Keuschheit (keusch aus lateinisch conscius, 'bewusst'), lateinisch castitas ist ein ethisches Konzept der Mäßigung im Umgang mit Sexualität, zumeist aus religiösen Gründen.
Oft wird unter Keuschheit lediglich sexuelle Abstinenz oder Enthaltsamkeit verstanden; das Ideal der gewollten und bewussten Keuschheit ist allerdings weitreichender: Keuschheit bezeichnet das Verhalten einer Person, sich auf Grund eines erworbenen Schamgefühls oder kraft eines bewussten Grundsatzes schamhaft zu verhalten und das Unschamhafte und Verstöße gegen die Sittlichkeit zu meiden. In vielen Kulturen spielt die Aufforderung zur Keuschheit als religiöses Gebot eine Rolle (siehe auch Tabu). Dieses Verständnis von Keuschheit als allgemeine Mäßigung, die nicht auf sexuelles Verhalten alleine beschränkt ist, lässt sich auch an der Entwicklung des Wortes keusch im Deutschen beobachten. Noch im Mittelhochdeutschen bedeutete kiusche "sittsam" oder "bewusst". Erst zum Neuhochdeutschen hin verengte sich die Bedeutung hin zur sexuellen Enthaltsamkeit.[1]
In der christlichen Ikonografie werden den sieben Todsünden[wp] oftmals die sieben himmlischen Tugenden[wp] gegenübergestellt; dabei ist die Keuschheit als Tugend Gegenpart der Wollust[wp] (lateinisch luxuria). Ein Symbol der jungfräulichen Reinheit ist die Lilie[wp].
Die Keuschheit des Weibes
Das Fesselblog veröffentlichte ein Interview mit einer Keuschheitsgürtel-Trägerin:
; Was fasziniert dich am meisten an dem Thema Keuschheit?
- Bis vor wenigen Jahren war mir das Thema noch vollkommen unbekannt. Man kannte die Mythen aus dem "finsteren Mittelalter". Dass dieses Thema irgendwann für mich zum Alltag gehört, hätte ich nie gedacht. Faszinierend ist der Machtverlust, dem ich mich hinzugeben habe.
- Ist deine eigene Keuschheit freiwillig oder fremdbestimmt?
- Es war und ist der Wunsch meines Freundes, dass ich einen Keuschheitsgürtel tragen darf bzw. zu tragen habe. Da wir eine hierarchische Beziehung führen, beuge ich mich seinem Willen. Er entscheidet, welchen Keuschheitsgürtel ich zu tragen habe und wie lange ich verschlossen bleibe.
- Hast du mehrere Keuschheitsgürtel ausprobiert, bis du zu deinem heutigen Keuschheitsgürtel gekommen bist?
- Ich habe mehrere Keuschheitsgürtel ausprobieren dürfen. Die Erfahrungen waren sehr unterschiedlich. Manche Keuschheitsgürtel waren mehr oder weniger unbrauchbar, andere hatten einen höheren Tragekomfort. Wobei man durchaus lernt, Kompromisse einzugehen.
- Gibt es beim Kauf eines Keuschheitsgürtels für Frauen etwas zu beachten?
- Das Produktangebot ist hier deutlich beschränkter im Gegensatz zum Angebot an Keuschheitsschellen und -gürteln für Herren. Für meinen Freund war klar, dass es für mich keine "Wochenendkeuschheit" wird, sondern der Gürtel möglichst dauerhaft getragen werden sollte. Für uns war eine Maßanfertigung die einzig richtige Entscheidung. Zudem muss man sich bewusst sein, dass man sich an den Keuschheitsgürtel gewöhnen muss. Das geht nicht von heute auf morgen.
- Welche Einschränkungen hast du (mit Ausnahme des vaginalen Geschlechtsverkehrs) mit dem Keuschheitsgürtel?
