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Auswanderungsland

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Der Begriff Auswanderungsland bezeichnet einen Staat, aus dessen Hoheitsgebiet eine größere Zahl von eigenen Bürgern aus- als von Fremden einwandert.

Deutschland

Da sagen sie immer, Deutschland wäre ein Einwanderungsland. Doch es ist ein Auswanderungsland.

DIE WELT über die Wanderungsstatistik 2021:

Zitat: «Viel wichtiger, aber nur recht selten im politmedialen Diskurs problematisiert: Die kräftige Abwanderung von Deutschen, die sich auch 2021 fortsetzte: Zwar wird die Mehrheit der 247.829 Bundesbürger, die sich im vorigen Jahr abmeldeten und im Ausland einen Wohnsitz anmeldeten, wieder zurückkommen; darunter sind angehende Ärzte, die wegen des hiesigen Numerus clausus in den Niederlanden studieren, oder Handwerker, die für ein paar Jahre in Skandinavien mehr Geld verdienen wollen.

Unterm Strich aber wanderten laut dem Bundesamt 64.179 Deutsche mehr aus als ein. Seit 2005 verließen damit 792.000 mehr Deutsche dauerhaft die Bundesrepublik, als zurückkehrten.

Vor allem vor dem Hintergrund des seit Jahrzehnten bestehenden Geburtenmangels - seit 1972 starben sechs Millionen mehr Deutsche, als zur Welt kamen - sind solche dauerhaft kräftigen Wanderungs­verluste folgenreich. Etwa in der Diskussion um die hohe Arbeitskräftenachfrage vieler Unternehmen oder für die Frage der Finanzierung der steigenden Staats­ausgaben. Denn zur Auswanderung entschließen sich selten Arbeitslose, sondern eher beruflich chancen­reiche Bürger.»[1]

Wirtschaftlich gesehen müsste man die Abwanderer also besonders hoch bewerten.

Zitat: «Dass die Bevölkerung in Deutschland seit 1972 trotz dieser Effekte um mehr als vier Millionen zugenommen hat, liegt an der starken Einwanderung von Ausländern. 2021 zogen 394.000 mehr Nichtdeutsche in die Bundesrepublik als aus ihr fort. [...]

Hauptherkunftsstaaten waren 2021 in dieser Reihenfolge Syrien (41.400 netto), Rumänien (36.000), Afghanistan (31.300), Türkei (19.500), Indien (21.300), Bulgarien (18.300), Kosovo (16.000) und Irak (15.100). Zuwanderer aus diesen Staaten haben durch­schnittlich ein weit geringeres Qualifikationsniveau als die hier lebende Bevölkerung. Das bedeutet große Integrations­anstrengungen für Kindergärten, Schulen, Ausbildungs­betriebe, Sozialarbeiter.»[1]

Wir betreiben also tatsächlich einen Bevölkerungs­austausch. Und man nennt jeden Nazi, der das sagt.

Der Punkt ist: Wir tauschen hochqualifizierte Fachkräfte gegen Analphabeten und Minder­qualifizierte, und nennen das dann Toleranz, Gleichwertigkeit und Diversität.

Oder anders gesagt: Wir tauschen Leistungsträger und Steuerzahler gegen Hartz IV-Empfänger und Niedriglöhner, und halten das für die Zukunft des Landes und die utopisch-paradiesische Gesellschaft.

Hadmut Danisch[2]
Ich hab doch schon häufig über die verbitterten 10 % qualifizierter Fachkräfte geschrieben, die hierzulande nur noch ausgenommen werden.[3] Viele von denen hauen inzwischen ab.[4]
– Hadmut Danisch[5]

Kalifornien

Mal so eine Anmerkung zum "Einwanderungsland Deutschland".

Es könnte sich als Trugschluss erweisen, dass Länder "Einwanderungs­länder" sein oder werden könnten. Jedenfalls dann, wenn sie nicht noch im Aufbau sind.

Im Moment wird gerade ständig betont, dass Deutschland ein "Einwanderungsland" sei, es könnte aber sehr leicht zum Verdrängungs-, Ersetzungs-, Substitutions­land werden, vor allem, weil ja nicht genug (Wohn)platz da ist.

Wie das dann läuft, könnte man im "Einwanderungsland" Kalifornien sehen. Die halten sich ja auch für ein Einwanderungs­land, so sehr sogar, dass sie sogar die illegale Migration dulden und fördern, und wegen des dortigen politischen Systems sogar Städte und Universitäten illegale Migranten ausdrücklich aufnehmen. Sowas fördert die Selbst­wahrnehmung und Selbst­definition als Einwanderungs­land natürlich enorm.

FoxNews meint, dass die sich in Kalifornien gerade verrechnet hätten:

Zitat: «The number of people moving to California has significantly dropped since the pandemic started last year, while the number of people fleeing the state continues to rise, according to a new study.

"I guess I was a little bit surprised to see that entrances had fallen so much. It wasn't so much that we saw it in a particular area. For me, the surprise was that this was a statewide phenomenon," co-author of the study from California Police Lab, Evan White, told KCRA.»[6]

Seit die nämlich zu zereinwandert sind, kommen da nicht mehr so viele Leute, dafür gehen immer mehr.

Zitat: «The study found a 38% decrease in people moving to California at the end of September 2021 compared to the end of March 2020. The study found a 12% increase in residents moving out of state.

White noted that while the spiked exodus from the state is notable, the drop in people moving to the state is "the bigger story." [...]

Sacramento County, home to the state's capital, saw a 33% decrease of people moving in and a 13% increase in people leaving for other states. [...]

Overall, all regions of the state saw anywhere from a 25% to 45% decline in out-of-state entrances. [...]

"California is the capital of homelessness and poverty, suffocating gas and income tax rates, and the highest number of residents picking up and moving to more affordable and welcoming states," GOP party chairwoman Jessica Millan Patterson said in an April statement of the lost seat. "Californians will have one less voice to speak for us in Washington, which proves yet again that it's time for change and real leadership." [...]

DISNEY EMPLOYEES BEGIN RELOCATING FROM CALIFORNIA TO FLORIDA: ‘BUSINESS-FRIENDLY CLIMATE'

Companies such as Tesla officially moved from the state this month to Texas, with experts weighing in that tax incentives and that "getting employees is much cheaper and easier in Texas."

While Disney also announced this year it would move 2,000 employees from California to Florida in part because of "Florida's business-friendly climate," chairman of Disney Parks, Experiences and Products, Josh D'Amaro, said in July. [...]

California's total population fell by more than 182,000 in 2020, according to a report by the California Department of Finance released in May.»[6]

Und die Bildunterschrift

Zitat: «California lost 1 million residents over 10 years; William La Jeunesse reports from Los Angeles.»[6]

Sie halten sich also für ein Einwanderungsland, objektiv sind sie aber ein Auswanderungsland.

