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Max Thürkauf
Max Thürkauf | |
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Gelebt | 21. Mai 1925–26. Dezember 1993 |
Beruf | Wissenschaftler, Philosoph |
Ehegatte | Inge M. Thürkauf |
Max Thürkauf (1925-1993) war ein Schweizer Naturwissenschaftler und Philosoph.
Max Thürkauf war jahrelang als Professor für physikalische Chemie an der Universität Basel tätig und entscheidend an der Entstehung einer Anlage zur Herstellung von "schwerem Wasser"[wp] beteiligt. Mit "schwerem Wasser" wird aus Uran Plutonium erzeugt, das wiederum in Atomwaffen verwendet wird.
Max Thürkauf widmete sein Leben von Kindesbeinen an der Chemie und erzielte seinen größten beruflichen Erfolg 1959 mit der Anlage zur Herstellung "schweren Wassers".
Die im selben Jahr in der französischen Sahara gezündete erste Plutoniumbombe wurde für Max Thürkauf zum Damaskuserlebnis[wp]. Er erkannte, dass es keine wertfreie Naturwissenschaft gibt und begann sich mit ethischen Fragen seiner Arbeit auseinanderzusetzen. Sein Denken wandte sich von der Frage des "Know-how", vom "Wie tue ich es?" zur Frage "Was tue ich? Kann ich mein Tun verantworten?". Diese Gedanken stellte er in zahlreichen Veröffentlichungen zum Diskurs. Es kam zum offenen Konflikt mit der Universität. In der Folge arbeitete er einige Jahre als Fluglehrer und Kunstflieger, danach auch wieder als Gymnasial- und Universitätslehrer und als engagierter Schriftsteller.[1]
Leben
Max Thürkauf studierte dem zweiten Bildungsweg, das heisst nach einer Lehre als Chemielaborant, und wurde dann außerordentlichen Professor für physikalische Chemie. Gewissermassen auf dem dritten Bildungsweg wurde er schliesslich freiberuflicher Denker und Publizist. Am 8. Januar 1982 wählte Thürkauf eine aussagekräftige Kulisse, und Photograph Wyss entsprach selbstverständlich dem Wunsch, weil damit eine Zusatzbotschaft zum Ausdruck kam. Das Gehäuse des Kollegiengebäudes am Petersgraben und insbesondere die beiden Schriften: die etwas unebene, aber allgemein verständliche und als Parole daherkommende Sprayerschrift: "Raus aus den Elfenbeintürmen" in Kombination mit der strengen, in Marmor gehauenen Schrift in Latein, die niemand mehr sieht und die die meisten gar nicht verstehen können.
Hier auf dem Bild kann man gerade noch lesen "evehit in su ...", was in den Satz gehört, der zu Deutsch etwa heisst: "Die Perle der Wissenschaft erhebt den Ungelehrten und hebt auch die Menschen von niedrigster Geburt zu den Erhabenen hinauf." Der Satz stammt aus dem Jahr 1459 und aus der damals vom Papst Pius II.[wp] (Aeneas Silvius Piccolomini) für Basel ausgestellten Stiftungsbulle der Universität.[2]
Aus einem Nachruf
1925 in Basel geboren wurde Max Thürkauf in seiner Heimatstadt getauft und in die katholische Kirche aufgenommen. Doch sein Lebensweg war nicht vorprogrammiert. Es war kein gerader, kein kontinuierlicher. In seinem Leben gab es Umwege, Abweichungen vom Ziel jedweden menschlichen Lebens.
Schließlich kam es, wie so oft bei Naturwissenschaftlern und bei Wissenschaftlern überhaupt, zum Glaubensverlust, zum Bruch mit der Kirche und zum Austritt aus der katholischen Kirche. Daran änderte auch der Schmerz, den er seinen Eltern damit bereitete, nichts. Und auch die Heirat mit der im benachbarten Freiburg i.Br. geborenen Schauspielerin Inge Hugenschmidt vermochte daran nichts zu korrigieren.
