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Urheberrecht

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Hauptseite » Staat » Recht » Urheberrecht

Das aktuelle Urheberrecht stammt in seinem Kern aus dem Jahre 1965 und kommt durch die Digitalisierung an seine Grenzen. Seit 1999, als mit Napster[wp] die erste Filesharing[wp]-Plattform online ging, ist das Recht in einer Krise, zu der noch immer keine Lösung gefunden wurde.

Einerseits fürchten Urheber, um ihren Verdienst betrogen zu werden. Andererseits geht eine Durchsetzung von Urheber­rechten bis zur letzten Konsequenz mit massiven Freiheits­ein­schränkungen einher. Eine regelrechte Abmahn­industrie ist entstanden, die von Privat­personen teilweise horrende Geld­forderungen eintreibt. Alles in allem sind durch die Kombination von nicht zeit­gemäßem Urheberrecht und technischem Fortschritt große Unsicherheiten auf allen Seiten entstanden.

In dem Buch Blackbox Urheberrecht stellt Daniel Brockmeier die These auf, das Urheberrecht habe einen Crash erlitten, und was uns bleibt, ist die "Blackbox Urheberrecht". Betroffene und Experten geben in dem Sammelband verschiedene Perspektiven auf die Problematik und stellen ihre eigenen Lösungs­ansätze vor. Diese gehen von der konsequenten Durch­setzung von Urheber­rechts­interessen nach dem derzeitigen Recht über eine Reform dieses Rechts bis zur kompletten Abschaffung des Urheber­rechts. Die zeitweise heftig geführte Diskussion zum Urheberrecht findet in der "Blackbox Urheberrecht" einen Sammelpunkt, der alle Seiten zu Wort kommen lässt. Am Ende steht ein profunder Überblick über die Thematik.[1]

Zitat: «Urheberrechte haben immer weniger mit Werk und Schöpfung, und immer häufiger mit Abkassier­rechten zu tun.» - Hadmut Danisch[2]
Information icon.svg Das gesamte Urheber­rechts­gesetz[wp] ist beliebig in alle Richtungen auslegbar, niemand kann sich auf das verlassen, was im Gesetzestext steht.

Wenn Urheberrechtsgesetze den Betrieb von Online-Bibliotheken illegal machen, dann wird damit die informelle und wirtschaftliche Ungleichheit gefördert.

Wortmeldungen

Zitat: «Mal so 'ne ganz blöde Frage:

Warum werden eigentlich Grundstücke im Interesse der Öffentlichkeit enteignet (beispielsweise für eine Autobahn oder olympische Spiele), Urheberrechte oder Patente jedoch nicht? Oder gab's das schon mal?»[3]

Zitat: «Die USA hat doch schonmal Patente enteignet (für die SARS[wp] oder Hühner­grippe-Dinge). Sie selbst bestehen aber darauf, dass die US-Patente für AIDS-Medikamente weltweit Gültigkeit haben, d. h. die Afrikaner dürfen nicht für den Eigenbedarf Generika[wp] herstellen.» - Manolo[4]
Zitat: «Wir haben ein Urheberrecht.

Und dieses Urheberrecht erlaubt es, veröffentlichte Texte zu zitieren. Und das ist auch gut so. Ich mache ja selbst oft davon Gebrauch.

Viele Leute übernehmen Texte aus meinem Blog. Ganz oder teilweise. Manche fragen vorher, ob sie dürfen. Andere nicht. Bei einem Zitat muss man nicht fragen, das darf man einfach so. Das ist aber dann etwas schräg, wenn es kein Zitat mehr ist, sondern einfach nur noch komplette Texte aus dem Blog auf andere Webseiten kopiert werden, ohne noch irgendwas drumherum zu schreiben. Das ist dann nämlich kein Zitat mehr.

Das Urheberrecht schützt auch davor, dass andere Texte abschreiben und sich als Autor ausgeben, man muss bei solchen Zitaten angeben, woher sie stammen. Auch das ist gut so. Das Problem hatte ich bisher aber nicht, bisher haben mich in allen mir bekannten Fällen von Text­über­nahmen die Leute zumindest als Quelle und Autor angegeben.»[5]

Zitat: «Manchmal fragt man sich, was sich die Richter dabei gedacht haben. Oder ob überhaupt. Oder ob da nicht generell Korruptions­interessen dahinterstehen.

Das OLG Frankfurt unterstellt einfach, dass das - anscheinend in diesem Einzelfall und sicherlich im Allgemeinen in vielen Fällen vorliegende - Einverständnis des Ghostwriter genügt, dass der andere sich als Autor ausgeben kann. Nur unter bestimmten Konstellationen könnte das vielleicht so ein bisschen sittenwidrig sein. Es wird aber generell als zulässig und üblich hingestellt.