– Hadmut Danisch[7]

Russland

Ich bekomme immer mehr Fragen von Lesern, die sich dafür interessieren, nach Russland auszuwandern. Da ich keine individuelle Beratung machen kann und will, werde ich hier einen Tipp geben, an wen man sich dazu wenden kann, und auf viele Artikel und Videos verweisen, in denen ich darüber bereits berichtet habe.

Das Wichtigste zuerst

Man kann recht problemlos nach Russland reisen. Seit 2023 kann man ein russisches Touristenvisum als Deutscher bequem online beantragen und bekommt es in wenigen Tagen. Alle Informationen dazu und das Antragsformular finden Sie auf dieser offiziellen Seite des russischen Außenministeriums.[8]

Zwar gibt es keine Direktflüge nach Russland mehr, aber man kann über die Türkei oder Serbien fliegen. Oder man fährt durch Polen nach Kaliningrad (übrigens eine sehr schöne Stadt) und nimmt von dort aus einen russischen Inlandsflug nach Moskau, Petersburg oder wohin auch immer.

Ich empfehle jedem, der mit dem Gedanken spielt, nach Russland auszuwandern, dringend, das Land erst einmal zu besuchen und zu prüfen, ob man sich in Russland wohl fühlt. Bloß weil ich von Russland begeistert bin, muss das nicht für Sie gelten.

Als zweites muss man, wenn man nach Russland auswandern will, Russisch lernen. Ohne Russisch wird man große Schwierigkeiten im Alltag, bei der Arbeitssuche, bei Behörden und so weiter haben. Als Tourist kommt man mit Englisch in den meisten russischen Städten recht problemlos zurecht, aber in einem Land zu leben, ist doch nochmal etwas ganz anderes.

Russland "ausprobieren"

Ich habe über meine gute Freundin Alina Lipp, die sich inzwischen darauf konzentriert, Menschen beim Auswandern nach Russland zu helfen[9], eine Organisation kennengelernt (hier der Link zu deren Seite[10]), die bei allem, was mit Auswandern zu tun hat, hilft. Mit einer Mitarbeiterin der Organisation habe ich bei Anti-Spiegel-TV letztes Jahr dieses Interview gemacht.

Die Organisation arbeitet mit einer Sprachschule zusammen, die Interessierten ein sehr gutes "Schnupper­programm" anbietet. Man kann dabei aus mehreren russischen Städten wählen und dort zwei oder vier Wochen leben, wobei man an jedem Wochentag vier Stunden individuellen Sprachunterricht hat, um ein Gefühl dafür zu bekommen, ob einem Russisch als Sprache liegt.

Untergebracht wird man in Apartments und nicht in Hotels, damit man auch ein Gefühl für das Alltagsleben bekommt, indem man selbst Einkaufen geht und so weiter. Es ist also so etwas wie "Probeleben" in Russland.

Dabei wird man aber nicht alleine gelassen, denn im Programm sind zwei- bis dreimal pro Woche Halbtages­ausflüge mit professionellen Stadtführern enthalten und man besucht auch Stammtische und andere gemeinschaftliche Events mit bereits Eingewanderten. Man kann also auch mit Menschen sprechen, die den Schritt schon gemacht haben und von deren Erfahrungen profitieren.

Und wer sich für die vierwöchige Variante entscheidet, hat im Preis auch einen mehrtägigen Ausflug beispielsweise aus Moskau nach Petersburg inklusive Bahnfahrt, Hotel und Stadtführungen eingeschlossen.

Detaillierte Informationen mit allem, was in der Reise inklusive ist und was noch alles geboten wird, finden Sie hier.[11] Auf der Seite können Sie auch den Preis ihrer individuellen Reise berechnen. Und wenn Sie bei der Buchung angeben, dass Sie über mich von dem Angebot erfahren haben oder einfach "Thomas" angeben, gibt es sogar einen Rabatt von 5.000 Rubel (derzeit etwa 60 Euro).

Sie können sich mit allen Fragen zu diesen Sprachreisen, zu Rundreisen in Russland und zum Thema Auswandern an die Seite wenden. Die Kollegen dort sprechen übrigens Deutsch.

Zum Schluss will ich noch auf zwei Sendungen von Anti-Spiegel-TV vom letzten Sommer hinweisen, in denen ich mit Deutschen gesprochen habe, die bereits einige Zeit in Russland leben.[12]

Thomas Röper[13]

Was deutsche Auswanderer vermissen

Deutschland ist ein Auswanderungsland. Jedes Jahr kehren mehr Menschen dem Land den Rücken - vor allem Junge und gut Qualifizierte zieht es weg. Das hat eine neue Studie gezeigt.

Ich bin auch ausgewandert. Seit fünf Jahren lebe ich mit meiner Familie in Kambodscha. Eigentlich müsste ich nun davon schreiben, wie toll mein Leben im ewigen Sommer ist, befreit von deutscher Steifheit.

Wenn da nicht diese sieben Dinge wären, die ich wirklich vermisse (und, nein, Schwarzbrot ist nicht darunter):

