstauflage aller ihrer Werke und erreichte nach wenigen Monaten eine Auflage von je 50.000 Exemplaren in England und den Vereinigten Staaten.

Die Jahre und Drei Guineen

Den Rest des Jahres 1926 verbrachte das Ehepaar Woolf auf einer Europareise, die Virginia von ihrer erneuten psychischen Erkrankung heilen sollte.

Virginias nächster Roman - ihr umfangreichstes Werk - The Years ("Die Jahre"), die Geschichte der Offiziers­familie Pargiter und die Lebensläufe ihrer vier Töchter, erschien im Jahr 1937; die Arbeit daran hatte sie bereits im Oktober 1932 unter dem Arbeitstitel The Pargiters begonnen. Sie kehrte in der unkomplizierten Erzählweise in die Tradition englischer Romane zurück, derer sie sich seit Nacht und Tag nicht mehr bedient hatte. Das Schreiben fiel ihr schwer, und die Veröffentlichung setzte sie unter Druck. Die Jahre wurde jedoch ein Verkaufserfolg; die englische Ausgabe erschien in einer Auflage von 18.000 Exemplaren, in Amerika wurde er ein Bestseller mit 50.000 verkauften Exemplaren im ersten Jahr.

Das von Virginia gesammelte analytische Material über Frauenfeindlichkeit der Gesellschaft floss nicht nur in The Years ein, sondern fand sich auch in dem feministischen Essay Three Guineas ("Drei Guineen") wieder, der im Juni 1938 erschien. In diesem Essay bringt sie kurz vor dem Zweiten Weltkrieg die patriarchalische Gesellschaftsform mit Militarismus, Faschismus und Krieg in Verbindung. Der Arbeitstitel für den bereits 1935 geplanten Essay lautete On Being Despised ("Wenn man verachtet wird"). Virginia wollte keine Integration der Frau, sondern eine Gleichstellung der Geschlechter: "Wir stehen ein für die Rechte aller - aller Männer und Frauen - auf Respektierung der großen Prinzipien Gerechtigkeit, Gleichheit und Freiheit in ihrer Person". Ihre Freunde hielten den Essay für unnötig polemisch, da es ihm an Humor mangele, doch er sollte einen weiteren Meilenstein in der Bekämpfung des Sexismus setzen.

Zweiter Weltkrieg und Tod

Nach der Kriegserklärung des Vereinigten Königreichs an Deutschland am 3. September 1939 beschlossen die Woolfs, künftig im Monk's House zu leben und nur noch zweimal monatlich zum Verlag nach London zu fahren. Im September 1940 wurde das Haus am Mecklenburgh Square 37, in dem sich seit 1939 ihre Londoner Wohnung befand und ebenfalls die Hogarth Press ihren Sitz hatte, bei einem Luftangriff der deutschen Luftwaffe durch Bomben schwer beschädigt.

Im Mai 1940, nach dem Überfall Deutschlands auf die Niederlande und Belgien, fassten die Woolfs den Vorsatz, gemeinsam aus dem Leben zu gehen, falls es zu einer deutschen Invasion Großbritanniens kommen sollte, da Leonard Woolf Jude und Sozialist war.

Am 25. Juli 1940 erschien Virginia Woolfs Biographie über den bereits 1934 verstorbenen Maler und Galeristen Roger Fry, den Freund aus der Bloomsbury-Zeit. Nachdem sie 1941 ihren letzten Roman Between the acts ("Zwischen den Akten") abgeschlossen hatte, fiel sie erneut in eine tiefe Depression. Sie fürchtete, die psychotischen Episoden der Vergangenheit würden sich wiederholen, in denen sie Stimmen hörte und unfähig war, zu arbeiten und zu lesen. Am 27. März 1941 brachte Leonard Woolf seine Frau zu einer befreundeten Ärztin nach Brighton, um die Behandlungs­möglichkeiten zu besprechen. Einen Tag darauf, am 28. März, beging Virginia im Fluss Ouse bei Rodmell nahe Lewes ihren Suizid. Da sie sehr gut schwimmen konnte, packte sie einen großen Stein in ihren Mantel, um eine eventuelle Selbstrettung zu verhindern. Ihre Leiche wurde erst nach drei Wochen, am 18. April, gefunden. Virginia Woolf hinterließ zwei Abschiedsbriefe, einen an ihre Schwester Vanessa und einen an ihren Ehemann. Dieser Brief begann mit dem Satz:

"Liebster, ich spüre mit Sicherheit, dass ich wieder verrückt werde."