Wie so viele Wissenschaftler, insbesondere Naturwissenschaftler, glaubte auch Prof. Thürkauf nur an das Beweisbare, das exakt Erklärbare, das Messbare. Er glaubte nur an den menschlichen Verstand, dem allein die Erkenntnis der Wahrheit und vor dem Erkennen dieser der Primat des Handelns zukomme. Prof. Thürkauf wurde und war lange Zeit seines Lebens Pragmatiker. Ihn interessierte nur das Machbare. Wie Max Scheler[wp] (1874-1928) lehrte, war auch bei ihm neben dem Geist der Drang zum Erreichen wissenschaftlichen Fortschritts ein Prinzip des Weltprozesses und der menschlichen Lebensgestaltung, auch das seines eigenen Lebens. Der Pragmatismus wurde und war lange Zeit Inhalt seines Lebens. Sein Forschen galt daher allein dem Nutzbarmachen, den praktischen Anwendungsmöglichkeiten der Forschungsergebnisse und des Erkennens physikalisch-chemischer Prozesse. Damit hatte Prof. Thürkauf große wissenschaftliche Erfolge zu erreichen vermocht. So war er ganz befangen in seiner Wissenschaft und ein Gefangener der Chemie und der Physik. Darüber hinaus vermochte er nichts mehr zu erkennen. In seiner Befangenheit strebte er auch gar nicht danach. Er war wie geblendet, er war blind für alles, was noch über Chemie und Physik stehen konnte. Was Augustinus[wp] (354-430 n.Chr.), der größte christliche Platoniker und Begründer einer großartigen und der ersten christlichen Anthropologie[wp], schon im 4. Jahrhundert sagen konnte "Immer, wenn ich nicht mehr verstehen kann, ist Gott", das war für Prof. Thürkauf Jahrzehnte seines Lebens hindurch ein völlig fremdes Denken. Zur Religion hatte er keinen Bezug. Doch es sollte anders kommen.
Prof. Thürkauf fing ganz unten an in seiner beruflichen Laufbahn. Er verließ mit 15 Jahren die Schule und trat als Laborgehilfe in eine der chemischen Fabriken seiner Heimatstadt ein. Die Arbeit als Laborgehilfe befriedigte ihn nicht. Er wollte weiterkommen, sein Wissen erweitern und nicht nur Routinearbeit leisten. Daher besuchte er die letzten drei Jahre seiner immerhin siebenjährigen Fabrikarbeitszeit ein Abendgymnasium und erwarb sich die Hochschulreife. 1948 als 23-Jähriger begann er an der Universität Basel das Studium der Chemie und Physik. Doch als Student verlor er den Glauben seiner Kinder- und Jugendzeit und - konsequent, wie er war - trat er auch aus der Kirche aus. Sein wissenschaftlicher und beruflicher Aufstieg ging aber rasch nach oben. Max Thürkauf wurde nach seiner Promotion zum Dr. phil. und nach seiner Habilitation Professor für physikalische Chemie an der Universität Basel. Als solchem gelang ihm die Herstellung von schwerem Sauerstoff, was 1963 zur Verleihung des Ruzicka-Preises[3] führte.
Prof. Thürkauf war auch Miterfinder einer Anlage zur Gewinnung von schwerem Wasser[wp]. Die Folgen der Entwicklung dieser Anlage - sie half Frankreich zur Entwicklung und zur Herstellung seiner ersten Atombombe - waren es auch, die bei Prof. Thürkauf zu der Einsicht führten, daß es keine Wertfreiheit, auch physikalisch-chemischer Forschung gibt und daß es eine Mitverantwortung der Forschung und des Forschers für mögliche bedrohliche Folgen ihrer Ergebnisse am Leben und an der Gesundheit vieler Menschen gibt.
Als Frankreich in der Wüste Sahara seine erste Atombombe zündete, an deren Entwicklung Prof. Thürkauf maßgeblich beteiligt war, schlug auch für ihn seine "Damaskus-Stunde". Das Aufblitzen der Sahara-Bombe bewirkte bei Max Thürkauf die Rückkehr zum Glauben seiner Jugend. Er kehrte sein Leben radikal um und gab alles auf, was er besaß: Seinen Lehrstuhl an der Universität Basel, seinen materiellen Besitz, seine soziale Absicherung. Aus dem Professor für physikalische Chemie an der Universität Basel wurde ein Bekenner, ein Künder der Wahrheit, dass es keine wertfreie Wissenschaft gibt, keinen "Deus ex machina"[wp], daß es keine Technokratie geben darf, sondern nur die moralische Verantwortung gegenüber Gott, die Verantwortung, die nie abgeschoben werden kann und die nicht auf andere delegiert werden darf. Max Thürkauf kehrte daher nicht nur in äußerster Unerbittlichkeit um, er lebte von nun ab nur in allergrößter Bescheidenheit, verzichtete auf alle Annehmlichkeiten des Lebens und bezog eine karge Wohnung im Dachgeschoss eines hohen Mietshauses in Basel, die er erst gegen Ende seines Lebens, von schwerer Krankheit gezeichnet, gegen eine nicht minder bescheidene Wohnung in Weil am Rhein auf der Basel gegenüber liegenden Rheinseite vertauschte.