  1. Ein guter deutscher Döner
    Mit Döner verbinde ich die schönsten Erinnerungen meiner Jugend: Reeperbahn, Hamburger Berg oder Hans-Albers-Platz um vier Uhr morgens. Die längste Zeit meines Lebens hielt ich das Fladenbrot für ein türkisches Gericht, das von Einwanderern nach Deutschland gebracht wurde.
    Bis ich einmal auf einer Rucksackreise einen in Istanbul probierte. Es wurde eine der größten Enttäuschungen meines Lebens: eine trockene Brothälfte voll ranzigem Fleisch, garniert mit einer verbrannten Paprika. Wo waren die frischen Tomaten? Der Krautsalat? Der Schafskäse? An diesem Tag wurde mir klar, dass es den Döner, wie wir ihn kennen, nur in Deutschland gibt.
    Es ist kein türkisches, sondern ein deutsches Gericht. Ich würde sogar sagen: das wahre deutsche Nationalgericht. Mit Knoblauchsauce und viel Scharf, bitte!
  2. Deutsche Unfreundlichkeit
    Zum Pflichtprogramm eines Auswanderers gehört es, über Facebook nach Hause zu funken, dass die Menschen so ziemlich überall außerhalb Deutschlands viel freundlicher und offener seien. Es stimmt. Und diese ganze Freundlichkeit geht mir auf die Nerven.
    Eines meiner großen Missverständnisse im Umgang mit Amerikanern und Australiern war, dass ich dachte, sie wollten tatsächliche einen Statusbericht über Körper­funktionen, finanzielle Lage und psychisches Befinden haben, wenn sie mich "How are you?" fragten. Das führte zu einigen sonderbaren Situationen. Ich lernte bald: Egal, ob man pleite ist oder Leukämie hat - man hat zu antworten: "I'm fine!"
    Mir tun auch die britischen Busfahrer leid, die jedem Passagier freundlich zunicken müssen, der sich bei ihnen bedankt. Und die armen amerikanischen Kassiererinnen, die einem strahlend die Einkäufe in die Tüte packen müssen. In Deutschland gilt: Wer einen beschissenen Drecksjob hat, darf es auch deutlich zeigen. Es ist Teil der sozialen Gerechtigkeit, die uns Deutschen so am Herzen liegt.
  3. Die Nordsee
    In der Wohnung des ersten Freundes meiner Schwester hing eine Motivtapete an der Wand: ein weißer Strand mit Palmen und blauem Wasser. Für mich war das der Ausdruck deutscher Spießigkeit: Die Sehnsucht nach dem Paradies, dem "unberührten" tropischen Strand. Nun, wir haben in Kambodscha unberührte tropische Strände bis zum Abwinken.
    Leider hat man mir drei Wahrheiten über sie verschwiegen: Erstens - unberührte tropische Strände sind unberührt: Das heißt: voll mit Müll, Ästen, Blättern - und vielen, vielen Plastiktüten. Die tropischen Strände, die wir aus den Bildern im Reiseführer kennen, sind eben nicht unberührt, sondern wurden aufgeräumt.
    Zweitens: Unberührte tropische Strände sind der natürliche Lebensraum des Sandflohs, eines Insekts, dessen Weibchen sich gerne in der Haut zwischen den Zehen einnistet. Das kann man nur verhindern, indem man sich mit hochprozentigem DEET einsalbt.
    Drittens: Abgesehen von den Sandflöhen sind tropische Strände todlangweilig. Ich vermisse den Geruch der Nordsee. Tropische Strände riechen nach nichts - und wenn sie doch nach etwas riechen, möchte man lieber, dass sie nach nichts riechen.
  4. Hunde, die Stöckchen holen
    Ich mag Hunde. Ich kraule sie gerne hinter den Ohren und freue mich, wenn sie sich auf meine Füße legen. Wenn sie das machen, kommt der Punkt, an dem ich etwas suche, was ich dem Tier zum Spielen geben kann. Meistens ein Stöckchen.
    Kaum ein deutscher Hund, der auf den Anblick eines Stocks nicht mit begeistertem Schwanzwedeln reagiert. Leider habe ich alle meine Freundschaften mit kambodschanischen Hunden dadurch versaut, dass ich irgendwann anfing, einen Stock in die Hand zu nehmen: Sie jaulten, klemmten den Schwanz zwischen die Beine und machten ab sofort einen großen Bogen um mich.
    Es dauerte eine Weile, bis ich verstand, dass sie mit Stöcken nicht "spielen" assoziieren. Das nennt man wohl ein kulturelles Missverständnis.
  5. "Deutsche" Nutella
    Nutella gibt es auf der ganzen Welt - auch in Kambodscha. Ich muss nur über die Straße laufen und kann mir ein Glas kaufen, wenn mir der Sinn danach steht. Doch das Problem ist: Sie schmeckt hier anders als in Deutschland. Und das ist nicht eingebildet.
    Ferrero bringt den Brotaufstrich in Deutschland mit einer Rezeptur auf den Markt, die sich von jener, die in Italien oder Frankreich verkauft wird, unterscheidet: fester, weniger Zucker, mit mehr Kakao. Die Deutschen mögen es eben nicht so süß.
    Verbunden mit den hier herrschenden Temperaturen wird die internationale Nutella zu einer klebrigen Masse, die so süß ist, dass sie einem die Fußnägel hochrollt.
  6. Kinder, die an der Tür klingeln
    Meine Kindheit in Deutschland sah so aus: Nach der Schule flog der Ranzen in die Ecke, ich aß, was meine Mutter in Ofen warmgehalten hatte, rief dann: "Mama, ich geh' zu Bernd/Lea/Basti/Dirk/Uwe!" und schlug die Haustür hinter mir zu.
    Dann klingelte ich unangemeldet bei den Nachbarn: "Kann Bernd/Lea/Basti/Dirk/Uwe rauskommen?" Der Deal mit den Eltern war: Bevor es dunkel wird, sollte ich nach Hause kommen. Wir genossen eine unglaubliche Freiheit.
    In Kambodscha können wir unserer Kinder nicht alleine aus dem Haus lassen, da der Straßenverkehr tatsächlich zu gefährlich ist. Aber auch in Gegenden, wo der Verkehr kein Problem ist, können wir die Kinder nicht aus dem Haus lassen, weil besorgte britische, amerikanische und australische Expat-Eltern sie sehen könnten.
    Und für die ist es unvorstellbar, dass Kinder alleine im Park oder auf dem Spielplatz spielen. Bei denen spielen Kinder nur in organisierten "Playgroups" und unter ständiger Beobachtung der Eltern.
    Kaum ein Land bietet Kindern eine Jugend mit derart viel Sicherheit und Freiheit wie Deutschland.
  7. Das CEE-7/4-Schuko-System
    Gefühlte 15 Prozent meiner Wachzeit verbringe ich damit, elektrische Geräte zum Laufen zu bringen. Zum Beispiel, indem ich kunstvolle Schlaufen in Stromkabel mache, und diese um Tisch- und Stuhlbeine wickele. Oder indem ich kleine Pappfetzen abreiße und zwischen Steckdose und Stecker schiebe. Oder Stecker und Steckdose mit einem sorgfältig ausgewählten Buch beschwere.
    Wenn gar nichts mehr hilft, greife ich zum Klebeband. Alles nur, damit Stecker und Steckdose sich in diesem einen, bestimmten Winkel zueinander befinden, in dem durch beide Kontakte Strom fließt.
    Und wenn dann der Fernseher wieder läuft oder der Computer wieder hochfährt, stolpert meine Tochter über das Kabel und ich kann wieder damit anfangen. Oh, wie vermisse ich das deutsche CEE-7/4-Schuko-System: Stecker rein, Strom fließt - super.
– Benjamin Prüfer[14]

Warum Juden in Deutschland die Auswanderung erwägen

Gut ist das Gegenteil von gut gemeint. Sagte Tucholsky[wp]. Und gut gemeint war und ist die kosmopolitische Vision einer grenzenlosen Welt, die Vision des Spät­sommer­märchens, der Willkommenskultur: "Kein Mensch ist illegal", "No Borders, No Nations", "Bleiberecht für alle", "Überwindung des Nationalstaats", "Wir schaffen das", so hieß es, heißt es.