Juristisch gesehen unterstellt das OLG Frankfurt, dass man die Autorenschaft durch ein Rechtsgeschäft übertragen kann. So ein vergorener Blödsinn.

Freilich kann man Urheberrechte durch Rechtsgeschäft auf einen anderen übertragen. Dazu gehören das Recht zur Veröffentlichung und die Verwertungsrechte. Die Nennung als Autor ist aber kein Urheberrecht, sondern ein Urheber­persönlich­keits­recht. Und das ist nicht übertragbar.

Der eigentliche Urheber hat nach § 13 UrhG[ext] das Recht auf Nennung als Autor und kann bestimmen, ob er als Autor genannt wird oder nicht. Auch das unterliegt dem Rechtsgeschäft. Man kann sich gegenüber jemand anderem rechts­geschäftlich verpflichten, auf die Nennung als Autor zu verzichten. Das ist beispielsweise oft bei Arbeits­verträgen der Fall, wenn man als Angestellter für den Arbeitgeber Publikationen, Webseiten, Werbe­material usw. erstellt, wo der Arbeitgeber ein Interesse hat, dass da nicht jeder Mitarbeiter als Autor drauf steht. Der Ghostwriter könnte also - wenn die Vereinbarung wirksam ist - keinen Anspruch geltend machen, doch noch als Autor genannt zu werden. Das ist durch Rechts­geschäft weg.

Was aber nicht möglich ist, ist jemand anderen durch Rechts­geschäft zum Autor bzw. Urheber zu machen. Dazu sagt § 7 UrhG[ext] kurz und knackig:

Urheber ist der Schöpfer des Werkes.

Es gibt also rechtlich nur einen einzigen Weg, Autor eines Werkes zu werden, nämlich indem man es selbst schreibt. [...]

Man muß leider feststellen, dass Korruption, Wissenschafts­kriminalität, Forschungs­betrug unter dem Einfluss der Politik aus dem licht­scheuen Schatten­bereich heraus­treten und mehr und mehr zum Normal­zustand werden. Stellt man dem die Substanz­losig­keit des Wahlkampfes und die Bedeutungs­losig­keit des Ankreuzens bei der Wahl gegenüber, zeigt sich, dass wir in der Metamorphose von der Demokratie zur Korruptions­gesellschaft mit feudal-mittel­alterlichen Macht­hierarchien begriffen sind.

Die Frage ist nun, was daraus wird.

Als Zyniker vermag ich diesem Urteil sogar etwas Positives abzugewinnen. Man kann jetzt nämlich jede Veröffentlichung eines Professors anzweifeln und unterstellen, dass die vom Ghostwriter gekauft ist, denn das ist ja nun legal. Außerdem wird die bisherige Praxis der Berufungen nur umso fragwürdiger, denn die gehen alleine nach der Länge der Veröffentlichungs­liste. Und wenn man sich die jetzt einfach einkaufen kann, hängt die Berufung nur noch mit dem Kontostand zusammen.

Das große Einkaufen von Veröffentlichungen bei Ghostwritern dürfte damit aber nun eröffnet sein.»[6]

Zitat: «Zu meiner Zeit war Pippi Langstrumpf noch in Taka-Tuka-Land. Heute heißt es, sie ist in der Südsee. Einen Agatha Christi-Krimi haben sie umbenannt, und Tom Sawyer und Huckleberry Finn umgeschrieben.

Ein Effekt, der übrigens nicht nur auf Political Correctness und Zensur beruht, sondern den es auch wegen des Urheberrechts gibt. Die Romane von Karl May werden alle paar Jahre etwas umgeschrieben, weil in deren Urform das Urheberrecht abgelaufen ist, man könnte die Original-Texte also einfach verbreiten. Daher sind die im Buchhandel erhältlichen Versionen immer Neu­bearbeitungen, damit für die das Urheberrecht wieder neu gilt. Und das verändert natürlich.

Damit haben wir ein Problem. Nämlich das der gesellschaftlichen Gedächtnis­störungen. Solche subtilen Änderungen können den Gehalt massiv verändern. Pippi Langstrumpf in der Südsee hört sich an wie eine Folge von Donald Duck oder etwas aus dem Urlaubs­katalog. Pippi Langstrumpf beim Negerkönig ist vielleicht nicht politisch korrekt, aber es hat eben dieses abgefahren-anarchische, was Pippi Langstrumpf ausmacht, und was ein glatt­gebügeltes "in der Südsee" einfach nicht hat. Und wenn der Agatha Christie-Krimi "Zehn kleine Negerlein" in "Und dann gab's keines mehr" umbenannt wird, dann ist vielleicht ein darin zu sehender rassistischer Unterton raus, aber der Sinn eben auch. Denn die Anspielung auf den Abzählreim, bei dem in jeder Runde einer weg ist, ist ein Programm für die Handlung, während "Und dann gab's keines mehr" überhaupt nichts mehr sagt und jede Spannung nimmt.

