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Neusprech

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Neusprech (engl. Newspeak, dt. auch Neusprache) bezeichnet die von einem totalitären Regime vorgeschriebene, künstlich veränderte Sprache. Das Ziel dieser Sprachpolitik ist es, die Anzahl und das Bedeutungs­spektrum der Wörter zu verringern, um die Kommunikation der Bevölkerung in enge, kontrollierte Bahnen zu lenken. Damit sollen so genannte Gedankenverbrechen unmöglich werden. Das Neusprech unserer Tage heißt Political Correctness oder Femisprech.

Neusprech ist ein Begriff aus dem Roman "1984" von George Orwell[anm 1], in dem die Dystopie eines totalitären Überwachungs- und Präventions­staates im Jahre 1984 dargestellt wird. Protagonist der Handlung ist Winston Smith, ein einfaches Mitglied der Partei, das sich den widrigen Umständen zum Trotz seine Privatsphäre[anm 2] sichern will. Dadurch gerät er in Konflikt mit dem System, das ihn einer Gehirnwäsche unterzieht. Der Roman "1984" erinnert an die stalinistischen Säuberungen Mitte des 20. Jahrhunderts und zeigt, wie wichtig Sprache als Grundlage des Denkens ist: Worte symbolisieren Begriffe und ihre Bedeutungs­welten.

Eckpunkte der Ideologie

Ein elementares Konzept der Partei zur Kontrolle der Gedanken ist die Kontrolle der Vergangenheit. Deshalb wird im Ministerium für Wahrheit[anm 3] ein gigantischer Aufwand betrieben, alle existierenden Dokumente der gegen­wärtigen Parteilinie anzupassen. Von der "Partei" oder dem "Großen Bruder" geäußerte Voraussagen, beispielsweise zur Güter­produktion oder dem Kriegs­verlauf, werden an die tatsächlich ein­getretenen Fakten angepasst, damit "die Partei immer recht hat". Niemand soll in der Lage sein, aufgrund von historischen Dokumenten Aussagen der Partei zu widerlegen.

In Orwells Welt führen die drei Supermächte nur noch begrenzte Kriege an der Peripherie. Es genügt ihnen, um die Bevölkerung dazu zu bewegen, sich mit Armut und Mangel infolge des "Kriegszustandes" zufrieden­zugeben. Um zu unterstreichen, dass die Bevölkerung sich mit dem Zustand zufrieden­geben kann (und muss), verbreitet die Partei den Slogan "Krieg ist Frieden", wobei Frieden der stets erwünschte und zu erreichende Zustand ist, der regelmäßig in der "Bericht­erstattung" in "greifbare Nähe rückt". Allerdings vermuten die Protagonisten im Zuge des Romans irgendwann, dass möglicherweise die Regierung selbst Bomben abwirft, um die Gegenwärtigkeit des Kriegs aufrecht­zu­erhalten.

Zwiedenken (in neueren deutschen Ausgaben: Doppeldenk) ist eine zentrale These des Romans. Wenn die Partei sagt, 2 + 2 = 5, dann ist es so. Es genügt auch nicht, es nur zu sagen und dabei zu lügen, sondern man muss es wirklich glauben. Die Partei kontrolliert die Gedanken, wenn die Partei sagt 2 + 2 = 5, dann glauben es die Menschen, und wenn die Menschen es glauben, dann ist es so. Andererseits wird von O'Brien gegenüber Winston eingeräumt, dass es für wissen­schaftliche Zwecke u. ä. manchmal schon erforderlich sei, zu wissen, dass 2 + 2 = 4 ist. Hier setzt dann das eigentliche Zwiedenken ("Doublethink") ein, da vom linientreuen Partei­mitglied verlangt wird, zwischen "zwei Wahrheiten hin- und her­zuschalten" (in einem Moment 2 + 2 = 5, im nächsten 2 + 2 = 4), ohne sich dessen bewusst zu sein. Eine objektive Wahrheit außerhalb der Partei gibt es nicht.

Etwaige Ähnlichkeiten mit feministischer Logik und Wahrheit wären rein zufällig.