Denn warum soll derjenige, der das Unglück hatte, in ein von Krieg oder von Armut zerrissenes Land hineingeboren zu werden, nicht das Recht haben, dorthin zu ziehen, wo es Wohlstand und Stabilität gibt? Hätten nicht die Bewohner des globalen Nordens genauso gehandelt, wären sie nicht zufällig in Stuttgart zur Welt gekommen, sondern in Sierra Leone? Sind Grenzen also nicht nur ungerecht, sondern auch unlogisch? Weg mit ihnen, den Grenzen! Daher: Brüder, zur Sonne, zum Weltstaat! Das ist die große Utopie.

Ich bin ein postsowjetischer, ein - im weiteren Sinn - russischer Jude. Und wir russischen Juden haben unsere Erfahrungen in Utopie bereits gemacht. Unsere Utopie war die Utopie des Kommunismus, der Traum von der radikalen Gleichheit, vom neuen Menschen und von der leuchtenden Zukunft. Diesem Traum hatten wir uns 1917 ganz, mit Haut und Haar, mit Herz und Seele verschrieben.

An die Stelle von Not und Ausbeutung sollte - jedem nach seinen Bedürfnissen - der universelle Überfluss treten, an die Stelle der Unterdrückung im Zarenreich die Freiheit im Sozialismus. Was sonst sollte die Alternative sein zu einem System der absoluten Rückständigkeit in Staat und Wirtschaft; zu einem System, in dem Millionen von namenlosen Arbeitern und Bauern den Heldentod riskieren mussten für die Ehre einer winzigen Klasse von Kapitalisten und Aristokraten; zu einem System, in dem es Austern und Champagner für die oberen Zehntausend und für die Masse der Menschen nur Hunger gab.

Und wir haben zutiefst daran geglaubt, mit voller Inbrunst, dass es möglich ist, dass wir dazu den Reichen nur ihren Reichtum nehmen, ihn umverteilen und die Marktwirtschaft mit ihrer brutalen Irrationalität überwinden und an ihren Platz einen brillanten 5-Jahres-Plan stellen müssen. Und ganz schnell, mit einem Ruck, würden wir nach einer ultrakurzen Zeit der Entbehrung alle himmlischen Erlösungs­phantasien hinter uns lassen und in einem irdischen Paradies landen.

Einen ungekannten Produktivitäts­schub würde es geben und einen ewigen Frühling, in dem es uns freistünde, "heute dies, morgen jenes zu tun, morgens zu jagen, nachmittags zu fischen, abends Viehzucht zu treiben, nach dem Essen zu kritisieren". Onkel Marx hat uns das doch so versprochen. Wie es wirklich funktionieren sollte, wussten wir vielleicht nicht. Aber schlimmer als im Zarenreich würde es nicht werden. Dachten wir.

Aber wir wollten doch nur das Beste

Schaut man zurück, verblassen alle Untaten des russischen ancien regime vollkommen vor dem Horror des sowjetischen Welt­verbesserungs­projekts[ext]: In fast hundert Jahren, von 1820 bis 1910, wurden in ganz Russland ca. 6500 Menschen wegen politischer Verbrechen hingerichtet, allein in den Jahren 1937/38 in der UdSSR aber ca. 700.000 Personen erschossen. Dazu kommen die Abermillionen Toten durch Bürgerkrieg[wp], menschen­gemachte Hungersnot[wp], Dekulakisierung[wp], Zwangs­kollektivierung[wp], Säuberungen[wp], Gulag[wp].

Aber wir wollten doch nur das Beste. Natürlich hätte man es voraussehen können, dass, wenn man das Profitstreben als Triebfeder ausschaltet, Gewalt an dessen Stelle treten muss; dass, wenn man Märkte abschafft, man Ineffizienz bekommt; dass, wenn man Parlamente und unabhängige Gerichte als bourgeois-kapitalistische Hirngespinste über Bord wirft, Sadismus und Machtgier der Regierenden freie Hand haben; natürlich hätte man voraussehen können, dass der Kuchen, den man verteilen möchte, nicht plötzlich größer wird, wenn man Landbesitzer und Unternehmer tötet oder aus dem Land jagt und das auch dann nicht, wenn man schließlich aus Frustration die letzten noch verbliebenen "Reichen", und das konnte zum Beispiel ein Bauer sein, der eine einzige Kuh (Produktionsmittel!) besaß, ausnimmt und zum Verhungern nach Sibirien schickt. Man hätte es voraussehen können. Leider haben es zu viele nicht voraussehen wollen.

Irgendwann hatte der große Horror ein Ende. Irgendwann, nach dem Tod Stalins, hat das Regime aufgehört, die eigenen Bürger als Saboteure dafür zu bestrafen, dass sich aus irgendeinem Grunde doch kein Staat schaffen ließ, in dem wir nur mit dem Finger zu schnippen bräuchten und uns gebratene Tauben sogleich in den Mund fliegen würden. Zu dem Zeitpunkt aber ist von der Utopie nichts mehr geblieben. Geblieben ist ein graues Land mit einer roten Fahne. Eine Farce, die mit der Vision von Sozialismus und Kommunismus etwa so viel Ähnlichkeit hatte wie eine Gummipuppe mit einem Menschen.

Ja, die Sowjetunion hat den Faschismus [Anmerkung der Redaktion: Die Sowjetunion hat nicht "den Faschismus" besiegt, sondern den deutschen Nationalsozialismus] besiegt, und da gab es für uns Dutzende Millionen Untermenschen, Slawen und Juden, gar keinen Zweifel: lieber im kommunistischen Elend leben, als gar nicht leben im Nazi-Reich. Aber für den Sieg gegen den Faschismus hätte es das Regime nicht gebraucht, den Sieg haben die Menschen errungen. Und ja, man konnte im Kommunismus leben, lachen, lieben, glücklich sein.

Aber das alles kann man auch und viel besser im Kapitalismus. Und sogar um ein Vielfaches sozialistischer als der Sozialismus waren die westeuropäischen Wohlfahrtsstaaten und die USA, in denen Anfang der Achtziger fast jeder Haushalt Telefon, Auto und Farb­fernsehen besaß, während in der Heimat aller Werktätigen zur selben Zeit die Mehrheit der Bevölkerung nichts von diesen Dingen, kein Telefon, kein Auto, keinen Farbfernseher hatte.

Nein. Die Oktoberrevolution[wp] von 1917 war ein kapitaler Fehler. Und besser für uns alle wäre, es hätte die Ideologie einfach nie gegeben, die dahinter stand: die kommunistische Utopie.

Aus der kommunistischen Utopie ist heute die kosmopolitische Utopie geworden.

Die Abschaffung der Grenzen wurde unerbittlich gefordert

Diese antinationale Utopie ist eigentlich nur die Sache einer - gar nicht mal so kleinen - Minderheit. Einer Minderheit, die zur gefühlten Mehrheit wird in ihrem eigenen ultrahomogenisierten Innenstadtviertel-Umfeld der nach eigener Ansicht Kreativen und nach allgemeiner Ansicht Wohlhabenden.