- Man muss einige Einschränkungen in Kauf nehmen. Der Keuschheitsgürtel drückt, man scheuert sich teils wund und die Kleiderwahl sollte entsprechend angepasst werden. Bei enganliegender Kleidung kann es passieren, dass der Keuschheitsgürtel sich in der Kleidung abzeichnet und so für Außenstehende sichtbar wird. Zudem wird die Körperhygiene deutlich erschwert.
- Gibt es Momente, in denen du den Keuschheitsgürtel ablegen musst?
- Bei bestimmten Arztbesuchen darf ich den Keuschheitsgürtel ablegen. Teilweise bekomme ich vorab schon etwas "Freigang", damit sich der Keuschheitsgürtel nicht zu sehr abzeichnet (Abdrücke in der Haut). Nach den jeweiligen Terminen habe ich ihn umgehend wieder anzulegen.
- Ist die Körperhygiene mit angelegtem Keuschheitsgürtel ein Problem?
- Für die Körperhygiene ist ein Bidet ein wahrer Segen. Morgens und abends wird der Keuschheitsgürtel unter Überwachung meines Freundes zur vollständigen Reinigung abgelegt. Ich werde hier auch nach Verletzungen und Wunden auf der Haut untersucht. Ich habe auch schon mit angelegtem Keuschheitsgürtel ein Sitzbad genommen, doch das Reinigungsergebnis war für meinen Freund unzureichend.
- Wie lange kannst du den Keuschheitsgürtel ohne Aufschluss (und möglichst ohne Probleme) am Stück tragen?
- Die ununterbrochene Tragezeit beläuft sich bei mir meistens nur auf ca. 12 bis 13 Stunden. Danach wird der Gürtel zur Reinigung abgenommen. Wenn man von diesen Reinigungsaufschlüssen absieht, beläuft es sich auf eine mehrwöchige bzw. mehrmonatige Tragezeit.
- Ich bin mit einigen wenigen anderen Keuschheitsgürtelträgerinnen in Kontakt. Hier gibt es durchaus ein paar "ungezogene" Damen, die für ihr widerspenstiges Verhalten schon mehrere Tage am Stück verschlossen waren. Das liegt im Ermessen des dominanten Partners.
- Wie lange hast du gebraucht, bist du dich an deinen jetzigen Keuschheitsgürtel gewöhnt hast?
- Das hat mehrere Wochen gedauert und wir haben auch mehrere Keuschheitsgürtel ausprobiert. Zu Beginn habe ich ihn nur in der Wohnung getragen. Der Schritt vor die Haustüre war eine emotionale Hürde, bei der mich mein Freund sehr unterstützt hat. Wir sind damals gemeinsam zum Einkaufen und der Gürtel blieb verschlossen. Nach und nach gab es mehrere alleinige "Gehversuche" in der Öffentlichkeit und nun bin ich quasi dauerhaft verschlossen, was ich wie eingangs erwähnt vor ein paar Jahren noch niemals in Betracht gezogen hätte.
- Die "perfekte" Lösung haben wir nicht gefunden, aber wir machen einfach das Beste daraus. Man muss sich von der Illusion lösen, dass man einen Keuschheitsgürtel findet, diesen anlegt und dauerhaft trägt. Manchmal benötigt der Körper eine Pause.
- Bereust du manchmal die Entscheidung, in einem Keuschheitsgürtel verschlossen zu sein oder siehst du deine Keuschheit als einen Mehrwert für dich?
- Da meine Keuschheit durch meinen dominanten Freund fremdbestimmt ist, stellt sich die Frage für mich nicht. Ich könnte mir die Frage stellen, ob ich die gesamte hierarchische Beziehung mit allen Konsequenten bereue und hier kann ich klar mit "Nein" antworten. Ich liebe meinen Freund und unsere BDSM-Beziehung ist eine Bereicherung für uns beide. Für mich persönlich überwiegen die Vorteile meiner Keuschheit. Und doch gibt es die Momente, in denen ich wortwörtlich alles dafür tun würde, damit ich den Gürtel ablegen könnte...