Die Hasswoche ist eine Propaganda­veranstaltung, die dem Hass auf politische und militärische Gegner gewidmet ist. Die kleine Schwester der Hasswoche ist der tägliche Zwei-Minuten-Hass, an dem jeder teilnehmen muss. Gegen seinen Willen kann sich auch Winston gegen die dort erzeugten Hassgefühle nicht wehren.

Kritische Gedanken, so genannte Gedankenverbrechen[anm 4], die die Doktrin des fiktiven Staates Ozeanien in Frage stellen, werden als Staats­verbrechen behandelt. Das erklärte Ziel der herrschenden totalitären Partei ist, durch die Einführung einer neuen Sprache (Neusprech genannt), durch ständige Verfälschung der Geschichte und durch totale Kontrolle und Bedrohung den Bürgern die Möglichkeiten zu entziehen, Gedanken­verbrechen zu begehen. Beispielsweise liegt Ozeanien abwechselnd mit Eurasien oder aber mit Ostasien im Krieg, während es mit dem jeweils anderen in Frieden lebt. Wenn Ozeanien mit einem Staat Krieg führt, dann führte es schon immer mit diesem Staat Krieg und wird auch in Zukunft immer mit diesem Staat Krieg führen, während man mit dem anderen Staat immer in Frieden lebte und auch in Zukunft immer in Frieden leben wird. Wer das nicht anerkennt, begeht ein Gedanken­verbrechen. Es gilt auch als Verbrechen, nicht den je nach Anlass geforderten freudigen, ernsten oder auch hasserfüllten Gesichts­ausdruck zu tragen.

Neusprech

Der Ausdruck Neusprech (englisch: Newspeak, in älteren Versionen als Neusprache übersetzt) bezeichnet eine Sprache, die aus politischen Gründen künstlich modifiziert wurde. Neusprech ist die eingeführte Amtssprache. Neusprech ist in drei Teile gegliedert. Teil A umfasst die Alltags­sprache, die von jeder politischen und ideologischen Bedeutung frei sein sollte. Teil B stellt das unabdingbare Minimum des ideologischen und politischen Wortschatzes dar. Teil C ist mit Abstand der umfangreichste und beinhaltet die technischen und wissenschaftlichen Fachausdrücke.

Sie soll nach und nach die Alltagssprache (Altsprech) verdrängen und dient dazu, den Wortschatz zu reduzieren und so abgestuftes und schattiertes Denken zu unterbinden. Das zeigt der Satz "Altdenker unintusfühl Engsoz" im Kommentar der Parteizeitung in Neusprech. Die bestmögliche Übersetzung in Altsprech lautet: "Derjenige, dessen Weltanschauung sich vor der Revolution geformt hat, kann die Prinzipien des Englischen Sozialismus (EngSoz) niemals in seiner letzten Tiefe erfühlen und verstehen." Dies wäre aber nur eine unzureichende Übersetzung.

Gab es in Altsprech für jedes Adjektiv noch ein entsprechendes Gegenteil, so wird in Neusprech jedes Gegenteil durch ein vorgestelltes "un" gebildet. So lautet zum Beispiel wie in Esperanto das Gegenteil von gut ungut und von warm unwarm. Steigerungs­formen wie besser, am besten und so weiter werden durch plusgut beziehungsweise doppelplusgut ersetzt. Außerdem werden fast alle Unregel­mäßigkeiten an die Regeln angeglichen. Längere Bezeichnungen wie "Ministerium für Wahrheit" werden einfach zu Miniwahr verkürzt. Dahinter verblasst auch die ursprüngliche Bedeutung der Worte.