Doch im Spätsommer 2015 hat die kosmopolitische Fantasie nicht nur eine Minderheit, sondern die gesamte deutsche Gesellschaft, uns alle, erfasst. Die einen als herrlicher Traum, aus dem man nicht mehr erwachen möchte, und die anderen, die meisten, als Alptraum, aus dem man es gerne würde, aber nicht kann. Die Abschaffung der Staatsgrenzen wurde mit einer Unerbittlichkeit gefordert wie einst die Verstaatlichung der Produktionsmittel. Begründet hat man das unterschiedlich. Mal hieß es, Deutschland müsse alle Asylsuchenden der Welt aufnehmen, alle, die kommen. Mal hieß es, die Wirtschaft brauche neue Fachkräfte. Mal hieß es, man könne Grenzen in Zeiten von Smartphones eh nicht mehr schützen. Widerrede war zwecklos.

Ein Beispiel: Als der Präsident des Zentralrates der Juden sagte, man werde um eine Obergrenze nicht herumkommen, und seine Sorgen äußerte über arabischen Antisemitismus (keine vollkommene absurde Furcht angesichts der Tatsache, das nach amtlichen Statistiken viele politisch motivierten Gewalttaten gegen Juden von "Ausländern" begangen werden), hieß es im halbamtlichen Mitteilungsblatt der Bundesregierung "taz" schlicht, der Zentralrat der Juden müsse jetzt endgültig in den Zentralrat der rassistischen Juden umbenannt werden.[15]

Man will es nicht glauben, reibt sich die Augen, aber der Artikel findet sich und dort steht es genau so: Zentralrat der rassistischen Juden. Ein anderes Beispiel: Joschka Fischer meint in einem Text in der SZ, angesichts von Viktor Orban und Kaczynski könne man "fast" von Wohlstands­faschismus sprechen. Wohlstands­faschismus, klingt das nicht super? In Polen beträgt die Durch­schnitts­rente übrigens 360 Euro im Monat. Fischer dagegen hat im Jahr 2010 ca. 250.000 Euro im Monat verdient.

In den frühen Dreißigern des letzten Jahrhunderts haben kommunistische Parteien gegen Sozialdemokraten als Sozialfaschisten agitiert; heute halten unsere Gesinnungseliten Menschen, die der Ansicht sind, Staaten dürften darüber bestimmen, wen sie ins Land lassen sollen, für Rassisten, Faschisten, Verbrecher. Man sagt, Geschichte wiederhole sich nicht, aber ihr seht, Freunde, es ist alles schon mal dagewesen.

Und es war auch schon einmal so, dass eine gut gemeinte Sache fatale Folgen hatte: Die Konsequenzen der kommunistischen Utopie in Russland sind bekannt. Welche Konsequenzen wird nun die kosmopolitische Utopie in Deutschland haben, wenn man sie realisiert, also wenn es einfach so weiter geht wie bisher?

Interethnische Spannungen könnten die Folge sein

Es ist wahrscheinlich, aber nicht völlig sicher, dass einer Gesellschaft, die nicht weiß, wer sie ist und was sie sein will, die ökonomische und kulturelle Integration von Millionen und Millionen von Neu­ankömmlingen misslingen wird, mit der Folge unbeherrschbar wachsender inter­ethnischer Spannungen.

Es ist wahrscheinlich, aber nicht völlig sicher, dass Kriminelle und Terroristen aus dem gesamten Nahen Osten sich unter den Flüchtlingsstrom mischen und nach Europa kommen werden, so dass nach einiger Zeit auch der letzte Anschein staatlichen Gewaltmonopols verschwindet. Es ist wahrscheinlich, aber nicht völlig sicher, dass ein bedeutender Teil der Einheimischen das Vertrauen aufgibt in einen Staat, der die Kontrolle verloren hat, dass dieser Teil sich radikalisiert und die Systemfrage stellt, in der Wahlkabine oder auf der Straße. Das alles ist wahrscheinlich, aber eben nicht völlig sicher, hängt es doch von verschiedenen Annahmen ab, über die man endlos diskutieren kann, hängt es doch davon ab, welche Vorstellungen man hat von Ökonomie oder von der Existenz kulturspezifischen Verhaltens, vom Wesen des Islam, von Rassismus, von Kriminalität oder von der Attraktivität westlich-liberaler Werte.

Es ist aber sicher, nicht nur wahrscheinlich, dass jeder Sozialstaat bei einer Zuwanderung ohne absehbares Ende nach einigen, wenigen Jahren bankrott gehen wird. Beamten­gehälter, Pensionen, Sozial­leistungen werden schlicht nicht mehr gezahlt werden können, weil kein Geld mehr da ist, und auch niemand einem Staat Geld leihen wird für ein Projekt, dass ein Fass ohne Boden ist. Um darauf zu kommen braucht man keine klugen Theorien über die Natur des Menschen, dafür reicht Arithmetik auf Grundschul­niveau. Klingt logisch, ja sogar trivial? Finde ich auch.

Soviel zur Unlogik. Nur ist das geradezu ein allgemeines Merkmal von Utopien: eine große Vision mit einem Überfluss an Pathos und einem Mangel an Realitätssinn. Auf die simple Frage, wie das ganze eigentlich funktionieren soll, haben die Freunde des Utopischen[ext] keine Antwort, warum auch, schließlich ist die Frage selbst schon ein Verbrechen.

Utopien sind dabei nicht notwendig links, denn genauso wie es linke Utopien gibt, gibt es rechte. Während es auf der einen Seite Gleichheits­utopien sind, dominieren auf der anderen Kontroll- oder Bestrafungs­utopien. Prohibitive Drogenpolitik zum Beispiel hat utopische Züge und katastrophale Konsequenzen (nur: diese Konsequenzen sind nichts im Vergleich zu den Folgen des kosmopolitischen Wahnsinns). Auch die nationale Option in der Flüchtlingskrise, die Grenzschließung ist eine gefährliche rechte Utopie, aber dazu später. Eine andere rechte Utopie ist die gnadenlose, radikalisierte Sparpolitik und die dahinter stehende bizarre Vorstellung, man könne einen halb­bankrotten Staat zur Rückzahlung seiner Schulden bringen, einfach indem man seine Wirtschaft noch weiter zerstört.

Die beiden großen Utopien der letzten Jahre, die Flüchtlings­utopie und die Austeritäts­utopie haben dabei maßgeblich zur Destabilisierung Europas beigetragen, dazu, dass der Zerfall der EU ein realistisches Szenario geworden ist. Bemerkenswert, dass sowohl die eine, wie auch die andere Utopie hauptsächlich von der deutschen Bundesregierung verfochten wurde, ohne Rücksicht auf Konsequenzen.