- Diese extreme sexuelle Triebkraft war auch der Grund, warum sich mein Freund entschieden hatte, dass ich verschlossen werde.
- Was würdest du einer anderen Frau raten, die Interesse an einem Keuschheitsgürtel hat?
- Ich kann mir kaum vorstellen, dass eine Frau "freiwillig" einen Keuschheitsgürtel tragen möchte. Meistens geschieht dies aufgrund einer Fremdbestimmung. Als ich zum ersten Mal einen Keuschheitsgürtel für Frauen in den Händen hielt, da wurde mir ganz zweierlei. Es fühlte sich surreal an. Als er dann zum ersten Mal angelegt und verschlossen wurde, wurde dieses unheimliche Gefühl noch intensiver. Ich habe anstelle einer "Muschi" nur Metall im Schritt gespürt. Anfangs hatte ich noch die Möglichkeit mir etwas Lust zu verschaffen, doch das ist dank des restriktiven Einschlusses (mein Gürtel sitzt sehr eng) nicht mehr möglich. Jetzt bleibt alles den ganzen Tag unberührt.
- Sollte also eine Frau das wirklich "wollen", dann sollte sie den Weg einschlagen und diesem Wunsch nachgehen. Sollte die Keuschheit wie bei mir fremdbestimmt sein, dann wird sie einen Weg finden müssen, mit allen Konsequenzen.
- Kann es sein, dass für manche Frauen eine Keuschheit ungeeignet ist?
- Das mag durchaus sein. Gerade auch was die Hygiene angeht, hat man einen deutlichen Mehraufwand. Doch diese sollte unbedingt beachtet werden, damit man auch einem möglichen Vaginalpilz vorbeugen kann. Der weibliche Intimbereich ist ein Feuchtgebiet, und das kann bei einer angestrebten Keuschheit eine Herausforderung sein.
- Wenn man einen Weg finden möchte, dann findet sich fast immer ein Weg. Doch gibt es Personen, die schnell daran die Lust verlieren. Da kann es passieren, dass heute der Verschluss in einem Keuschheitsgürtel reizvoll ist und am nächsten Tag die Euphorie nachlässt. Es ist die Aufgabe des dominanten Partners durch diese Tage des Tiefpunkts geführt zu werden.
- BDSM sollte immer eine Bereicherung für beide Seiten sein und keine zusätzliche Last. Und für mich ist seit Beginn meiner Keuschheit der vaginale Geschlechtsverkehr mit meinem Freund deutlich intensiver als zuvor. Zudem weiß ich die Penetration nun viel mehr zu schätzen. Das ist unser Mehrwert.
- Möchtest du unseren Lesern noch etwas mitteilen?
- Findet euren Weg und habt keine Angst, ihn zu gehen!
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– Fesselblog[2]
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Zitate
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«Es war nie die traditionelle Sichtweise, daß die erotische Macht einer Frau über Männer etwas sei, über das sie bedingungslose persönliche Rechte hätte. Stattdessen wurde der Gebrauch, den sie von dieser natürlichen Macht machte, als mit umfangreichen Verantwortlichkeiten beladen verstanden - gegenüber Gott, ihrer Familie, dem Mann, dem sie sich hingab, den durch diese Verbindung gezeugten Kindern, und ihrem eigenen langfristigen Wohlergehen. Um ihre Verpflichtungen als Geschöpf, Tochter, Ehefrau und Mutter zu erfüllen, brauchte sie beträchtliche Selbstkontrollfähigkeiten. Diese kultivierte und gesellschaftlich bestärkte sexuelle Selbstkontrolle wurde Sittsamkeit genannt. Sie erforderte hauptsächlich die Pflicht zur Keuschheit vor der Ehe und zur Treue[wp] in der Ehe; in zweiter Linie beinhaltete sie die Wahrung eines bestimmten Benehmens gegenüber Männern - höflich, aber reserviert.» - F. Roger Devlin[3]
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«Keuschheit ist im üblichen Sinne ein Geistes- und Lebenszustand, der sich nicht nur von sexuellen Handlungen, sondern auch möglichst von jedem sexuellem Verlangen fernzuhalten versucht.