Ein weiteres Mittel sind Euphemismen (Beschönigungen). Die Haft- und Folter­lager des Systems heißen Lustlager. Das dahinter­stehende Ministerium ist das Ministerium für Liebe. Die politischen Gefangenen sind Gedanken­verbrecher. In Parolen der Partei, wie zum Beispiel Krieg ist Frieden, Freiheit ist Sklaverei und Unwissenheit ist Stärke, werden den Wörtern einfach neue Bedeutungen zugewiesen, damit sie nicht gegen die Partei verwendet werden können. Auch haben Wörter je nach Bezug(sperson) andere Bedeutungen, so kann "schwarzweiß", ob benutzt für Partei­mitglieder oder -feinde, besondere Parteitreue oder aber Landesverrat bedeuten. Damit unterbindet die Partei von Anfang an, dass ein alternatives System gedacht werden kann. Als Beispiel beschrieb Orwell Kritik am großen Bruder in Neusprech "Der große Bruder ist ungut." Weiter differenzieren oder begründen kann der Sprecher den Sachverhalt nicht. Für ein orthodoxes Parteimitglied ist solches Verbrechendenk oder Deldenk nur ein grober Fluch und für die Partei ungefährlich.

Diese Art Tarnsprache wird im Englischen als Doublespeak bezeichnet. Ein Beispiel für sprachliche Umdeutung auf höchster Stufe ist die ins Gegenteil verkehrte Tarnbezeichnung Wahrheits­ministerium für eine Einrichtung, deren Aufgabe es ist, in den geschichtlichen Aufzeichnungen eine permanente Änderung von Fakten und vergangenen Ereignissen vorzunehmen und diese den aktuellen Gegebenheiten und Anforderungen anzupassen.

Neuplussprech

UN, EU und nationale Gesetzgeber schaffen ein Neusprech, welches die Begriffe Eltern, Mutter und Vater nicht mehr kennt.[1]

  • Abschaffung in Großbritannien[2][3]
  • Abschaffung in den USA[4][5]
  • Abschaffung in der Schweiz[6][7]


So um 1970 wurde beispielsweise schnörkellos gesagt:

"Ausländer sollen sich anpassen."

Dann wurden vom "Ministerium für Wahrheit" die Wörter "Ausländer" und "Anpassung" aus dem politisch-korrekten Wörterbuch gestrichen und dafür die Begriffe Migrationshintergrund und Integration aufgenommen. Der Satz lautete fortan so:

"Menschen mit Migrationshintergrund sollen sich integrieren."

Dabei bleibt es aber nicht. Die hessische Landtags­ab­geordneten der Grünen, Mürvet Öztürk[wp], wies darauf hin, dass Begriffe wie "Migrations­hinter­grund" oder "Integrations­prozess" kultur­unsensibel seien. Bei einer Rede auf der "Statt-Integrations­konferenz" des Deutsch-Türkischen Jugendwerks im Januar 2011 forderte sie die Abschaffung der Begriffe "Integration" oder "Migrations­hinter­grund", weil diese Termini "diskriminierend und rassistisch" seien. Sie schlug vor, das Wort "Integration" durch Begriffe wie Vielfalt, gesellschaftliche Teilhabe, Pluralität oder Demokratie zu ersetzen.[8][9] Das "Ministerium für Wahrheit" wird nun wohl verordnen, dass die kultur- und gender­sensibel korrekte Version so zu lauten hat:

"Die vielfältigen Pluralist_innen sollen gesellschaftlich teilhaben." [9]


In ähnlicher Weise wird versucht, die Begriffe "Ausländer", "Fremder", "illegale Einwanderer" und Invasor aus dem Sprach­gebrauch zu verbannen:

Wieder eine geniale juristische Lösung.

Die Junge Freiheit berichtet:

Zitat: «Die Stadt New York hat als Teil ihres Kampfes gegen "Hate Speech" die Benutzung des Ausdrucks "illegale Einwanderer" unter Strafe gestellt. Wer dieses Wort "motiviert von Haß" ausspreche oder einem illegalen Einwanderer mit den Behörden drohe, muß in der Millionen­metropole künftig bis zu 250.000 Dollar Strafe zahlen, berichtet die New York Post mit Verweis auf ein Dokument der Stadt­verwaltung.