Indes haben die Deutschen kein Alleinabo auf Utopien. Utopien sind universell: ob Russen oder Juden, Chinesen, Kambodschaner, irgendwann wird, vielleicht mit Ausnahme der Engländer, einem beneidenswerten Volk, jede Nation dafür anfällig. Es wäre interessant zu erforschen, woher dieser total menschliche Zug zur Utopie kommt und warum dieses Utopie-Fieber manchmal wie eine Epidemie ausbricht und plötzlich ganze Gesellschaften erfasst.

Ist das der menschliche Aggressions­trieb - Freuds Thanatos -, der irgendein Objekt sucht, und wenn keines zu finden ist, sich einfach gegen sich selbst wendet? Ist das ein angeborenes Unbehagen an der Realität, ein zu irgendeinem Zeitpunkt unserer Evolutions­geschichte nützlich gewesener Hang zur Halluzination? Oder ist das im Gegenteil die harte Liebe zur Realität, die Neugier und Experimentierfreude, die dahinter steckt: Der eine wird Physiker, und wer schlecht in Mathe ist, versucht sich halt an Sozial­experimenten. Meines Erachtens ist ein Punkt besonders wichtig, um das Aufkommen von Utopien zu verstehen: Utopien sind stets Reaktionen auf wirkliche Herausforderungen.

Die Abschaffung des Nationalstaats ist keine Antwort

Utopien sind irreale Antworten auf reale Probleme. Denn natürlich ist es eine Ungeheuerlichkeit, wenn ein europäisches Kind nach einer 4D-Ultra­schall­untersuchung bei einer Wassergeburt auf der Perinatalstation zur Welt kommt, während das ein afrikanisches Kind ohne jegliche medizinische Versorgung schaffen muss, oder wenn eine deutsche Familie in einer Altbau­wohnung residiert, während einer syrischen Familie das Haus weggebombt wird. Wie kann das sein?

Nichts kann dieses Ausmaß an Ungleichheit rechtfertigen. Sicher darf und muss eine Gesellschaft, eine Nation sich zuerst um ihre eigenen Angehörigen kümmern, wie Eltern sich zuerst um ihre eigenen Kinder sorgen, aber es gibt auch eine allgemeine menschliche Verantwortung aller für alle. Wie man dieser Verantwortung gerecht werden kann, ist die große Frage unserer Zeit.

Keine Antwort auf diese Frage ist aber die kosmopolitische Utopie von der Abschaffung des Nationalstaats, der Grenzen. Wohin würde es denn führen, wenn ein Industriestaat in der Mitte Europas zusammenbricht und zu einem zweiten Libanon wird oder zu einem Somalia des Nordens? Welche Folgen hätte dies für den Rest Europas, ja der Welt? Wem wäre damit gedient?

Irgendwann muss man zur Vernunft zurückkehren: Genauso wie die kommunistische Utopie keine Lösung für die Ungerechtigkeiten der Industrialisierung war, ist die kosmopolitische Utopie keine Lösung für die Ungerechtigkeiten der Globalisierung. Man wird andere Rezepte suchen müssen. Beispielsweise: Die völlige Abschaffung von Agrar­subventionen, die massive Förderung von Investitionen in Entwicklungs­ländern, die Voll­finanzierung von Flüchtlingscamps in den Anrainer­staaten. Solche Dinge werden viel Geld kosten. Aber es ist eine edle Sache, dieses Geld in die Hand zu nehmen und zu helfen.

Erlöse uns von der Utopie

Ja, Utopien können enorme Kräfte mobilisieren, Leidenschaften hervorrufen. Erlöse uns von dem Übel, heißt es im Vaterunser. Heute müsste es heißen: Erlöse uns von der Utopie. Und wenn ein Gott uns nicht vom Horror des utopischen Denkens erlöst, dann müssen wir es eben selbst tun.

Nur: keine (Er-)Lösung ist es, von einer Utopie stracks zur anderen zu laufen. Die rechte Vision von einem abgeschotteten Deutschland, einer Schließung der deutschen Grenze, von einer Abweisung aller illegalen Migranten, ist auch eine Utopie. Ja, sie wäre wohl vollkommen legal, viel legaler als das heutige "freie Fahrt für Alle", und wenn man will, kann man sie mit dem Pathos des Rechts, des Rechthabens einfordern.

Aber nochmal: Utopien eignet ein Übermaß an Pathos und ein Mangel an Realitätssinn. Und es ist eine Illusion zu meinen, diese Alternative zur Willkommenskultur würde uns zurück in ein behagliches Land braver Bausparer und ehrbarer Kaufleute zurückführen, in dem die Bürgersteige um 18.30 Uhr hochgeklappt werden und in dem mittags Ruhe herrscht. In dem alles wieder so sein wird wie es einmal war in der guten alten Zeit. Es ist unklar, ob der Flüchtlingsstrom überhaupt versiegen würde im Falle der nationalen Grenzschließung. Und wenn ja, ist wahrscheinlich, dass dies nicht nur das Ende von Schengen wäre, sondern auch das Ende des Euro und der EU, binnen kurzer Zeit, unaufhaltsam. Folgen würde angesichts der ökonomischen Interdependenz in Europa ein wirtschaftliches Chaos. Und wozu würden Massen­arbeits­losigkeit und rasante Verelendung führen? Zu gigantischen sozialen und ethnischen Spannungen. Wie sollen diese Konflikte überhaupt noch friedlich moderiert werden können in diesem konsensverwöhnten Land?

Es bleibt nur noch die australische Lösung

Ist es also zu spät? Ich habe mich lange gefragt, ob es sich noch lohnt, diesen Text zu schreiben. Warum Panik säen, wenn ohnehin alles verloren ist, nachdem die Bundesregierung mit ihrer Rhetorik der Selbst­gerechtigkeit ganz Europa gegen sich aufgebracht hat? Aber mir scheint, es lässt sich vielleicht doch noch etwas erreichen, aus einer katastrophalen Lage eine erträgliche Situation machen. Mit einer europäischen Lösung. Dabei denke ich nicht an einen permanenten europäischen Verteilungs­mechanismus für Migranten - das ist fast so, wie wenn man auf einem beschädigten Schiff, statt das Leck zu schließen, wartet, bis sich das Wasser im gesamten Rumpf ausgebreitet hat.

Stattdessen bleibt nur noch die australische Lösung[ext], und für diese Lösung bleibt nicht mehr viel Zeit. Europa wird mit afrikanischen Staaten verhandeln müssen, in denen es nach australischem Muster Flüchtlings­camps für alle Migranten ohne Visum geben wird, die die EU erreichen. Irgendjemand wird dann die irregulären Migranten aus den noch ankommenden Schlepper­booten aus Libyen oder der Türkei retten und sie danach in die Flüchtlingslager in Drittstaaten, nach Marokko oder Ruanda zum Beispiel, bringen müssen.