Max Thürkauf starb in Weil am Rhein am Tag des Heiligen Stefanus 1993 nach einer langen und schweren Leidenszeit in seinem neunundsechzigsten Lebensjahr.[4]
Werk
Veröffentlichungen (Auswahl)
- Die Tränen des Herrn Galilei[wp]. Ein Naturwissenschaftler denkt. Classen Verlag, (1978, Neuaufl. 1992), ISBN 3-7172-0274-X
- Technomanie - Die Todeskrankheit des Materialismus. Ursachen und Konsequenzen der technischen Masslosigkeit unserer Zeit. Novalis (1978) ISBN 3-7214-0048-8 (2. Auflage 1980)
- Pandorabüchsen[wp] der Wissenschaft. Das Geschäft mit dem Energiehunger. (1979) ISBN 3-7214-0054-2
- Adams Äpfel - Giftige Früchte vom Baum der Wissenschaft. Oratio Verlag, (1982) ISBN 3-85801-032-4
- König Nobels Hofstaat. Satiren und böse Geschichten zum Wissenschaftsbetrieb. Hallwag (1985) ISBN 3-444-10158-9
- Versöhnung der Kirche mit der Naturwissenschaft. Zur Überwindung des Galilei-Traumas. (1985) ISBN 3-7794-0971-2
- Das Fanal von Tschernobal. Christiana-Verlag (1987) ISBN 3-7171-0895-6
("Tschernobal": Wortspiel "Tschernobyl[wp]"+"Bâle[wp]" wegen des Chemie-Grossbrandes von Schweizerhalle[wp]) - Wissenschaft schützt vor Torheit nicht. Jordan-Verlag, 3. Aufl. (1989) ISBN 3-906561-02-X; Christiana-Verlag (2008) ISBN 3-7171-1131-0 (Essay dazu)
- Wissen ist noch lange nicht Weisheit. Aphoristische Notizen eines Naturwissenschaftlers. Christiana-Verlag (Juni 2005) ISBN 3-7171-1131-0
- Evolution, Naturwissenschaft und Glaube, Kisslegg: Fe-Medienverlag (2009), 48 Seiten, ISBN 3-939684-53-8
Vorträge
- Evolution, Naturwissenschaft und Glaube, KathTube (124 Min.)
- Moral und Wissenschaft - Prof. Max Thürkauf (Länge: 3:57 Min.)
Literatur
- Inge M. Thürkauf: "Max Thürkauf - Ein unbequemer Mahner. Kritische Gedanken zur modernen Naturwissenschaft und Technik." Verax Verlag 2000, ISBN 3-909065-16-3[5]
Zitate
Zitat: | «Die Unbedenklichkeitsexpertisen der technokratischen Machthaber bedienen sich für ihre Lügen vorzugsweise der Mathematik, weil der Mann auf der Straße vor dieser Sprache Respekt hat.»[6] |
Zitat: | «Die übermenschliche Intelligenz des Diabolos wusste in ihrem Willen, das Leben zu vernichten, durch die Eitelkeit des Galilei einen mächtigen Verbündeten zu schaffen: die Einengung der Natur auf das Mess- und Berechenbare, auf das - wie wir es dem Sprachgebrauch nach nennen wollen - Tote.
Durch diese Simplifizierung in der Betrachtung der Schöpfung war es dem Menschen möglich, aus dem auf das Tote Beschränkte - aus der Materie - eine noch nie dagewesene Macht zu gewinnen. Die von diesem Geist gelenkte Hand schuf der Kraft des Armes eine schier unbegrenzte Potenz: die moderne Technik. Immer mehr verdrängt und bedroht das Mess- und Berechenbare das Unmessbare und Unberechenbare: das Leben. Die Sünde des Galilei hatte fatale Folgen; er, der Meister, beschränkte die Naturwissenschaft auf Mess- und Berechenbarkeiten; viele seiner Nachfolger und besonders seine Epigonen schossen bald über ihre Laboratorien hinaus und behaupteten - in tragischer Verwechslung von Sinnen- und Geisteswelt - nur das Mess- und Berechenbare sei Wirklichkeit. Dies ist die Nahrung der Lüge unserer Zeit: des Materialismus. Die geistgelenkte Hand des Menschen verwandelt die Erde in ein Abbild seines Geistes. Ein Geist, der meint, die Welt sei nichts anderes als ein physikalisch-chemisches System, verwandelt die Erde - die Heimat des Lebens - in ein ausschließlich physikalisch-chemisches System: in eine tote Welt. Das Mittel dazu hat eben diese Wissenschaft durch ihre zweckvollste und gleichzeitig sinnloseste Tat, die Atombombe, den Machthabern dieser Welt in die Hände gelegt.»[7] |
Zitat: | «Die Unmenschlichkeiten der Gen-Manipulation übersteigen jene des Atomzeitalters um Größenordnungen, weil die Opfer sich gegen die Manipulationen nicht wehren können. Die bei den ins Auge gefassten Menschenzüchtungen erforderlichen Eingriffe müssen nicht nur vor der Geburt, sondern sogar vor der Zeugung getätigt werden.