Für die Verantwortlichen der Stadt ist aber bereits das Wort "Ausländer" problematisch. Der Begriff sei "negativ besetzt und entmenschlicht Einwanderer", heißt es. "Die Benutzung einer bestimmten Sprache, zu der die Wörter 'Illegale' und 'illegale Einwanderer' gehören, verbunden mit der Absicht, jemanden zu erniedrigen oder zu verletzen, stellt eine Diskriminierung dar."»[10]

Kommt einem komisch vor, findet man aber auch in der New Yorker Presse so. Wobei, nicht ganz. Etwas falsch übersetzt ist es schon, weil sie das nicht auf Immigrants, sondern auf Alien beziehen:

Zitat: «It's now against the law in New York City to threaten someone with a call to immigration authorities or refer to them as an "illegal alien" when motivated by hate.

The restrictions - violations of which are punishable by fines of up to $250,000 per offense - are outlined in a 29-page directive released by City Hall's Commission on Human Rights.»[11]

Was machen die eigentlich, wenn da wirklich mal fiese Außerirdische landen wie in Mars Attacks[wp]?

Wobei Alien ja erst durch Sigourney Weaver[wp] und ähnliche Filme zum Synonym für fiese Typen von Alpha Centauri[wp] geprägt wurde, eigentlich heißt das nur Fremde.

Zitat: «"'Alien' - used in many laws to refer to a 'noncitizen' person - is a term that may carry negative connotations and dehumanize immigrants, marking them as 'other,'" reads one passage of the memo. "The use of certain language, including 'illegal alien' and 'illegals,' with the intent to demean, humiliate, or offend a person or persons constitutes discrimination."»[11]

Ist natürlich wieder derbe politisch und zeitgeistig:

Zitat: «"In the face of increasingly hostile national rhetoric, we will do everything in our power to make sure our treasured immigrant communities are able to live with dignity and respect, free of harassment and bias," said Carmelyn Malalis, the agency's commissioner.»[11]

Wäre ich Donald Trump (und schon meine 270°-Panorama­stirn ist mein Beweis, dass ich es nicht bin), dann würde ich mit derselben Begründung ein Gesetz einbringen, dass es verbietet, jemanden "Vergewaltiger" zu nennen oder ihm mit der Polizei zu drohen.

Hadmut Danisch[12]

Englische Beispiele

Zitat: «The left is engaging in a campaign of deep linguistic manipulation:
  • "Critical race theory" becomes "racial sensitivity training"
  • "Defund the police" becomes "reimagine public safety"
  • "Violent riots" become "mostly peaceful protest"

It's Orwell all the way down.» - Christopher F. Rufo[13]

Literatur

  • Kai Biermann, Martin Haase: Sprachlügen. Unworte und Neusprech von "Atomruine" bis "zeitnah"., Fischer 2012, ISBN 3-596-19497-0[14]

Zitate

Zitat: «Und wenn alle anderen die von der Partei verbreitete Lüge glaubten - wenn alle Aufzeichnungen gleich lauteten -, dann ging die Lüge in die Geschichte ein und wurde Wahrheit. "Wer die Vergangenheit beherrscht", lautete die Parteiparole, "beherrscht die Zukunft; wer die Gegenwart beherrscht, beherrscht die Vergangenheit." Und doch hatte sich die Vergangenheit, so wandelbar sie von Natur aus sein mochte, nie gewandelt. Das gegenwärtig Wahre blieb wahr bis in alle Ewigkeit. Es war ganz einfach. Es war nichts weiter nötig als eine nicht abreißende Kette von Siegen über das eigene Gedächtnis. Wirklichkeits­kontrolle nannten sie es; in der Neusprache hieß es Zwiedenken - George Orwell, 1984[15]
Zitat: «Solange wir nicht wissen, worin die Probleme bestehen, solange wir keine Analyse haben, macht es überhaupt keinen Sinn, sie durch die Einführung einer neuen Sprache beseitigen zu wollen.» - HERINGER 1988, 27
Zitat: «Das ist das Geniale an der Volksverdummung. Man braucht keine Sprachpolizei mit Blockwart­mentalität, um korrektes Neusprech durchzusetzen, die Leute überwachen sich selbst und brandmarken jeden Abweichler.»[16]
Zitat: «In seinem brillanten Essay "Versuch, in der Wahrheit zu leben" empfahl der tschechische Dissident Václav Havel[wp], die staatliche Allmacht durch Alternativen "unabhängigen Lebens" zu untergraben. Das erwies sich als erfolgreiches Modell. [...] Voraussetzung dafür war, den "falschen und sinnlosen Sprach­gebrauch" der Herrschenden aufzugeben und "in der Wahrheit zu leben".
An dieser Stelle wird nebenbei die Frage beantwortet, was man heute tun kann, um die immer mehr um sich greifenden Sprach­barrieren zu schleifen, die verhindern sollen, dass die Realität wahrheitsgetreu abgebildet wird.
Der political correctness und ihren Auswüchsen kann man am besten begegnen, indem man sich ihrem Diktum nicht beugt, sondern auf einer Sprache, die "in der Wahrheit lebt" besteht. Nur so kann verhindert werden, dass das Konzept der Wahrheit durch die Macht ersetzt wird.
Indem Anne Applebaum darlegt, wie durch die Überwindung der Kluft zwischen Propaganda und Realität der Kommunismus besiegt wurde, hat sie eine hochaktuelle Anleitung zum Handeln verfasst.» - Vera Lengsfeld[17]
Zitat: «Die Durchdringung des öffentlichen Sprach­raumes mit so genannten korrekten Begriffen verursacht nämlich heute das Gegenteil von dem, was die Urheber der PC einst im Sinn hatten: Das Ressentiment[wp] sollte besiegt werden, indem man die Sprache mit der Einführung neuer Begriffe zum vermeintlich Positiven verändert.