Ob Europa dies gelingen wird, hängt fast ausschließlich davon ab, ob Deutschland - ein Land das außenpolitisch sehr viel Porzellan zerstört hat, wenngleich es ironischerweise am meisten auf diese Lösung angewiesen ist - alle seine Kraft und sein Geld daran setzen wird, dieses Modell zu verwirklichen. Und zwar so schnell wie möglich, solange die Folgen eines temporär völlig ungeordneten Zustandes irgendwie noch erträglich sind, mit Zähneknirschen noch in Kauf genommen werden können.

Die australische Lösung ist grausam? Grausamer wäre die Alternative der dauerhaft offenen Grenzen. Übrigens ist Australien mit seiner restriktiven Politik gegenüber illegaler Migration eines der Länder mit der größten Toleranz gegenüber legaler Einwanderung und eine der Gesellschaften mit der größten Akzeptanz für ethnokulturelle Vielfalt. Deutschland kann es schaffen

Ja, ich glaube, dass Deutschland es schaffen kann, obwohl ich es nicht mehr für wahrscheinlich halte. Ich bin deutscher Staats­angehöriger, auch wenn ich kein Deutscher bin. Ich bin Angehöriger einer ethnischen Minderheit. Ich bin Jude. Trotzdem mag ich dieses Land, es ist heute ein gutes Land, so gut wie jedes andere Land, ein Land, zu dem ich, ähnlich wie zu Israel oder zum post­sowjetischen Raum eine besondere Beziehung habe. Daher wünsche ich diesem Land und seinen Menschen, dass sie glücklich werden und auch andere glücklich machen.

Über den Weg, den Merkel eingeschlagen hat, bin ich entsetzt, genauso wie - nach meinem Empfinden - die große Mehrheit aller Juden hier, und wie viele, mit denen ich gesprochen habe, denke ich ans Auswandern. Ich werde es mal in Israel versuchen, was ich, glaubt es mir, schon lange vor der Flüchtlingskrise und aus völlig anderen Gründen vorhatte. Doch irgendwie wünsche ich beinahe, dass ich dort krachend scheitern werde und dann wieder zurückkehre nach einigen Jahren in ein starkes, lebendiges, demokratisches, sicheres und liberales Deutschland. In ein Deutschland, das sich sehr spät auf den Weg machte, fast zu spät, aber nur fast, und das dann doch noch den letzten Zug gekriegt hat, den letzten Zug aus Utopia.

– Michael Hasin wurde 1989 in Tallinn (Estland) geboren, studierte in Berlin und Paris. Er arbeitet als Jurist in Hamburg.[16]

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Marcel Leubecher: Wanderungsstatistik 2021: Viele Deutsche verlassen das Land, Zuwanderung wieder auf Vor-Corona-Niveau, Die Welt am 1. Juli 2022
  2. Hadmut Danisch: Auswanderungsland Deutschland, Ansichten eines Informatikers am 28. Juni 2022
  3. Hadmut Danisch:
    • Die GroKo und die Leistungsträger, Ansichten eines Informatikers am 4. Februar 2018
      Die Regierung, vor allem die SPD, aber eben auch die gefügige, willenlose und ihr untertänige CDU, machen nichts anderes mehr, als den Restbestand der Leistungsträger immer weiter auszuplündern. Wie oft habe ich das schon geschrieben?
      Recht ist auch nur noch dazu da, um gegen den Leistungsträger eingesetzt zu werden. Schon der Umbau des Grundgesetzes: Es gibt keine Grundrechte mehr. Mit Artikel 3 GG hat man ein Grundrecht des Staates gegen den Bürger eingesetzt, das "Halt's-Maul-Grundrecht des Staates".
      Ihr glaubt nicht, wieviele Mails der Art "Warum arbeitest Du noch?" oder "Was machst du noch hier?" ich bekomme. Wäre ich nicht zu alt und vom Finanzamt zu ausgeplündert, und hätte man mir nicht mit der Promotions­nummer die Karriere nachhaltig kaputt gemacht, wäre ich längst weg.
      Ich persönlich komme mir da schon lange verarscht vor, insbesondere wenn die SPD mit ihrem Schulz daherkommt, von "Gerechtigkeit" redet und erst mal Steuern erhöhen will, um den wenigen, die noch arbeiten, einfach noch mehr wegzunehmen. Und das nach den vielen Plünderungs­wellen:
      Wir müssen immer mehr, immer mehr Leute durchfüttern.
    • Neo-Linker Herren-Rassismus: Das Comeback des Pseudo-Adels, Ansichten eines Informatikers am 2. August 2017
      Ich hatte doch schon in so vielen Artikel geschrieben[ext], dass die Geistes- und vor allem die Sozialwissenschaften heute im wesentlichen darauf hinauslaufen, nichts mehr zu lernen, zu können, zu arbeiten, das als Lebensstil festzulegen und sich lebenslang ohne Eigenleistung von anderen durchfüttern zu lassen. [...]
      Ich habe ja auch schon oft geschrieben, dass ein immer kleinerer Teil der Gesellschaft, ich schätze 10 % geistig und 10 % körperlich (bezogen auf die überhaupt Erwerbstätigen), die effektive Arbeit macht und alles mitschleppen muss, und der Rest nur noch aus Zahlungs­empfängern und Pseudo-Jobbern (Bullshit-Jobs) besteht. Und wir deshalb so hohe Steuern und eine durchgeknallte "Umverteilungs­partei" haben, weil das längst zum Staatsprinzip geworden ist. Das Problem an der Demokratie ist nämlich, dass man da nicht mehr herauskommt, sobald die, die auf anderer Leute Kosten leben, die Mehrheit erreichen und bestimmen, wie es weitergeht.
      Und es gibt ja ständig neue Ansätze, das zu tun. Neben absurdem Unterhalts- und Zugewinn­ausgleichs­recht für Frauen immer mehr Sozialleistungen für immer mehr Leute, die Forderungen nach bedingungslosem Grundeinkommen, Frauenquoten, massenweise Komplett­unfähige, die im Öffentlichen Dienst und als Professorinnen durchverbeamtet werden. Dazu eine galoppierende Zuwanderung von Leuten, die auch nur noch Zahlungs­empfänger sind.
  4. Gunnar Heinsohn: Auswanderungsland Deutschland: Kompetente wandern ab, Neue Zürcher Zeitung am 7. Juli 2016
    Anreißer: Deutschland muss endlich den Abgang von Hochkompetenten stoppen: 300.000 Deutsche, die bis 2014 in die Schweiz emigriert sind, helfen der kleinen Demokratie, an der Weltspitze zu bleiben. Deutschland steht dagegen vor gewaltigen Herausforderungen.
  5. Hadmut Danisch: Vom Lebens- und Sterbenszyklus von Einwanderungsländern wie Deutschland und Kalifornien, Ansichten eines Informatikers am 16. Dezember 2021
  6. 6,0 6,1 6,2 Emma Colton: Rate at which people stopped moving to California surprised researchers: 'Statewide phenomenon', FoxNews am 16. Dezember 2021
    Anreißer: Celebrities and companies have also made the move out of California to states like Texas and Florida.
  7. Hadmut Danisch: Vom Lebens- und Sterbenszyklus von Einwanderungsländern wie Deutschland und Kalifornien, Ansichten eines Informatikers am 16. Dezember 2021
  8. The Ministry of Foreign Affairs of the Russian Federation - Consular Department: E-visa Application Process
  9. Wie Alina Lipp Menschen hilft, die nach Russland auswandern wollen, Anti-Spiegel am 5. Januar 2025
  10. Herzlich willkommen bei unserem unabhängigen, privat finanzierten Projekt von Einwanderern in Russland! Wir bieten umfassende Informationen über das Leben in diesem Land, ohne Unterstützung von staatlichen Stellen oder anderen Einnahmequellen, da wir uns vollständig ehrenamtlich engagieren. Dank dieser Unabhängigkeit setzen wir unsere Ressourcen sorgfältig und effizient ein - und können euch trotzdem eine Menge bieten!
    Im Folgenden findest du eine Übersicht über die Services, die wir anbieten.
  11. Moya Rossiya: Sprachreisen
  12. Anti-Spiegel-TV:
  13. Thomas Röper: Auswandern nach Russland: Lernen Sie Russland kennen und testen Sie, ob Russland Ihre neue Heimat werden könnte, Anti-Spiegel am 28. März 2025
    Anreißer: Da ich immer wieder nach dem Thema Auswandern nach Russland gefragt werde, will ich hier sehr konkrete Tipps geben, wie man das Thema angehen und ohne Risiko testen kann, ob Russland zu einem passt.
  14. Benjamin Prüfer: Ich bin aus Deutschland ausgewandert. Aber wegen dieser 7 Dinge bereue ich es, Refinery29 am 25. September 2019 (zuerst erschienen bei HuffPost[archiviert am 24. Januar 2019] am 18. März 2015)
  15. Armin Langer: Kommentar Flüchtlingsaufnahme: Rassismus im Zentralrat der Juden, taz am 23. November 2015
    Anreißer: Der Präsident des Zentralrats der Juden hat sich für eine Obergrenze bei der Flüchtlingsaufnahme ausgesprochen. Das ist ganz bitter.
    Auszug: Vergessen wir das idyllische Bild eines Zentralrats, der sich für die Unterdrückten dieser Welt einsetzt, der sich dem wichtigsten jüdischen Gebot, der Nächstenliebe, verbunden fühlt. Seien wir ehrlich miteinander: Mein Vorschlag wäre, dass sich der Zentralrat der Juden zum Zentralrat der rassistischen Juden umbenennt. Die Frage lautet dann: Wer wird uns, antirassistische Juden, vertreten?
  16. Michael Hasin - Der Tagesspiegel:
    • Deutschland und die Flüchtlinge: Warum ich als Jude ans Auswandern denke[archiviert am 11. September 2017], 3. Januar 2016
      Anreißer: Eine Welt ohne Grenzen ist eine gefährliche Utopie. Über den Weg, den Angela Merkel eingeschlagen hat, bin ich entsetzt. Das geht vielen Juden hier so. Einige wollen das Land verlassen. Ein Essay als Gastbeitrag.
    • Die Abschaffung des Nationalstaats ist keine Antwort[archiviert am 11. September 2017]