Im SM-Kontext bezeichnet Keuschheit einen Zustand der (mindestens) Sexlosigkeit oder sogar der Erregungslosigkeit. Dieser Zustand kann freiwillig eingehalten werden, von einem anderen angeordnet sein (beispielsweise ein Wichsverbot), oder er kann aufgezwungen sein und wird dann beispielsweise durch Fesselung oder (für länger) einen Keuschheitsgürtel gewährleistet. Keuschhaltung kann ein Bestandteil von DS-Spielen sein, siehe Orgasmuskontrolle.
Manche SMler finden ihr Vergnügen schon im Zustand des keusch sein (müssens). Andere betrachten Keuschheit eher als Mittel, um die Erregung zu steigern, die sich dann nach dem Ende der Keuschheit umso stärker entladen kann (oder darf). Zu letzterem berichten einige Spieler, dass nach einigen Tagen die erregende Wirkung der Keuschheit nachlässt, was nahelegt, dass diese Spielart vielleicht nur für kürzere Zeitdauer geeignet ist.» - SMiki[4]
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Literatur
- A Journey in to Chastity - written by a collared slave to Mistress Angelica, collared slave (Author), Mistress Angelica (Publisher), 2017, 85 pages
- Georgia Ivey Green: A KeyHolder's Handbook - A Woman's Guide To Male Chastity And Sexual Teasing, 2013[5]
- Lucy Fairbourne: Male Chastity - a Guide for Keyholders, 2010
Einzelnachweise
- ↑ F. Bross: Grundkurs Germanistische Linguistik für das bayerische Staatsexamen, Gunter Narr, Tübingen 2014, S. 174
- ↑ Die Keuschheit einer Frau, Fesselblog am 23. März 2022
- ↑ F. Roger Devlin: Die sexuelle Utopie an der Macht, Teil 2 (Fallout der Revolution: "Date Rape") (übersetzt von Deep Roots), As der Schwerter am 30. Juni 2015, Original: Sexual Utopia in Power, Part 2, Counter-Currents Publishing am 13. Juli 2011
- ↑ SMiki: Keuschheit[webarchiv], Version am 5. April 2006
- ↑ Aus den Rezensionen:
- Eine behutsame Einführung in die männliche Keuschheit
- Ich würde dies als eine behutsame Einführung in die männliche Keuschheit betrachten. Wenn Sie ein Mann sind und versuchen herauszufinden, wie Sie Ihrer Partnerin männliche Keuschheit nahebringen können, kann dieses Buch eine Hilfe sein. [...]
- Bücher zu diesem Thema sind oft als Pornos getarnt. Wenn Sie Ihrem Vanillepartner eines davon vorsetzen, wird das überhaupt nicht helfen. Frau Green hat einen Leitfaden geschrieben, der grundlegend ist und Ihren zukünftigen Schlüsselhalter nicht verschrecken sollte.
- Mehr in die Tiefe zu gehen, ist meiner Meinung nach für männliche Keuschheit unmöglich. Es gibt einfach zu viele Unterschiede in den Hintergründen und Erfahrungen der Partner, als dass man einen allumfassenden, schlüssigen Leitfaden schreiben könnte. Dies ist ein guter Anfang.
- Ihre Beschreibungen der Keuschheitserfahrung für beide Partner sind genau richtig. Ich musste es aus erster Hand erfahren, um zu akzeptieren, was sie behauptet. Wenn Sie eine solide Beziehung haben, kann das Befolgen ihrer Vorschläge zu einer besseren Kommunikation zwischen den Partnern führen, zu einer Erkundung neuer Grenzen und zu einer Menge Spaß. All das führt zu einer stärkeren Beziehung.
Querverweise
Netzverweise