Manchmal habe ich den Eindruck, dass diese Manipulationen im Einzelfall nicht mal einem Ziel folgen, sondern allein den Zweck haben, diese Political-Correctness-Zensur-Muskulatur zu trainieren und warm zu halten und die Gesellschaft daran gewöhnt zu halten, dass es regelmäßig neue Sprechweisen gibt, die man zu befolgen hat, und alte, die man zu unterlassen hat. Neusprech eben.»[7]

Zitat: «Unter dem Schutz des Urhebergesetzes stehen nur persönliche geistige Schöpfungen. [...]

Die nötige Schöpfungstiefe (der Jurist sagt bemerkens­werter­weise übrigens Schöpfungshöhe[wp]) erreicht man nämlich im Allgemeinen nicht durch die Bedienung eines Automaten und im besonderen nicht durch schnödes Drücken auf den Auslöser. Entgegen landläufiger Meinung ist keineswegs alles geschützt, was 'ne Aldi-Knipse auf die Speicherkarte auswürgt. All die Möchtegerns und Pseudo-Schlaumeier, die gerade über Kauder herziehen, weil er als Jurist eigentlich wissen müsste, daß man Urheber­rechte nicht durch Rechts­geschäft erwirbt, müssten sich genauso an den Ohren ziehen lassen, denn durch schnödes Drücken eines Knopfes wird man ebenso wenig Urheber. Die Kritiker müssen sich daher dieselbe Unwissenheit vorwerfen lassen, über die sie bei Kauder lästern. (Die Piratenpartei eingeschlossen!)

Maßgeblich ist eben die Schöpfung. Und dazu gehört beim Foto, dass da irgendwas dran ist, was besonders ist oder mit Können zu tun hat. Das kann beispielsweise im besonderen Beherrschen der Kamera liegen, im Spiel mit Blende und Belichtungszeit, in der besonderen Wahl der Brennweite. Etwas, was nicht jeder ohne weiteres kann. Oder eine besondere Gestaltung des Bildes nach künstlerischen, journalistischen oder was auch immer welchen Maßstäben. Oder die Wahl des Kamera­stand­punktes, der Tageszeit, des Lichtes. Die Gestaltung des Bildinhaltes, was auch immer. Aber irgendwas muss da sein, woran sich eine Schöpfungshöhe festmachen lässt, irgendwas, was nicht beliebige Massenware ist.

Ohne dem Fotographen zu nahe treten zu wollen, aber da ist nichts. Da ist gar nichts von Schöpfungs­tiefe oder -höhe.

Das sieht aus wie ein 08/15-Bild, wie es von irgendeinem x-beliebigen Touristen-Aussichts­punkt fließ­band­mäßig jedes Jahr tausende Touristen machen, die mit Billigknipsen oder Fotohandys vom Aussichts­punkt (wo vermutlich noch ein Schild auf den Aussichts­punkt hinweist) alle das gleiche Bild machen. Da ist der Ausschnitt nicht gut, sondern beliebig, da ist nix mit Schärfentiefe, da ist keine Bild­gestaltung, das Ding ist flau aber übersättigt, und die Burg ersäuft im grünen Durch­einander. Kurz gesagt: Das Bild ist schlecht. Dass das Bild scharf und halbwegs richtig belichtet ist, ist - soweit ersichtlich - auch nicht Werk des Fotographen, sondern der Kamera­automatik.

Und deshalb ist es durchaus fraglich, ob dieses Bild überhaupt eine geistige Schöpfung und damit ein geschütztes Werk ist.

Wer wie ich schon ein etwas fortgeschrittenes Semester ist und die Fotographie noch aus der vor-elektronischen Zeit kennt, hat da einen anderen Zugang. Meine erste Kamera hatte gar keine Automatik, nicht mal einen Belichtungs­messer. Da musste man alles von Hand einstellen und das Licht noch mit einem externen Belichtungs­messer einmessen. Und wenn man Diafilme belichtet hatte, musste die Belichtung wirklich sitzen oder das Ergebnis war Müll. Bei Negativ­filmen konnte man beim Vergrößeren durchaus noch zwei oder drei Blendenwerte retten. Damals war das noch ein Akt gewissen Könnens und Lernens, überhaupt ein anschaubares Foto zustande­zu­bringen. Und Monitore zum sofortigen Kontrollieren hatten die auch nicht, an denen man merkt, das was nicht stimmt.

