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Gescheiterter Staat
Der Begriff "gescheiterter Staat" (englisch failed state) bezeichnet in seiner allgemeinen Definition einen Staat, der seine grundlegenden Funktionen nicht mehr erfüllen kann. Der Begriff wurde erstmals zu Beginn der 1990er Jahre verwendet.
Definition
Die Definition von Staatsversagen hängt von der jeweiligen Wissenschaftsdisziplin ab. Staatswissenschaften[wp] und Völkerrechtslehre[wp] haben deshalb einen unterschiedlichen Zugriff auf das Problem des so genannten failed state. Als Begriff des Völkerrechts definiert sich der Staat aus drei Elementen[wp]: Staatsgebiet, Staatsvolk und Staatsgewalt. Bei Staaten handelt es sich daher, unabhängig von Regierungs-[wp] und Wirtschaftsform und ihrer demokratischen Legitimation, um territoriale Herrschaftsverbände. In der modernen politikwissenschaftlichen Auffassung von Staatlichkeit muss ein Staat vor allem drei zentrale Funktionen für seine Bürger leisten: Sicherheit[wp], Wohlfahrt[wp] und Legitimität/Rechtsstaatlichkeit. Dabei handelt es sich letztlich um Leistungen der Staatsgewalt.
Wenn ein Staat diese drei Funktionen nicht mehr in einer nennenswerten Weise erfüllt, so spricht die Politikwissenschaft[wp] von einem gescheiterten Staat.[1] Die Völkerrechtslehre hingegen schaut weniger auf die Leistungen, die ein Staat als politische Güter erbringt, sondern auf die Stabilität der Staatsgewalt. Nach anerkannter Lehrmeinung liegt ein gescheiterter Staat deshalb immer dann vor, wenn die organisatorischen Strukturen der Staatsgewalt (Regierung, Behörden, staatliche Einrichtungen) weitgehend zerfallen sind und ihre Aufgaben nicht mehr erfüllen.
Wenn ein Staat jedoch noch teilweise bzw. in eingeschränkter Form funktionieren kann, so spricht man, je nach Schwere der strukturellen Defizite, von einem schwachen Staat[wp] (engl. weak state) oder einem versagenden bzw. verfallenden Staat (engl. failing state).[1]
Ein gescheiterter Staat muss sich nicht unbedingt in einem Zustand von Chaos und Anomie befinden. Es ist auch möglich, dass nichtstaatliche Akteure an die Stelle des Staates treten und eine neue, eigene Ordnung etablieren (Mafia, Warlords[wp]). Solche Ordnungen sind jedoch regional begrenzt und leisten nicht in vollem Umfang die oben genannten drei Kernfunktionen eines Staates; zudem sind sie oft auf Gewalt und Repression gegründet.[1][2]
Diskurse
- Roland Tichy über Deutschland als Failed State und Sicherheitspolitik - phoenix (9. Januar 2017) (Länge: 40:06 Min.) (aus: Unter den Linden: "Zwischen Terrorangst und Wahlkampf - Was bringt 2017")
Einzelnachweise
- ↑ 1,0 1,1 1,2 Egbert Jahn, Sabine Fischer, Astrid Sahm: Die Zukunft des Friedens: Die Friedens- und Konfliktforschung aus der Perspective der jüngeren Generationen. VS Verlag 2005, ISBN 3-531-14142-2, S. 194-198
- ↑ Ken Menkhaus, Somalia: State Collapse and the Threat of Terrorism, Adelphi Papers, Oxford 2004.
Querverweise