Der Schluss lautete:

"Alles, außer der Gewissheit Deiner Güte, hat mich verlassen. Ich kann Dein Leben nicht länger ruinieren. Ich glaube nicht, dass zwei Menschen glücklicher hätten sein können, als wir gewesen sind."

Leonard Woolf begrub ihre Asche unter den zwei großen Ulmen im Garten, deren Äste verschlungen waren und von ihnen Leonard und Virginia genannt wurden.

Rezeption

[...]

Virginia Woolfs Werk wurde zu ihren Lebzeiten über den Kreis von Schriftstellern des englisch­sprachigen Kulturraums hinaus kaum bekannt. Seit den 1970er Jahren inspirierte es zunehmend verschiedene soziale und emanzipatorische Bewegungen in Europa und in den USA; infolgedessen fanden das literarische Werk und seine Autorin zunehmend das Interesse der Öffentlichkeit.

Der meistzitierte Text der neuen Frauenbewegung, Woolfs Essay A Room of One's Own aus dem Jahr 1929 wurde erst 1978 ins Deutsche übertragen. Woolf nahm darin bereits die These der 68er-Bewegung vom politischen Charakter des Privaten vorweg.

Offenbar lieferte Woolf viele Stichworte, die von verschiedenen Kreisen dankbar aufgenommen wurden. Es stellt sich hier die Frage, ob hier nicht ein Missbrauch an einer depressiven und schwer psychisch kranken Person vorliegt, man denke nur an die Kreise der geschlechts­gestörten Mitglieder der Queer-Bewegung, die in Woolf eine Legitimations­figuer finden.

Auf der Suche nach einer literarischen Rechtfertigung für ihr natur­verbundenes Streben nach (zumeist sexueller) Befreiung bemühten Nischen­kulturen und Freidenker wie Anhänger des Neopaganismus oder Hippies im angloamerikanischen Raum oft beliebige Versatzstücke aus Woolfs Schriften. Unter anderem verwiesen sie auf Woolfs Bekanntschaft zu Rupert Brooke oder reflektierten auf die allgemeine Ungezwungenheit der Bloomsbury Group, welche die offene Sexualität der in den 1960er Jahren proklamierten "Polyamory"[wp] vorweggenommen hatte.

Von der Lesben- und Schwulenbewegung und den späteren LSBT-Aktivisten wurde Virginia Woolf aufgrund ihrer sorgfältig gestalteten androgynen Frauen­charaktere mit ihrer facetten­reichen Psychologie, des spielerischen Wandels der (Geschlechts-)Identitäten in Mrs Dalloway, Orlando und The Waves sowie der distanzierten Sexualität der Autorin zu einer literarischen Leitfigur und zur Autorität "weiblichen Schreibens" stilisiert, obgleich sich Woolf in keine generelle geschlechts­spezifische Position einordnen lässt. Als weibliche Hauptfigur von "Bloomsbury" und deren Protest der "Viktorianer gegen den Viktorianismus" prägte sie das Bild der Emanzipation.

Im deutschsprachigen Raum der Nachkriegszeit wurde Virginia Woolfs Werk in den 1970er und 1980er Jahren von Teilen der Frauenbewegung wahrgenommen, worauf die "Identifikation mit Schwäche [...] als Leitthema der Woolf-Rezeption" durch Teile der Frauenbewegung, "die Frauen aufs Opfer-Sein reduzieren", zum Motto erklärt werde, wie Ingrid Strobl in der EMMA 1980 kritisierte. In demselben Essay stellte sie einen bewusst überspitzten Vergleich mit der jüngeren amerikanischen Schriftsteller­kollegin Sylvia Plath an, die ebenfalls Suizid verübte und an der Rolle des "weiblichen Genius" habe scheitern müssen: "[...] unter der fluchbeladenen Bürde, genial zu sein, musste das zarte Weib zusammenbrechen, schon der lieben, armen Schwester Plath ward es so ergangen, wie konnte es auch anders sein - es ist nicht die Natur der Frau, aus der Reihe zu tanzen, Großes zu leisten - wie männlich!"