Heute bekommt man an jeder Ecke Digital­kameras, mit denen jeder Depp durch einfaches Hinhalten und Drauf­drücken Fotos macht. Die stellen Schärfe, Empfindlichkeit, Blende und Belichtungszeit automatisch ein, und manche Kameras fotographieren automatisch, wenn jemand lächelt oder jemand im Bild ist, den sie kennen. HDR und Panorama machen die auch automatisch. Und die typischen Aussichts­punkte für Touristen sind heute auch ausgeschildert, mit Parkplatz und behinderten­freundlichem Zugang.

Da hinzugehen und auf einen Knopf zu drücken ist aber keine geistige Schöpfung.

Ein wichtiges Merkmal für das Fehlen dieser Schöpfungshöhe ist, dass da jede Menge Touristen das immer gleiche Foto machen, und diese Fotos sich effektiv praktisch nicht mehr unterscheiden. Dass ein großer Teil der Bevölkerung etwas ohne Probleme ohne weiteres in gleicher Qualität nachmachen kann, ist ein wichtiges Merkmal für das Fehlen der nötigen Schöpfungshöhe.

Daher würde ich durchaus mal in Frage stellen, ob dieses spezielle Bild überhaupt ein vom Urhebergesetz geschütztes geistiges Werk ist.»[8]

Zitat: «Und dann kommt ja immer wieder auch das blöde Argument, dass die Redaktion ja ein Urheberrecht an der Erscheinung der Seite hätte und man das Werk unzulässig verändern würde, wenn man die Werbung ausblendet.

Was'n Quatsch.

Denn der Redakteur sieht ja beim Schreiben und Publizieren der Webseite im Normalfall gar nicht, welche Werbung da eingeblendet werden wird, das bestimmt ja der Anzeigen­lieferant nachträglich und selbst. Wie könnte er dann ein Urheberrecht an der Gesamtseite haben, wenn er sie nicht geschaffen und nicht mal gesehen hat?

Und wie könnten Verlage ein Urheberrecht daran haben, wenn nur natürliche Personen Urheber sein können? Freilich können sie sich die Nutzungs­rechte übertragen lassen, aber dazu müsste erst mal eine natürliche Person da sein, die ein Urheberrecht an der Gesamtseite hätte. Und die müsste dann erst mal erklären, warum es überhaupt ein Werk mit Schöpfungs­tiefe sein solle, wenn ein Computer algorithmisch aussucht, welche Werbung geschaltet wird.

Alles so dämlich.

Apropos dämlich: Bevor hier der falsche Eindruck entsteht, dass da zum Internet nur dumme Frauen unterwegs sind, müssen wir natürlich zum Ausgleich auch den dummen Mann betrachten.

Heiko Maas. [...]

Maas will, dass das Internet von Hate Speech gereinigt wird, dass Firmen wie Facebook und Organisationen wie diese Amadeu-Antonio-Stiftung die Inhalte filtern, zensieren, sperren. Und gerade die Presse selbst ist ja super dabei, inhaltlich alles auszufiltern, was nicht Mainstream ist. Ursula von der Leyen und breite Teile der Politik wollten gar komplette Inhalts­filter, Sperren, "Stopp-Server". Gerichte ordnen bei uns Sperren von Webseiten an. Mobil­funk­firmen modifizieren Webseiten beim Durchleiten. Provider betreiben Deep Inspection[wp].

Kommt aber die Presse und mault, dass sie nicht genug Geld kassiert, dann werden sofort "Integritäts­schutz" und "Signalschutz" gefordert.

Und von so etwas muss man sich in diesem Land regieren lassen.»[9]

Zitat: «Erosion des Rechts

Irgendwie hält sich gar niemand mehr an irgendein Recht, außer vielleicht der alt­eingesessenen Bevölkerung, die man noch dazu erzogen hat.

Es hängt aber ganz wesentlich auch damit zusammen, dass unser Recht immer bescheuerter, immer widersprüchlicher und bekloppter wird. Was ursächlich damit zusammen­hängt, dass unser Gesetzgeber, namentlich die Abgeordneten, die darüber abstimmen, immer unfähiger werden und immer weniger Ahnung haben. [...]

Man könnte jetzt natürlich die Frage aufwerfen, wie sich unsere Bevölkerungs­veränderung darauf auswirkt, wieviele Leute überhaupt noch Gesetze gelesen haben und diese respektieren. Neulich hieß es irgendwo, dass Führer­schein­prüfungen in großem Umfang manipuliert werden, auch die theoretischen, weil die Leute Straßen­verkehrs­recht schlicht gar nicht erst verstehen. Oder sich nicht dafür interessieren. Oder meinen, dass sie darüber stehen. Es ist eine Frage der Zeit, wann man die Einhaltung der Verkehrs­regeln in die Autos fest einbaut und nicht mehr dem Fahrer überlässt.

Panoramafreiheit

Nun schrieb mich einer an und wies mich auf eine Webseite hin: Im Juraforum gibt es eine Zusammen­stellung von rechtlichen Anforderungen an die Panorama­freiheit.