Die Opfer der Atomenergie werden von den Technokraten im schlimmsten Fall zu Siechtum und Tod verurteilt. Die Opfer der Gen-Technologien hingegen können zu einem Leben verdammt werden mit einem Körper, den nicht sie, sondern die Technokraten um ihrer Machtansprüche willen wollen. Wer mit Genen heilen kann, kann mit Genen töten, und zwar auf viel grausamere Weise als mit allen bis jetzt bekannten Waffen. [...] Die Unwissenheit der Materialisten wurzelt in der Leugnung Gottes. Oder, was noch schlimmer ist: Für viele Menschen ist Gott so gleichgültig geworden, dass sie es nicht einmal mehr der Mühe wert halten, ihn zu leugnen. Warum soll jemand, der den Schöpfer nicht achtet, Ehrfurcht vor den Geschöpfen haben? Für ihn sind die Geschöpfe Gegenstände beliebigen Handelns. Ohne Glauben an Gott ist jeder Umweltschutz wirkungslos, weil der Sinn fehlt. Die Geschöpfe können nach Belieben und Gutdünken manipuliert und zerlegt werden. Die Zerlegung durch die Molekularbiologen ist bis ins Innerste der Geschöpfe vorgedrungen: in die Zellkerne der Lebewesen. Die Gene werden zerlegt und nach Belieben wieder zusammengesetzt. Nicht mehr durch Auswahl und Kreuzung der Ganzheit wird gezüchtet, sondern durch Zerlegung der Erbsubstanz und deren Manipulation. Darin besteht der fundamentale Unterschied gegenüber der seit Jahrtausenden getätigten Züchtung mit den von Gott geschenkten Lebensformen. Die Gentechnologen wollen vom "Baum des Lebens" essen (Gen 2,9), um zu werden wie Gott.»[8] |
Einzelnachweise
- ↑ "Pro Immaculata e.V. - Rundbrief 1/2005
- ↑ Kurt Wyss: Von einem Turm in einen anderen (Aus dem Fotoarchiv von Kurt Wyss: Max Thürkauf), Tageswoche am 10. Januar 2013
- ↑ Ein jährlich von der chemischen Industrie gestifteter und von der ETH Zürich[wp] verliehener Preis für in der Schweiz arbeitende junge Chemiker. Der Preis ist benannt nach dem kroatisch-schweizerischen Chemiker und Nobelpreisträger Leopold Ružička[wp].
- ↑ Aus einem Nachruf von Dr. med. Siegfried Ernst, 1. Vorsitzender der Europäischen Ärzteaktion, veröffentlicht unter dem Titel "Zum Tod eines außergewöhnlichen Menschen" in Medizin&Ideologie, April 1994
- ↑ Der Fels, Nr. 3 März 2002
- ↑ Arndt Brünner: Zitate über Mathematik
- ↑ Max Thürkauf: Die Gottesanbeterin - Zwei Naturwissenschaftler auf der Suche nach Gott., Christiana-Verlag
- ↑ Max Thürkauf: Christuswärts - Glaubenshilfe gegen den naturwissenschaftlichen Atheismus., Christiana-Verlag
Netzverweise
- Wikipedia führt einen Artikel über Max Thürkauf
- Kathpedia führt einen Artikel über Max Thürkauf
- Nachruf zum 10. Todestag Max Thürkaufs, Junge Freiheit (52/03 und 01/04) am 19./26. Dezember 2003
Dieser Artikel basiert auch auf dem Artikel Zum Tod eines außergewöhnlichen Menschen von Dr. med. Siegfried Ernst, 1. Vorsitzender der Europäischen Ärzteaktion, Medizin&Ideologie, April 1994. |