[...] George Orwell sagte zu solchen sprach­polizeilichen Versuchen: Neusprech wird entwickelt, um die Vielfalt der Gedanken zu verhindern.

Wenn im politisch korrekten Neusprech offene Debatten und Kritik aufgrund eines künstlich erzeugten medialen und politischen Klimas nicht mehr möglich sind und sich die veröffentlichte Meinung in einer all­gegen­wärtigen Schön­rednerei[wp] erschöpft, beginnt es unter dieser semantischen Zierdecke bald zu gären.» - Marcus Franz[wp][18]

Zitat: «Wir sind nicht nur im Roman 1984. Wir sind bereits in Zimmer 101. Uns wird beigebracht, fünf Finger zu sehen, wo nur vier sind. Uns wird beigebracht, keine einzige Eigenschaft mehr zur Kenntnis zu nehmen, zu erwähnen, zu beachten, zu sehen. Doppeldenk: Wir dürfen keine einzige Farbe mehr sehen, keine mehr denken, es ist alles grau, alles gleich, kein erlaubter Unterschied mehr. Und gleichzeitig sollen wir darüber jubeln, dass es so bunt ist, und bunt für das Ideal halten.

Weil das Ministerium für Wahrheit es sagt.» - Hadmut Danisch[19]

Kritik

In einem irrte George Orwell:

"Der Große Bruder ist in Wirklichkeit eine Große Schwester."

Aktuelle Beispiele

Die Präsidentin des österreichischen Nationalrats, Barbara Prammer[wp], hat in einem Interview der Wiener "Presse" für die Ablehnung eines Vorschlags aus den Reihen der ÖVP, der vorsieht, den Bürger über die Verwendung eines Teils seiner Steuer­leistungen selbst bestimmen zu lassen, die folgenden, bemerkens­werten Worte gefunden: "Die Freiheit einer demokratischen Gesellschaft ist eine gewisse Unfreiheit." Und sie fährt fort: "Diese gilt für das Individuum, um die Freiheit im Kollektiv zu ermöglichen." Seit Orwells Roman "1984" wurde Doppeldenk nicht in reinerer Form praktiziert. Wir erinnern uns: Wahrheit ist Lüge, Krieg ist Frieden, und so weiter.
Man darf der wackeren Frau dafür dankbar sein, dass sie so offen ausspricht, was den meisten Mitbürgern, die leider keinen Gedanken an eine kritische Aus­einander­setzung mit dem Wesen der modernen Massen­demokratie verschwenden, völlig entgeht: "Alle Lebensbereiche mit Demokratie durchfluten" (Bruno Kreisky[wp]) oder "Mehr Demokratie wagen" (Willy Brandt) führt am Ende zur totalen Unfreiheit des Einzelnen. Dieser hat, ist erst einmal die totale Demokratie ausgebrochen, gar nichts mehr selbst zu entscheiden. Stattdessen bestimmt das Kollektiv für ihn! Nicht nur, wann, wo, was und wie er arbeitet, sondern auch über Größe, Lage und Beschaffenheit seiner Unterkunft, Menge und Qualität seiner Nahrung und Frequenz des Unter­wäsche­wechsels.[20]