Eine ordentliche Zusammenstellung, wenngleich ich so damit nicht ganz einverstanden bin, denn sie betrachtet nur die Panoramafreiheit, es gibt aber noch andere Rechte, die die Veröffentlichung einer nach sonstigem Recht verbotenen Aufnahme gestatten, denn Bilder von Personen unterliegen eben nicht alleine nur dem (ohnehin nie gesetzlich ausformulierten) Persönlichkeits­recht[wp], sondern auch dem Kunst­urheber­gesetz[ext]. Nur weil die Panorama­freiheit nicht zieht, heißt das noch lange nicht, dass man das Foto nicht machen darf, weil es eben auch andere Ausnahme­bestände gibt.

Worauf ich aber hinaus will:

Schon bisher ist es ziemlich schwierig herauszufinden, ob man nun darf oder nicht, weil Panoramafreiheit[wp], Kunst­urheber­recht, Hausrecht[wp], und dann eben noch das nur als Richter­recht[wp] bestehende und damit ziemlich undurchsichtige und schwer vorhersagbare Persönlichkeitsrecht[wp] munter durcheinander gehen.

Nun kommt aber, wie in diesem Artikel beschrieben, noch die DSGVO dazu, die dem widerspricht, und man weiß nun gar nicht mehr, was denn nun gilt.

Dazu kommen weitere Probleme. Ich frage seit etwa 10 Jahren immer wieder Juristen, das Recht welchen Landes eigentlich anzuwenden ist, wenn ich im Urlaub in Land X eine Person aus dem Land Y fotografiere und das Foto hier in D dann veröffentliche. Meistens antworten sie gar nichts, und wenn sie antworten, verteilt es sich gleichmäßig auf X und D, selten Y.

Bonusfrage: Ich stehe an der Grenze der Länder A und B und fotografiere von Land A aus eine Person in B. Gilt das Recht des Standort des Fotografen oder des Fotografierten? Da sagt jeder gerne, dass es auf den Fotografierten ankomme. Beim Panorama­recht kommt es aber auf den Standort des Fotografen an.

Dabei ist die Fragestellung gar nicht mal so abwegig. [...]

Technik

Was die Juristen wieder mal gänzlich außen vor lassen, ist der Fortschritt der Technik. Oder überhaupt der Technik. Es ist zwar klar, dass Leitern, Drohnen und so weiter nicht darunter fallen.

Aber was ist eigentlich mit einem Teleobjektiv? [...]

Zweiklassengesellschaft

Dazu kommt, dass solcherlei Luxusrecht, also alles oberhalb von Mord, Totschlag und Vergewaltigung, eigentlich nur noch gegen einen Teil der Bevölkerung überhaupt angewandt wird, eben die mit konkretem, bekanntem Namen und Wohnsitz. Die Zahl der Personen, die nicht als passiv­legitimiert[wp] eingesetzt werden können, oder gegen die das Recht nicht mehr durchsetzbar ist, steigt.

Würde Urheberrecht gegen irgendwelche islamististischen arabisch­sprachigen Foren eingesetzt, die unerlaubt Bilder aus Deutschland darstellen?

  • Würden Strafen gegen Leute durchgesetzt, die auf Hartz IV oder Asyl­leistungen gesetzt sind?
  • Wieviele linke Foren, Webseiten, Publikationen gibt es, die kein erkennbares oder rechts­konformes Impressum haben? Im Bereich des linken, "politisch korrekten" Spektrums wird die Impressums­pflicht praktisch nicht mehr durchgesetzt, finden sich zahllose Kampagnen- und Aktivisten­seiten, die rechtlich nicht auf konkrete Personen zurück­zu­führen sind, jedenfalls nicht mit für einen Urheber vertretbaren und leistbaren Aufwand.

Bei "Fridays-for-Future" stört es niemanden, dass die als Rechtsperson[wp] nicht existieren und die Polizei will mir nicht sagen, wer da Veranstalter ist. Wie könnte man da etwa Urheber­rechte gegen die durchsetzen, wenn es da eine Verletzung gäbe? Welches Gericht würde die überhaupt noch durchsetzen?

Wir haben nicht nur unklare und wider­sprüchliche Gesetze, auch die Durch­setzung ist nur noch willkürlich und nach politischer Windrichtung möglich.

Und dann wundert man sich, wenn sich immer weniger Leute an die Gesetze halten. Oder diese gar nicht erst kennen. [...]

Je komplizierter, widersprüchlicher, willkürlicher das Recht wird, [...] desto weniger hält man sich an das Recht und desto kleiner wird die Bevölkerungs­gruppe, für die es effektiv noch gilt.

Und mit der nur noch selektiven Anwendung verliert das Recht, das Gesetz, dann seine Legitimation der Allgemein­gültigkeit.