Kritik

Nigel Nicolson veröffentlichte von 1975 bis 1980 Briefe von Virginia Woolf, die in ihrer subjektiven Auswahl einem biographisch authentischen Kontext gegenüberstehen, wobei Nicolson in seiner 2000 erschienenen Biographie Virginia Woolf neben ihrer Werkbeschreibung und wichtigen Rolle in der Frauenbewegung ihren latent auftretenden Antisemitismus und Fremdenhass nicht aussparte.

In ihren Tagebüchern pflegte Virginia die ungeliebte Familie ihres Ehemannes gelegentlich als "the Jews" zu titulieren, bei Tisch forderte sie zuweilen auf: "Give the Jew his food" und meinte damit ihren Ehemann Leonard. Die englische Professorin Hermione Lee berichtet in ihrer profunden, 1996 erschienenen Biographie, dass der Antisemitismus in der englischen Oberschicht bis in die 1930er Jahre recht verbreitet war, und sie zitiert Virginia Woolfs Bedauern über ihr Verhalten gegenüber Leonard und seiner Familie in einem Brief an ihre Freundin Ethel Smyth vom 2. August 1930: "Wie es mir zuwider war, einen Juden zu heiraten [...] - ich war ein solcher Snob!"

E. M. Forster, zeitweilig selbst Bloomsbury-Mitglied, betrachtete den Einfluss der Frauenbewegung auf Virginia Woolfs Werk ambivalent. In einem Vortrag, der Rede Lecture von 1941 an der University of Cambridge, lobte er zwar die von der Frauenbewegung inspirierte "hinreißende Brillanz" von A Room of One's Own, kritisierte aber, "dass die Frauenbewegung auch schuld am miserabelsten ihrer Bücher ist - den streitsüchtigen 'Three Guineas' - und Ursache für eine Reihe weniger guter Passagen in 'Orlando'." Darüber hinaus unterstellte Forster der Schriftstellerin eine stereotype Sichtweise: "Sie war überzeugt davon, dass die Gesellschaft für die Männer gemacht sei, dass die Hauptbeschäftigung der Männer darin bestehe, Blut zu vergießen, Geld zu verdienen, Befehle auszuteilen und Uniformen zu tragen und dass keine dieser Beschäftigungen bewunderungs­würdig sei."

Einordnung

Attention.png In diesem Artikel fehlen wichtige Informationen. Es ist relativ sinnfrei, Feministinnen in WikiMANNia zu portraitieren, ohne sie aus unserer Sicht einzuordnen. Du kannst WikiMANNia helfen, indem du sie recherchierst und einfügst, oder uns informierst.

Ich fasse zusammen: Die Frauenbewegung hat sich in Virginia Woolf eine frigide, depressive und psychisch instabile Schriftstellerin zu ihrem Idol erkoren. Was sagt das über die Frauenbewegung aus?

Einzelnachweise

  1. Zu klären: Warum wurde sie zu einem der meistzitierten Texte der neuen Frauenbewegung? Was genau wurde zitiert und in welchem Zusammenhang?
  2. Ein zentrales Ereignis ist die Verwandlung Orlandos zur Frau. Virginia Woolf hinterfragt hiermit die Rollen von Mann und Frau, die Stellung der Frau in der Gesellschaft und ihren Zugang zur Literatur. Geschrieben hat Virginia Woolf dieses Buch für ihre damalige Liebe Vita Sackville-West: Es stellt eine Art fiktive Biografie der Schriftstellerin Vita selbst dar und enthält Schilderungen über ihr Geburtshaus Knole House in Kent.
  3. Aha. Finanziell abgesichert sein, um sich dann ungestört selbstverwirklichen zu können. Das Muster zeigt sich in Pippi Langstrumpf: Eine Villa Kunterbunt und einen Koffer voll Gold vom Vater, der allerdings weit genug weg ist, um Pippis freie Entfaltung nicht zu stören. Die Rolle des Mannes als Versorger und Zahlesels in der feministischen Welt, ist ja hinlänglich bekannt.

Netzverweise