Neusprech heute

Zitat: «In George Orwells "1984" war "Neusprech" eines der zentralen Werkzeuge, um die Massen zu kontrollieren. Eine quasi Sprachreform auf ganzer Linie. Die Sprache wurde stark vereinfacht, Worte wurden "ausgemerzt" und assoziative Bedeutungen der Worte sollten verschwinden. So sollte beispielsweise aus den Wörtern "gut, besser, genial", "gut, plusgut, doppelplusgut" gemacht werden. Jede andere Bedeutung, welches ein Wort haben konnte, sollte verschwinden. Worte wie "Demokratie, Moral, Freiheit und Gerechtigkeit" gab es in "1984" nicht mehr. Sie wurden in dem Begriff "Undenk" zusammen­gefasst. Zudem wurden Worte in ihr Gegenteil verkehrt, beispielsweise "Lustlager" für Arbeitslager oder "Friedens­ministerium" für Kriegs­ministerium. Wobei die Wörter Arbeitslager und Kriegs­ministerium aus der Sprache verschwanden, sodass es für die Menschen wirklich ein "Lustlager" war, da es kein Wort und somit kein Gedanke für das Gegenteil gab. Wichtiges Mittel in Neusprech war außerdem die Anwendung des "Zwiedenkens". Tatsachen oder Fakten, die eigentlich widersprüchlich sind und nicht nebeneinander existieren konnten ("Krieg ist Frieden"), wurden unkritisch als gegeben hingenommen. Dadurch entzog man der Sprache das Werkzeug, ein kritisches Bewusstsein oder einen nachdenklichen Gedanken zu entwickeln.

Die Sprache sollte nach den ideologischen Bedürfnissen, der machthabenden Partei (der "Engsoz") angepasst werden. Nach der völlig abgeschlossenen Reform des "Neusprechs" sollte es niemanden in "Ozeanien" mehr möglich sein, anders zu denken, als die Partei es wünschte. Da die Sprache und somit die Gedanken keine Worte mehr gefunden hätten, die es hätten ausdrücken können.

Mit Worten kann man bedrohen, emotionalisieren, verharmlosen und beschönigen, sie als Machtmittel einsetzen, Kompliziertes vereinfachen sowie Stimmung machen. Ob in Wirtschaft, Militär, Politik, Medien oder im Alltag, Wörter fungieren als Wegbereiter, um im Vorfeld eine bestimmte Sicht der Dinge zu vermitteln. Die Sprache ist fast immer die Sprache der Mächtigen. In Deutschland ist durch zunehmende Bürokratisierung, Verrechtlichung und Ökonomisierung vieler Lebensbereiche eine Tendenz zur Inhumanität der Sprache zu beobachten. Die Verhältnisse von Mensch und Natur werden zur toten Materie und auf eine reine Funktion reduziert. Der Rasen neben einer Straße wird beispielsweise nur noch als "Straßen­begleitgrün" bezeichnet. Der Mensch selbst kommt bei dem Prozess der Bürokratisierung in der Sprache kaum noch vor. Die verbale Verletzung der Menschenwürde ist immer schwieriger zu erkennen, da die Sprach­manipulationen immer subtiler werden.»[21]

Anmerkungen

  1. George Orwell: "1984", erschienen Juni 1949 PDF
  2. Ganz nach dem Slogan der 1968er: "Das Private ist politisch."
  3. Ministerium für Wahrheit = Propagandaministerium
  4. Gedankenverbrechen = Verstoß gegen die Political correctness