Wir sind auf dem Weg in die Gesetzlosigkeit. Man muss nur noch die Nachrichten schauen, um viele weitere Symptome zu sehen.»[10]

Das OLG München hat entschieden, daß das Urheberrecht so kompliziert und unübersichtlich ist, daß man von Eltern nicht verlangen kann, ihre Kinder darin einzuweisen.
Zitat: «In diesem Fall komme doch nur ein Hinweis auf die Urheber­rechts­lage in Betracht. "Diese ist aber nach den ständig wechselnden Änderungen des Gesetzes derart kompliziert und unübersichtlich, dass von einem nicht auf Urheber­rechts­fragen spezialisierten Mitbürger nicht erwartet werden kann, diese auch nur halbwegs richtig erläutern zu können", sagte der Vorsitzende.»[11][12]

Sauber. Und ein Tritt in den Hintern des Gesetzgebers und der Interessen­gesellschaft, denn das Urheberrecht wird ja andauernd auf Druck irgendeiner Lobby umgestrickt, geändert, verschärft und mit Ausnahmen versehen. Endlich sagt es auch mal einer.

Unsere Gesetze sind längst so kompliziert und so vielen Änderungen unterworfen, daß man sie nicht mehr kennen und einhalten kann. Und man hat ja nicht nur mit dem Urheberrecht, sondern auch mit vielen anderen Gesetzen zu tun. Die Kommentar­schreiber kommen oft kaum damit nach, ihre Bücher anzupassen. Noch schlimmer ist das Steuerrecht. Hoffentlich kommt irgendwann mal jemand zu dem Ergebnis, daß unsere Art der Gesetz­gebung schlechthin verfassungs­widrig und unzumutbar ist.

Bemerkenswert ist das auf jeden Fall. Denn gar zu oft entscheiden deutsche Richter so, daß der normaler Bürger sogar mehr wissen muß als der Jurist. Mir selbst ist es so passiert, als ich vor vielen, vielen Jahren mal Streit mit einer Bank hatte. Damals entschied ein Ober­landes­gericht zu meinen Gunsten, und der Bundesgerichtshof hob das Urteil mit der Begründung auf, daß die Richter des Ober­landes­gerichts das rechtlich nicht richtig beurteilen konnten - ich als zum fraglichen Zeitpunkt gerade mal 18-jähriger Schüler hätte die Sach- und Rechts­lage aber sofort durchblicken können müssen - also viel mehr über Recht wissen müssen, als ein OLG-Richter.

Solche Entscheidungen erinnern mich immer an einen Fall, den ich mal in dem Buch "Furchtbare Juristen"[wp] (gerade nicht zur Hand) gelesen habe, in dem es über die Rolle der Justiz im Dritten Reich[ext] ging. Die Richter des Dritten Reichs, die reihenweise Todes­urteile für Nichtigkeiten oder abweichende Meinungen verhängt hatten, sprach man reihenweise frei, weil sie innerhalb ihrer Sichtweite richtig gehandelt hätten und das Unrecht als solches nicht hätten erkennen können. Eine einfache Bauersfrau, die damals irgendwen im Sinne der damaligen Politik bei einem Gericht angezeigt hatte, verurteilte man hingegen. Ihr hielt man vor, daß sie hätte erkennen müssen, daß die Gerichte Unrechts­gerichte seien.

Ich weiß auch von einem Fall in einem Streit eines Autokäufers mit einer Bank, in dem sich die Bank einfach über geltendes Recht hinweg­gesetzt hatte. An sich hätte er Recht bekommen müssen, das Gericht entschied aber zugunsten der Bank und erklärte dazu, daß das Verbraucher­kredit­gesetz einfach keine Anwendung fände. Es war den Richtern zu kompliziert, sie haben es nicht verstanden, und deshalb einfach nicht angewandt. Sie meinten aber, daß der Autokäufer (Nichtjurist) habe genau erkennen müssen, wie der Vertrag rechtlich zu beurteilen sei.

Solche Urteile wie jetzt das des OLG München, das offen eingesteht, daß der Laie Gesetze weniger verstehen kann als der Jurist, sind leider keine Selbst­verständlichkeit.

– Hadmut Danisch[13]
Wenn das Thema einmal losgeht, dann geht’s gleich rund.

Daß das Urheberrecht (und mit ihm so mancher Jurist) noch nicht in der Digitalzeit angekommen ist, zeigt nicht nur die Diskussion um Fotografie, sondern auch der Streit um Kopien von Lehrbüchern, der gerade absurde Blüten treibt, siehe:

Das Problem ist meines Erachtens das gleiche, wie bei den Lichtbildern: Juristen bekommen den Fortschritt der Technik nicht mit, und wenden holzschnitt­artige Rechtssätze, die auf anderer Technik beruhen, aber ihres Sinns und Zusammenhangs entleert wurden, fehlerhaft auf neue Technik an.