Querverweise

Netzverweise

  • Ullrich Mies: "Auswandern oder Standhalten - Politisches Exil oder Widerstand?", Odysee am 6. März 2023, 104:03 Min.
    Mit einer Einleitung des Herausgebers Ullrich Mies und Beiträgen von Sophia-Maria Antonulas, Schweden; Sven Böttcher, Dänemark; Andrea Drescher, Österreich; Simone Hörrlein, Kanada; Wolfgang Jeschke, Paraguay; Frieda Kalea, Bulgarien; Remo Kirsch, Russland; Michael Krosta, Chile; Anselm Lenz, Polen; Petra Marianowski und Nikolas Gerdell, Paraguay; Ronja Palmer, Paraguay; Hermann Ploppa, Deutschland/Laos; Tom-Oliver Regenauer, Schweiz; Kayvan Soufi-Siavash alias Ken Jebsen, Skandinawien; Romy van Stigt, Spanien; Karel van Wolferen, Niederlande; Walter Weber, Deutschland; Tom Zwitser, Niederlande und Grafiken von Rolf Geissler, Deutschland.
    Maximal irritiert vom Treiben der westlichen Regierungen haben hundert­tausende Menschen nach Ausrufung des Corona-Ausnahme­zustandes im März 2020 ihre europäischen Heimatländer verlassen. Sie konnten die gesellschaftlichen und ökonomischen Verwüstungen, die weitgehende Gleichschaltung der politischen Parteien­landschaft sowie die Angstmache und Hetze der Massenmedien sowie korrupter Wissenschaftler nicht länger ertragen. Sie flohen vor dem Corona-Staatsterror, dem Demokratieverfall aber auch vor dem beschämend-unterwürfigen Verhalten ihrer Mitmenschen in einer zunehmend als zerrüttet wahrgenommenen Gesellschaft.
    In diesem Sammelband werden einige Autorinnen und Autoren über ihre Motive berichten, warum sie ihre Heimatländer - zumeist Deutschland - verlassen haben. Andere verbleiben trotz der für sie schwer erträglichen Zustände im eigenen Land. Sie wollen weiter aktiv sein gegen politische Unterdrückung und die planvolle Zerstörung Europas durch die USA und ihre europäischen Vasallen-Regierungen. Sie wenden sich gegen den aufziehenden westlichen Totalitarismus, des "Great Reset" der World-Economic-Forum-Ideologen und der Transhumanisten unter Klaus Schwab.
    In seiner Einleitung rechnet der Herausgeber Ullrich Mies mit den aktuellen Zuständen ab und stellt die jüngsten politischen Entwicklungen und das politische Exil Hundert­tausender Menschen in einen direkten Zusammenhang. Für die, die geblieben sind, ist klar: Freiheit haben die Herrschenden nie freiwillig gewährt, sie musste immer und immer wieder neu errungen werden.
    Nochmals der Hinweis:
    Der Philosophische Salon selbst vertritt nicht die Meinung der Referenten, sondern bietet vielmehr Themen an und ruft zur Diskussion darüber auf.