Einzelnachweise

  1. Bürokratie: Europarat will "Mutter" und "Vater" abschaffen, Die Welt am 2. September 2010
  2. WGvdL-Forum (Archiv 2): Mutter und Vater werden abgeschafft, sonnenlilie am 15. Oktober 2011 - 19:46 Uhr
  3. Mutter und Vater werden abgeschafft, Alles Schall und Rauch am 14. Oktober 2011
  4. Parent One, Parent Two, AchGut-Blog am 9. Januar 2011
  5. Gender Mainstreaming: USA schaffen Vater und Mutter ab, DeutschlandWoche am 9. Januar 2011
  6. Mutter wird amtlich durch "das Elter" ersetzt, Medrum am 4. Juni 2010
  7. Schweiz: Abschaffung von Vater und Mutter, Die Freie Welt am 5. Juni 2010
  8. Grüne Öztürk fordert Abschaffung der Integration, Die Welt am 17. Januar 2011; Grüne Öztürk fordert Abschaffung der "Integration", Deutsch Türkische Nachrichten am 19. Januar 2011
  9. 9,0 9,1 Lingua Dominata, 8. Februar 2011
  10. New York stellt Bezeichung "illegale Einwanderer" unter Strafe, Junge Freiheit am 30. September 2019
  11. 11,0 11,1 11,2 Rich Calder, Julia Marsh and Aaron Feis: City bans calling someone an 'illegal alien' out of hate, New York Post am 26. September 2019
  12. Hadmut Danisch: Wie New York die illegalen Einwanderer los wurde, Ansichten eines Informatikers am 1. Oktober 2019
  13. Twitter: @realchrisrufo - 30. Sep. 2020 - 23:40 Uhr
  14. Kurzbeschreibung
    Wenn eine Regenhose zur "Schutzwaffe" wird, um friedliche Demonstranten als Bedrohung hinzustellen, der Gefahren­bereich zur "Sicherheits­zone" mutiert oder der staatlich sanktionierte Mord zur "gezielten Tötung" wird, um sie notwendig und richtig erscheinen zu lassen - dann steckt eine Absicht dahinter: Verschleiern, was das Zeug hält!
    Nirgendwo fliegen mehr Worthülsen und Unworte umher als in der Politik und bei öffentlichen Debatten. Kai Biermann und Martin Haase analysieren diese Sprache der Politiker, hinterfragen die verwendeten Begriffe, beleuchten sprachliche Hintergründe oder Wort­verdrehungen und entlarven ideologische Implikationen und Manipulationen. Denn viele Worte, die wir als selbstverständlich hinnehmen, sind bei genauerem Hinsehen nichts anderes als dreiste Sprachlügen.
    "Was jemand willentlich verbergen will, sei es vor anderen, sei es vor sich selber, auch was er unbewusst in sich trägt: Die Sprache bringt es an den Tag." - Victor Klemperer[wp]
  15. "1984", Diana Verlag, 13. Auflage, 1964, S. 112 (PDF, S. 17)
  16. WGvdL-Forum (Archiv 2): Die Herde der Lämmer überwacht sich selbst, Rainer am 29. September 2011 - 17:27 Uhr
  17. Vera Lengsfeld: Der Eiserne Vorhang, AchGut-Blog am 7. Dezember 2013
  18. (Gastkommentar vom) Marcus Franz: Gutmenschen-Neusprech, Die Presse am 17. Juni 2014 (Dr. Marcus Franz[wp] ist Abgeordneter zum Nationalrat des Teams Stronach)
  19. Hadmut Danisch: Warum Graffiti nur grau und bunt nicht bunt ist, Ansichten eines Informatikers am 29. Januar 2015
  20. Andreas Tögel: Demokratie: Freiheit ist Unfreiheit, ef-magazin am 15. Mai 2012
  21. Neusprech Heute, zeitgeistlos.de

Netzverweise

  • Wikipedia führt einen Artikel über Neusprech
Neusprech bei IT-Begriffen

Querverweise

Dieser Artikel basiert auszugsweise auf dem Artikel 1984 (Roman) (1. Juni 2011) aus der freien Enzyklopädie Wikipedia. Der Wikipedia-Artikel steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Unported (CC BY-SA 3.0). In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar, die vor Übernahme in WikiMANNia am Text mitgearbeitet haben.