Hier geht es dabei auch um die Vervielfältigung. Ursprünglich ging's dabei darum, ob man mehrere Exemplare herstellt, um die unters Volk zu bringen. Inzwischen verheddern die sich in Auslegungen der Frage, ob das Laden von Software in den Haupt­speicher eine solche Vervielfältigung ist.

Bestätigt wieder mal meine Auffassung, daß man Themen, die Technik betreffen, auf keinen Fall den Juristen alleine überlassen kann, weil deren über Jahrzehnte eingeübte (spezifische deutsche) Methodik der Abstraktion vom Einzelfall über die Verdichtung auf Recht­ssätze und Bauern­regeln hier einfach immer wieder nur zu Bockmist führt.

Das Problem ist gar nicht mal das Urheberrecht.

Das Problem ist die von den Juristen stur gelehrte und verteidigte Methodik, die von einer Abstrahierbarkeit und Gleich­förmigkeit der Welt ausgeht, die aber in der synthetischen und nicht mehr an natürliche Erfahrungen gebundenen digitalen Welt nicht mehr funktioniert. Die juristische Denkweise schlechthin versagt hier.

– Hadmut Danisch[16]
[In den] Urheberrechtshinweisen [verschiedener] Agenturen [steht der] übliche Unsinn.

Viele gehen da von (alten) amerikanischen Verhältnissen und deren Copyright[wp] aus, bei dem es darauf ankam, auf einen Text explizit ein Copyright zu beanspruchen. Zudem liegt nach amerikanischem Recht das Urheberrecht beim Verwerter, während es nach deutschem Recht zunächst beim Autor, also einer natürlichen Person liegt und als Urheber­persönlichkeits­recht auch dort bleibt, nur als Nutzungsrecht[wp] abgespalten wird.

Zitat: «Alle Inhalte (Text- und Bild­material) werden Internet­nutzern ausschließlich zum privaten, eigenen Gebrauch zur Verfügung gestellt, jede darüber hinaus­gehende Nutzung ist unzulässig.»[17]

Solche Formulierungen sind eben, wie schon dargestellt, falsch, es gibt etwa das Zitatrecht des § 51 UrhG[ext].

Da wird systematisch eine falsche Rechtslage verbreitet und suggeriert.

Zitat: «dpa-Nachrichten / dpa-Bilder - dpa-Nachrichten und dpa-Bilder dürfen ohne vorherige ausdrückliche Erlaubnis von dpa weder veröffentlicht, umgeschrieben oder weiter­verbreitet werden, sei dies zu gewerblichen oder privaten Zwecken.»[17]

und ähnliche Formulierungen anderer Agenturen mehr.

Etwas abweichend auch

Zitat: «AFP Agence France-Presse GmbH - Die mit dem Kürzel "AFP" gekenn­zeichneten Inhalte dieser Seiten sind urheber­rechtlich geschützt. Die Nachrichten sind nur für die persönliche Information bestimmt. Jede weiter­gehende Verwendung, insbesondere die Speicherung in Datenbanken, Veröffentlichung, Vervielfältigung und jede Form der gewerblichen Nutzung sowie die Weitergabe an Dritte - auch in Teilen oder in über­arbeiteter Form - ohne Zustimmung der AFP GmbH ist untersagt.»[17]

Das stimmt so auch nicht. Denn solche Inhalte sind nur dann urheber­rechtlich geschützt, wenn sie erstens ein Werk sind, und das sind sie nicht alle, und wenn sie zweitens nicht unter irgendeine Ausnahme fallen.

Insbesondere ist auch nicht jedes Foto urheber­rechtlich geschützt. Gerade da gibt es enorme Diskussionen. Früher war das zwar mal so, weil es mal eine echte Kunst war und einiges Können voraussetzte, überhaupt ein brauchbares Foto zu erzeugen, das ist aber im Zeitalter der Digital­kameras nicht mehr so. Fotografisches Können liegt vielen Bildern nicht mehr zugrunde.

Inhaltliche Gestaltung ist gerade in der Bericht­erstattung auch oft nicht da, denn deren Wesen ist ja gerade, dass der Fotograf das Bild nicht gestaltet, sondern fotografiert, was schon da ist. Einfach nur hinhalten und drauf­drücken ist heute kein Akt mehr, der Urheberrechte begründet.

Urheberrechte haben immer weniger mit Werk und Schöpfung, und immer häufiger mit Abkassier­rechten zu tun.

– Hadmut Danisch[2]
Der Schutz bei Lichtbildwerken im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 5 UrhG endet 70 Jahre nach dem Tod des Fotografen. Bei Lichtbildern endet dieser Schutz 50 Jahre nach der ersten Veröffentlichung bzw. Herstellung des Fotos. [...]

Was aber ist, wenn die Urheberrechte noch nicht erloschen sind, es aber keinen Erben gibt? Also das Recht noch existierte, es aber keinen Inhaber mehr hat? Zwar kann der Staat erben, aber auch nur, wenn er davon weiß. Welches Bundesland hätte das dann geerbt? Wo wohnte und starb der Fotograf?

Heißt im Klartext: Man ist als Blogger, Webautor usw. enorm verpflichtet, Urheberrechte total zu prüfen und zu beachten, obwohl man das praktisch gar nicht durch­führen kann, weil man überhaupt nicht wissen kann, wie die Rechte sind, also weitgehende Rechts­unsicherheit besteht. Bei 120 Jahre alten Fotos kann man es dann vielleicht mal wagen, die Vermutung einzugehen, dass der Fotograf hinreichend lange tot ist. So sieht das im deutschen Recht heute aus: Nichts genaues weiß man nicht, aber immer feste draufhauen, wenn es schief geht.

– Hadmut Danisch[18]

Literatur

  • Daniel Brockmeier: Blackbox Urheberrecht, JMB Verlag 2013, ISBN 3-944342-21-6

Einzelnachweise

  1. Privatsache - Projekt Blackbox: Das Buch: Blackbox Urheberrecht
  2. 2,0 2,1 Hadmut Danisch: Die Presse und das (falsche) Urheberrecht, Ansichten eines Informatikers am 25. Februar 2017
  3. Hadmut Danisch: Grundstücke, Urheberrechte, Patente, Ansichten eines Informatikers am 28. März 2012
  4. Manolo am 28. März 2012
  5. Hadmut Danisch: Nein, ich habe an diesem Buch nicht mitgewirkt, Ansichten eines Informatikers am 15. Februar 2016
  6. Hadmut Danisch: OLG Frankfurt "legalisiert" wissenschaftlichen Betrug durch falsche Autorenangaben, Ansichten eines Informatikers am 17. September 2009
  7. Hadmut Danisch: Digitale Gefahr: Sozio-Zensur, Ansichten eines Informatikers am 25. Februar 2012
  8. Hadmut Danisch: Die Causa Kauder: Warum die Spötter und Schimpfer zu voreilig sind..., Ansichten eines Informatikers am 1. Oktober 2011
  9. Hadmut Danisch: Merkel und das Internet, Ansichten eines Informatikers am 18. Juni 2016
  10. Hadmut Danisch: Panoramafreiheit als Symptom überforderter Gesetzgebung, Ansichten eines Informatikers am 11. August 2019
  11. Ekkehard Müller-Jentsch: Eltern müssen ihre Kinder am PC nicht überwachen20090102010302[ext], Süddeutsche Zeitung am 24. Dezember 2008; archiviert am 2. Januar 2009 (Anreißer: Oberlandesgericht weist Klage einer Journalistin ab - 16-Jährige hat aber Urheberrecht verletzt und soll zahlen.) (Az.: 6 U 3881/08)
  12. Jens Ihlenfeld: OLG München: Urheberrecht "kompliziert und unübersichtlich", Golem am 29. Dezember 2008 (Anreißer: Im Verfahren um die Urheber­rechts­verletzungen einer 16-Jährigen hat das Ober­landes­gericht München den Schuldspruch gegen die Eltern der Schülerin aufgehoben. Das Gericht führt zur Begründung unter anderem die Komplexität des Urheberrechts an.)
  13. Hadmut Danisch: OLG München: Urheberrecht "kompliziert und unübersichtlich", Ansichten eines Informatikers am 30. Dezember 2008
  14. 14,0 14,1 Diese Urteilsbegründung ist m.E. falsch und auch gänzlich praxisfern, weil sie weder vom Wortlaut noch von der ratio der Vorschrift gedeckt ist. Man stellt sich hier unweigerlich auch die Frage, welche Form der Nutzung denn der analogen Nutzung entsprechen würde. Die PDF-Datei ist eine derjenigen Umsetzungen, die einer analogen Kopie noch am ehesten entsprechen. Dass man Dateien grundsätzlich speichern kann, liegt in der Natur der Sache.
  15. Zurück zu Gutenberg: Die analoge Welt soll das Vorbild sein - nur ja keine "einfachere und qualitativ höherwertige" Nutzung
  16. Hadmut Danisch: Professor kontra Urheberrecht, Ansichten eines Informatikers am 7. Oktober 2011
  17. 17,0 17,1 17,2 Epoch Times: Impressum, 5. September 2014; aktualisiert: 4. Dezember 2018
  18. Hadmut Danisch: Deutschland in der Postkartenidylle, Ansichten eines Informatikers am 8. April 2017

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